Volltext: Vom Kriegsausbruch bis zum Frühjahr 1915 (1 ;)

das Halbbataillon Hauptmann Stauffeuberger wegen der großen Ermüdung der Mannschaft im 
Walde bei strömendem Regen nächtigten muhten. Das IV. Bataillon Hauptmann Wünsch schleppte 
sich bis 1,30 Uhr nachts weiter und hielt zwei Kilometer nördlich von Ktonice eine kurze Schlafrast. 
«Zeitlich srüh am 13. September wurde von beiden Gruppen der Weitermarsch angetreten und 
gegen 5 Uhr, beziehungsweise um 6 Uhr morgens Klonice erreicht, wo man aber nicht mehr das 
vorausgegangene Divisionskommando einholte. Oberstleutnant Scherrer entschloß sich, nach 
RahaczSw weiterzuziehen, weil die Russen nachdrängten. Als das 2. Regiment um I Uhr nach- 
mittags in die Segend von Rahaczow gelangte, schoß russische Artillerie auf die Kolonnen. Rur mit 
Mühe vermochte man aus dem Wirrwarr der durch die Beschießung beunruhigten Trains hinaus- 
kommen. Oberstleutnant Scherrer schlug mit dem 2.Regiment die Richtung gegen Zaworow ein. 
Die Straße dorthin war aber ebensalls mit Fuhrwerken bedeckt. Sie wollten einander überholen 
und drängten sich rücksichtslos in die Infanteriekolonne hinein. Zwischen den Wagen eingekeilt, 
dann wieder querfeldein schleppten sich die Leute mühsam vorwärts. Bei jedem Halt, bei jeder 
neuen Stockung sanken sie nieder in den Straßengraben, um sofort einzuschlafen. Und je länger der 
Marsch dauerte, desto mehr zeigten sich die Anzeichen der Erschöpfung. Viele blieben zurück, weil 
sie, durch Ruhr geschwächt, nicht mehr weiterkonnten. 
Gegen 6Uhr abends kam man endlich an die große Zaworower Straße heran. Soweit man sie 
überblicken konnte, gab es nur Wagen, Wagen, nichts als Wagen. Von allen Seiten strebten sie 
den Übergängen über den Szkio zu und waren bestrebt, sich gegenseitig im Betreten der Brücken 
zuvorzukommen. Aber die Wagen keilten sich ineinander. Kutscher fluchten und schimpften in allen 
Idiomen des vielsprachigen Donaureiches und hieben mit Peitschen gegeneinander, Offiziere mühten 
sich mit der Pistole in der Hand, Ordnung zu machen. Das Zaustrecht schien wieder zur Geltung 
gelangt. Bon den Pferdeleibern wurden die Schwächeren beiseite gedrängt, krochen dann wieder 
vor und klammerten sich an der Straße fest, die zu den Brücken führte. Und die Brücken nahmen 
diesen ganzen Wirrwarr auf, schüttelten ihn durcheinander, bis sie ihn wieder am jenseitigen Ufer 
hinausströmen ließen. 
Räch dem schwierigen Übergang über den Szkto kam das 2.Regiment spät abends nach Poru- 
deuko. Hier erfuhr Oberstleutnant Scherrer, daß die 3. Infanteriedivision am 13. September nach 
Krakowiec zu marschieren hatte. Gleichzeitig kam aber auch die Rachricht, daß dieser Ort bereits 
von den Russen besetzt sei. Dies und die Erschöpfung der Mannschaft ließen es ratsam erscheinen, 
hinter dem Szkw gesichert zu nächtigen. 
Den übermüdeten 2er Kaiserjägern sollten nur wenige Stunden Ruhe vergönnt sein. Am 
14. September schon um 3,30 Uhr früh wurde das Regiment durch Kanonendonner aus seinem 
Schlafe aufgerüttelt. Es mußte eiligst hinter einem Honvsdbataillon bei der Brücke Uber den 
Szkto eine Bereitschaftsstellung bezogen werden. Um 4,30 Uhr früh marschierte Oberstleutnant 
Scherrer mit seinen Kaiserjägern südwärts gegen Wola Arlamowska weiter. Die Russen 
näherten sich um diese Zeit schon dem Szkto. Der Rückzug der Trains artete in eine Flucht aus. 
3m qualvollen Marsche mit unzähligen Stockungen und Halten ging es in dem dumpfen Brausen 
und Tosen des Rückzuges stundenlang weiter, Uber Wola Arlamowska, Mosciska zur großen 
Straße Lemberg—Przemgsl, die ebenfalls von schier unübersehbaren Fuhrwerkskolonnen bedeckt 
war. Alles atmete erleichtert auf, als um ö Uhr abends Trzcieniec erreicht war und dort gerastet 
wurde. 
Am 15. September um 6Uhr frUH marschierte das 2. Regiment von Trzcieniec ab. Westlich 
von Wola Lacka mußte in einer Bereitschaftsstellung gehalten werden, bis die Rachhut der 
23. Honvsddivision die Sicherung der zurUckfahreudeu Trains übernahm. Dann ging es gegen 
9 Uhr vormittags über Szechguie—Medgka nach Przemgsl, das um 3 Uhr nachmittags erreicht 
wurde. Die Fahrküchen und der Gefechtstrain des 2. Regiments waren irgendwo auf den von 
Fuhrwerksmassen vollgestopften Straßen steckengeblieben. Alles war froh, daß abends endlich das 
heißersehnte Brot aus einem Lebensmittelmagazin zur Ausgabe gelangte. Es war nicht leicht, in 
der Festung Verpflegung zu beschaffen. Am 16. war Rasttag. Damit waren die großen Leiden des 
Rückzuges aber noch nicht überwunden. 
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