Volltext: Vom Kriegsausbruch bis zum Frühjahr 1915 (1 ;)

kenfeuer. Um nicht von Süden umgangen zu wevdeu, ließ Major Ritter von Barth seinen rechten 
Flügel nach Westen abbiegen. Als ihm darauf ein Ordonnanzoffizier des Divisionskommandos, der 
den Obersten Hollau vergeblich gesucht hatte, den Rückzugsbefehl Uberbrachte, ordnete er die 
Zurücknahme des ganzen Regiments an." 
Oberst Hollau war schon am Morgen, als das Artilleriefeuer der Russen plötzlich einsetzte, mit 
dem Regimentsadjutanten Hauptmann Högn und dem Brigadegeneralstabsoffizier Oberleutnant 
Malloger von der Windmühlenhöhe nächst Radostow nach vorne geeilt, um Ausblick zu gewinnen. 
„Ein verlassener Schützengraben, von dem aus wir Teile des Gefechtsfeldes überblicken konnten" — 
so bezeugt Hauptmann Högn — „nahm uns auf. Der Kampf entbrannte auf der ganzen Linie und 
nahm von Stunde zu Stunde an Heftigkeit zu." Gegen 10 Uhr vormittags flaute das Feuer am 
rechten Flügel ab. Hauptmann Högn suchte nun persönlich zu erkunden, ob nicht bei der %. Bri¬ 
gade rückgängige Bewegungen zu sehen seien. Unterwegs traf er auf der Windmühlenhöhe nördlich 
von Radostow, in der Nähe der bereits schweigenden Batterien des Feldkanonenregiments 41, 
den Kommandanten des III. Bataillons Major Ritter von Barth, der ihm den Rückzugsbefehl 
des Divisionskommandos übergab. Während nun Hauptmann Högn zum Standort des Obersten 
Hollan zurückeilte, schlugen Granaten aus nördlicher Richtung in den Rücken der Kaiserjäger- 
srhwarmlinien ein. Mit dem Feldstecher konnte Hauptmann Högn eine Kosakenbatterie in der linken 
Flanke des I. Regiments feststellen. Schon hatten auch einzelne Abteilungen des Regiments dem 
übermächtigen Drucke des Feindes nachgegeben und unter wiederholter Stellungnahme den Rück- 
zug angetreten. Sie gerieten dabei in das Feuer der Kosakenbatterie und erlitten beträchtliche 
Berluste. Hauptmann Högn befahl den bereits im Rückzug befindlichen Abteilungen, sich auf der 
Höhe beim Walde südöstlich von tykof^yn zu sammeln, wo die Regimentspionierabteilung mittler- 
weile eine Aufnahmsstellung bezogen hatte. Zugleich entsandte er zahlreiche Ordonnanzen zu den 
noch am Feinde verbliebenen Kompagnien, um sie zu verständigen, daß der Rückzug anbefohlen sei. 
Da fast sämtliche Gefechtsordonnanzen auf dem Wege in die Schwarmlinie niedergeschossen 
wurden, erhielten die auf den Höhen östlich von Radostow noch tapfer ausharrenden Abteilnn- 
gen den Rückzugsbefehl gar nicht oder zu spät. Gin trauriges Schicksal ereilte nuu jene tapferen 
Kaiserjägerkompagnien. Sie wurden von den in dichten Massen anstürmenden Russen abgeschnitten, 
umzingelt und zum Teil gefangengenommen. 
Mit dramatischer Bewegung spielten sich diese Berfolgungskämpfe ab. Die S. Kompagnie der 
1er Kaiserjäger warf sich mit entrollter Fahne den eindringenden Russen entgegen. Sie wurde in 
dem ungleichen Kampfe zum großen Teil aufgerieben. Hauptmann Freiherr von Uslar-Gleichen 
fiel. Fähnrich Krüttner rettete die Zahne aus dem Handgemenge, er fand den Anschluß an die 
7.Kompagnie. Unter der Führung des Leutnants Trapl vermochte sich diese Kompagnie noch durch- 
zuschlagen. Auch die 9. Kompagnie sah sich von den Russen überrannt, die verwundeten Offiziere 
Oberleutnant Hütner und Leutnant Schleicher gerieten in Gefangenschaft; nur 60 Mann mit 
Kadett Blaas retteten sich kämpfend ans der Umzingelung. Die 10. Kompagnie, am äußersten 
Südflügel eingesetzt, verlor ihren väterlich geliebten Kommandanten Hauptmann Ritter Burlo 
von Ehrwall. Er wurde von einem Geschoß zu Tode getroffen, ein Schicksal, das er mit vielen 
Regimentskameraden teilte. 
Ein großer Kampf entspann sich am linken Flügel des 1. Regiments. Dort hätten schon am 
Morgen die !4er Feldjäger eingesetzt werden sollen, wo sie auch vom Kommandanten des I. Batail- 
lons Major Fößl vermutet wurden. Die Feldjäger standen aber nicht dort, was zur Folge hatte, 
daß das I. Bataillon etwa um 11 Uhr vormittags von den Russen von Norden her umfaßt und auf 
nahe Entfernung von der bereits erwähnten Kosakenbatterie im Rücken beschossen wurde. Als 
sich die Kompagnien des I. Bataillons umgangen sahen, da suchten sie sich endlich vom Feinde los- 
zulösen. Zum Teil schon im Handgemenge, zum Teil noch mit den eindringenden Russen im Feuer- 
Kampfe verwickelt, vollzog sich dieser Rückzug iu einem deckungslosen Gelände unter bedeutenden 
Verlusten. Aus den mit dem Feinde förmlich verbissenen Srhwarmlinien mußten sich die einzelnen 
Plänkler teils in kurzen Sprüngen, teils kriechend zurückziehen. So mancher sank getroffen zu 
Boden, um nie wieder aufzustehen. 
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