Volltext: Österreichisch-ungarisches Rotbuch / Diplomatische Aktenstücke betreffend die Beziehungen Österreich-Ungarns zu Italien

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43. 
Graf Berchtold an Prinzen Gottfried zu Hohenlohe. 
Telegramm. Wien, am 23. August 1914. 
Meiner Sprache zu Herzog Avarna (zuletzt Konversation vom 
20. 1. M.) werden Euer Durchlaucht entnommen haben, daß ich 
fortgesetzt bemüht bin, das schlechte Gewissen Italiens zu be¬ 
ruhigen, und ersuche ich Euer Durchlaucht, dies dem Unterstaats- 
sekretär in Erinnerung zu bringen, wobei namentlich darauf hin¬ 
zuweisen wäre, daß ich Herzog Avarna am 12. 1. M. gesagt habe, 
„wir hätten uns bei dieser Sachlage mit der Neutralität Italiens 
abgefunden und seien überzeugt, daß dieselbe italienischerseits loyal 
werde eingehalten werden". 
Was den Artikel VII des Dreibundvertrages anbelangt, so habe 
ich meine erste Erklärung, welche gewissermaßen einen bedingten 
Charakter trug, dahin erläutert, daß ich dafür annehmen zu können 
geglaubt hätte, Italien werde sich der Auffassung seiner beiden 
Verbündeten bezüglich Eintrittes des casus foederis anschließen. 
Um jedem Mißverständnisse vorzubeugen, habe ich in einer spä¬ 
teren Konversation mit Herzog Avarna dem Botschafter ausdrück¬ 
lich erklärt, daß ich die Annahme der italienischen Interpretation 
des Artikels VII an keine Bedingung geknüpft, sondern nur die Er¬ 
wartung ausgesprochen habe, Italien würde den casus foederis 
als gegeben ansehen. 
Euer Durchlaucht wollen Herrn Zimmermann sagen, daß er 
sich als von uns ermächtigt ansehen kann, dem römischen Kabinette 
ausdrücklich zu wiederholen, daß das Wiener und das Berliner 
Kabinett die italienische Interpretation bezüglich des Ausdruckes 
„dans les régions des Balcans" („in den Balkangebieten") im Ar¬ 
tikel VII vorbehaltlos anerkennen, und zwar nicht allein für die 
gegenwärtige Krise, sondern für die ganze Dauer des Vertrages. 
Für den Fall, als eine solche Erklärung durch Herrn von Flotow 
und Freiherrn von Macchio übereinstimmend in Rom erfolgen sollte, 
erteile ich dem k. u. k. Botschafter in Rom gleichzeitig eine be¬ 
zügliche Weisung. 
Diese Erklärung bringt es mit sich, daß wir bereit sind, für 
den Fall einer temporären oder definitiven Besitzergreifung eines 
auf dem Balkan gelegenen Gebietes mit Italien in eine Konversation 
über die Kompensationsfrage einzugehen. 
Weiters wollen Euer Durchlaucht dem Unterstaatssekretär sagen, 
daß ich keine Bedenken dagegen hätte, Italien für den Fall seines 
neutralen Verhaltens oder eines späteren Eingreifens an der Seite 
seiner. Verbündeten konkrete Anrechte, beziehungsweise Besitz¬ 
erwerbungen auf fremde Kosten zu gewährleisten.
	        
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