Volltext: Herzog Friedrichs Flucht von Constanz nach Tirol

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mit einem Jahresgehalt von 6000 Goldgulden. 8 ) Den Eifer für die 
römische Kirche musste Friedrich erst zeigen; bisher hatte derselbe vor 
nehmlich in scharfer Bekämpfung ihrer Diener — allerdings aus politischen 
Ursachen — bestanden. Die triftigen Gründe aber, welche den Papst 
bewogen, dem Herzog eine so hohe Stellung als Vogt des Kirchenstaates 
mit einem für jene Zeit ausserordentlich grossen Gehalt zu verleihen, 
blieben vorläufig verschwiegen und offenbarten sich erst später. Friedrich 
leitete persönlich die Anstalten, um den Papst in so später Jahreszeit 
über den Arlberg nach Constanz zu bringen, was zwischen 22. bis 27. 
October geschah. 9 ) Hier angekommen, hoffte Johann XXIII. sich in seiner 
Stellung entweder zu behaupten, oder wenn abgesetzt, wieder gewählt zu 
werden. Allein er täuschte sich und musste abdanken, ohne Aussicht auf 
eine Wiederwahl. In dieser Lage rief er die Hilfe seines Beschützers an. 
Der König merkte, dass der Papst viel heimliches Gespräch mit dem 
Herzog von Oesterreich habe, schickte nach diesem und sprach: „Lieber 
Oheim, uns ist zu Ohren gekommen, dass Ihr unsern heiligen Vater den 
Papst von hinnen führen wollt. Das thut nicht; will er aber einmal fort, 
so vergönnt uns die Ehre und wir wollen ihn mit Eurer Hilfe führen, 
in welches Land er wolle.“ Darauf antwortete Herzog Friedrich, er wolle 
ihn nirgends hinführen; dies wäre ihm nicht in Gedanken gekommen. — 
Dabei blieb es vorläufig. Aber bald darnach am 20. März 1415 ritt Papst 
Johann wirklich heimlich und verkleidet aus Constanz nach der österreichischen 
Stadt Schaffhausen. Unterdessen gieng gleichzeitig ein von Friedrich ver 
anstaltetes Stechen am entgegengesetzten Ende von Constanz vor sich. 
Da trat zu ihm sein Diener, Meister Konrad von Säldenrich, und raunte 
ihm in den Helm, dass der Papst hinweg wäre. Der Herzog, welcher 
eben mit dem jungen Grafen von Cilli stach, wurde verwirrt, verlor, ritt 
in die Stadt und sandte nach dem Grafen Hans von Lupfen, seinem Hof 
meister und frühem Landvogt. Dieser aber merkte von der Sache und 
wollte nicht vor ihn. Da kam Johann, Truchsäss von Diessenhofen, ge 
nannt Molle, der sah, dass der Herzog erschrocken sei und einen üblen 
Handel angefangen hätte. Er sass auf sein Pferd, setzte den Herzog 
auch auf eines und so ritten sie um den Stadtgraben dem Papst nach 
Schaffhausen nach. 10 ) Der Plan der beiden Verschworenen war kein ge 
ringerer, als das Concil zu sprengen. Friedrich wollte zu diesem Zweck 
dem ganz unwürdigen Johann XXIII. seinen Arm leihen, so dass infolge 
8 ) Clem. Br an dis, Tirol unter Friedrich von Oesterreich, Urk. Nr. 80. 
e ) J. Zösmair, Geschichte des Arlbergs von 1218—1418, XXVIII. Jahresbericht 
des vorarlb. Museum-Vereins 1890. 
10 ) Ulr. v. Richenthals Chronik des Constanzer Concils, herausgegeben von 
Rieh. Buck in der Bibliothek des literar. Vereins in Stuttgart 158, Lief. 61 f. — 
Johann Truchsäss von Diessenhofen, genannt Molle, ist der in der Sage vielgenannte 
Hans von Mülinen.
	        
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