Volltext: Vom Kriegsausbruch bis zum Frühjahr 1915 (1 ;)

Wasserrissen durchzogenen Ufergelände vor. Die beiden Gegner lagen sich stellenweise aus die 
nächsten Entfernungen gegenüber. Dieser Umstand erschwerte die Vorbringung der Munition und 
der Verpflegung, die nur nachts in Zeltblättern hinausgetragen werden konnte. Geistig und 
körperlich übermüdet, kauerten die Besahungen in den brüchigen Gräben. Bei den Schanzarbeiten 
in dem mürben Boden versandeten die Gewehre, der Verschluß muhte mit Tüchern umwickelt 
werden, um ihn gebrauchsfähig zu erhalten. Beißender Sandstaub drang in die Lungen und 
Kleider, an eine körperliche Reinigung und an eine Befreiung von dem Tag und Nacht quälenden 
Ungeziefer war nicht zu denken. Mangel an warmer, regelmäßiger Nahrung brachte Darm- 
erkrankuugen und Ruhr zum Ausbruch. Unrat verpestete die dürftigen Deckungen. Auf dem 
Gefechtsfelde zerstreut lagen Leichen gefallener Kameraden und mußten lange unbeeidigt bleiben. 
Und was diese Kämpfe am San so grauenvoll gestaltete, war, daß sie immer an denselben Fleck 
gebannt blieben. Der Aufenthalt in den Verteidigungsstellungen wurde zum Höllengraus, in dem 
die furchtbarsten Schrecken wohnten und der Brvdem der Verwesung nie erstarb und einem noch 
schlimmeren Gaste, der Cholera, den Weg bereitete. Vorsorgen gegen die unheimliche Seuche 
waren in jenen Tagen harter Kämpfe nur mit den einfachsten Mitteln möglich. Alan schüttete Kalk- 
milch auf jene Stellen, wo Tholeraleichen gelegen waren, und mied jene grauenvollen Orte so gut es 
eben in den engen Gräben ging. 
Harte Kämpfe der S. Division bei Rozwadöw 
1., 3. und 4. Regiment 
(1. bis 2. November 1914) 
Am 30. Oktober abends kündigte ein Befehl des Generalmajors von Fabini den Truppen 
der S. Division an, daß nach einer Mitteilung des Armeekommandos noch in der Nacht zum 
31. Oktober ein Angriff der Russen auf Risko und ein iiberschiffnngsversuch bei Brandwica zu 
erwarten sei. Strenge Alarmbereitschaft wurde angeordnet. Der angekündigte Angriff der Russen 
erfolgte zwar in dieser Nacht nicht, aber es sollte nach einem am 31. ausgegebenen neuen Befehl 
des 8. Divisionskommandos ein feindlicher Borstoß größeren Umfanges in der Nacht zum 1. No- 
vember erfolgen. Ts hieß, daß die russische 23. Division einen Übergang bei K^pa Rzeczgcka und die 
russische 46. Division bei Brandwica beabsichtige. Die Divisionsartillerie erhielt den Befehl, diese 
beiden Orte unter Feuer zu halten. Zwei Kompagnien der in Tharzewice befindlichen Divisions- 
reserve — das III. Bataillon der 3er Kaiserjäger — waren dem am meisten gefährdeten Abschnitt 
Oberstleutnant Fischer von See zur Verfügung zu stellen. Das II. Bataillon des 3. Regiments, das 
durch das I. Bataillon in der Rächt zum 31. Oktober aus den vordersten Stellungen abgelöst wor- 
den war und jetzt als Abschnittsreserve in Pilchow lag, wurde alarmiert und hinter dem Uferdamm 
näher an die erste Verteidigungslinie herangeschoben. 
Am 1. Rovember um 11 Uhr nachts begann eine äußerst heftige Kanonade der russischen 
Artillerie. 6m Abschnitt des 4. und des 3. Regiments lagen die Kampfgräben, die Zngangswege in 
die Stellungen und auch die Räume hinter den Stellungen im heftigsten Streufeuer der russischen 
Geschütze. Unter dem Schutze dieser kraftvollen Beschießung übersetzten die Russen an den Über- 
gangsstellen bei Karuaty und Posanie Truppen Uber den San. Durch das Gebüsch bei Rächt der 
Sicht entzogen, vermochte der Feind nach einem stundenlangen verheerenden Artilleriefeuer am 
Morgen darauf im überraschenden Ansturm im Bereiche des 4. Regiments die vom II. und vom 
III. Bataillon schütter besetzten Dammstellungen an mehreren Stellen zu durchbrechen. Bei den 
Kompagnien befanden sich viele eben erst eingereihte Rekruten, die noch nicht so wirksam zu 
schießen verstanden, infolgedessen und auch wegen der vollständigen Erschöpfung der durch tage- 
langen aufreibenden Sicherungsdienst ganz heruntergekommenen alten Mannschaft war dem 
Feinde der Einbruch gelungen. 
Es war dies etwa um 5 Uhr früh, als die feindliche Infanterie plötzlich in dichten Haufen zum 
204
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.