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Der Sommerfeldzug 1914 gegen Rußland
GdK. Brudermann, die Front der Armee in die kürzere und zunächst
weniger gefährdete Linie Mikolaj ó w—Lemberg zurückzuziehen. Dabei
näherte sich Conrad innerlich sogar schon dem Gedanken an einen noch
weiter reichenden Rückzug bis hinter die Wereszyca1). Wenn er sich
auch die Entscheidung darüber bis zum 31. vorbehalten wollte, so galten
seine Vorsorgen doch schon der Besetzung von Aufnahmsstellungen, vor
allem der wichtigeren Übergänge über die an langen Sumpfengen reiche
Niederung. So war die Gruppe Meixner, die zunächst hinter die Cho-
dorówer Teiche zu weichen hatte, zur Sicherung von Komarno aus¬
ersehen, während alle anderen Teile der 2. Armee unter Behauptung von
Halicz durch die 40. LstlBrig., aber unter Preisgabe von Ni±niow und
Czernowitz, in den Raum östlich von Stryj zurückzunehmen waren.
Das 3.Armeekmdo. schloß den ereignisreichen 30. August mit der
Ausgabe der für den Rückzug in die Linie Mikolajów—Lemberg nötigen
Befehle ab. In den ersten zwei Septembertagen hatten sich das XII. und
das III. Korps zwischen Dornfeld und der Südfront von Lemberg, die
44. SchD. hinter den Ostwerken, die Truppen des XI. Korps hinter den
Nordostwällen der Stadt zu sammeln, indes die Gruppe Daempf bei
Kulików und 2olkiew die Nordflanke decken sollte. Zugleich erflossen
auch schon vorbereitende Weisungen für eine Fortsetzung des Rückzuges
hinter die Wereszyca.
Der 31. August brachte allerdings wieder etwas Helle in das düstere
Bild der Lage. Die Verfassung der Ostarmeen und zumal die der 3. war,
wie auch die vom AOK. an die Front entsandten Generalstabsoffiziere
durch Augenschein bestätigen konnten, doch erheblich besser, als es auf
den ersten Blick ausgesehen hatte. Das vorsichtige Nachfühlen des Feindes,
mit dem nur noch die Gruppe Daempf auf einen schwachen Tagmarsch
östlich von 2olkiew in schärferer Gefechtsfühlung stand, erleichterte den
Divisionen einen geordneten Rückzug. Das XI. Korps konnte in zufrieden¬
stellender Haltung seinen Gürtelabschnitt besetzen. Die 44. SchD. und
die beiden Heeresdivisionen des III. Korps waren fest in der Hand ihrer
Führer; ihre Nachhuten hielten sich noch in den alten Stellungen die hier
etwas lebhafteren Russen vom Leibe. Nur die 22. SchD. des Grazer Korps
litt noch etwas unter den Nachwehen der letzten Tage. Am meisten ge¬
lockert war jedoch das XII. Korps. Kleine Gruppen dieses Korps lan¬
deten im Bereiche der 2. Armee; erhebliche Teile wurden in Lemberg
gesammelt, dort neu ausgerüstet und mit Bahn in den dem Korps zu¬
gedachten Erholungsraum westlich von Lubieñ Wk. abbefördert. Eine
i) C o n r a d, IV, 586.