Volltext: Die Pasubio-Kämpfe 1916 - 1918

— 178 — 
Am 19. November setzte plötzlich Tauwetter ein. Der Schnee ging 
in Regen über und ein heftiges Gewitter brach los. Waagrecht trieb der 
Sturm den Regen durch die Luft, Blitze durchzuckten die Nacht und 
Donner rollte auf Donner, Dieses Tauwetter brachte eine große Anzahl 
von Lawinen zum Niedergehen. Beim Kommando des 1. TJR. begrub eine 
solche einen Unterstand der 7. Kompagnie, aus dem man nach langen, 
anstrengenden Arbeiten 9 Mann tot und 29 zum Teil verletzt bergen 
konnte. 
Eine auf dem Rückweg vom Regimentskommando 1. TJR. über den 
Sattel 2006 ins Bisortelager marschierende Tragtierkolonne mit 30 Trag¬ 
tieren blieb mit ihren Führern im Schnee stecken. Die sofort alarmierte 
halbe Sappeurkompagnie 1/6 konnte bis 2 Uhr früh nur mehr einen Toten 
und einen Lebenden bergen. 34 Mann mit allen Pferden blieben vermißt 
und waren nicht mehr zu finden. 
Über die Lage in der Stellung und die Verschüttung einer Hütte 
durch eine Lawine gibt ein Kompagnieoffizier in seinem Tagebuch eine 
lebendige Schilderung. 
,,19. November. Ein starker Schneesturm, wie wir ihtì hier noch 
nicht erlebt hatten. Nur scheint es uns ungewöhnlich warm. Der Sturm 
bläst, daß man sich kaum auf den Beinen halten kann. Der vor wenigen 
Tagen von uns errichtete Schneepegel zeigt schon 2.50 m. Nachmittags 
Schneealarm! Alles ohne Unterschied der Charge wird zum Schnee¬ 
schaufeln herangezogen, aber es ist vergebliche Arbeit. Von einem Frei¬ 
halten des Buseweges ist keine Rede. Kaum die Verbindung mit dem doch 
keine 10 Minuten entfernten Regimentskommando ist aufrechzuerhalten. 
Dazu hat Tauwetter eingesetzt und jetzt gegen Abend fängt es auch noch 
zu regnen an. Während der Sturm zum Orkan angewachsen ist, blitzt 
und donnert es wie im Hochsommer. Wir sitzen alle in unserer Bude bei¬ 
sammen, doch es will keine Stimmung aufkommen. Das Wetter ist 
schauderhaft. Um %9 Uhr abends wird Lt. B. geholt, er soll mit 20 Mann 
den Bergführern und Pionieren helfen, am Sattel 2006 eine verschüttete 
Tragtierkolonne zu retten. Wir haben uns gar nicht ausgezogen, sondern 
sitzen naß und frierend in unseren Mänteln um den erloschenen Ofen 
und warten, daß man auch uns zur Hilfeleistung holt. Gerade hat Lt. B. 
den Vorschlag gemacht, ob es nicht besser wäre, zu unserer Mannschaft 
hinunter in die große Zugsbaracke zu gehen, als draußen plötzlich im 
Heulen des Sturmes ein dumpfes Rollen hörbar wurde, ein Rauschen und 
Brechen — und gleichzeitig senkte sich unser Hüttendach krachend herab. 
Die bergseitige Wand wurde nach einwärts gedrückt und ein von oben 
her eindringender Wasserguß verlöschte das Licht. Eine Lawine hatte 
uns verschüttet. Einen Augenblick hielt jeder wie gelähmt den 
Atem ant ob nicht noch ein Stoß kommen würde. Dann sprang Leutnant 
B. auf und wollte die Tür aufstoßen. Umstonst, sie rührte sich nicht. 
Ich riß das kleine Fenster auf und stieß mit dem Kopf an eine fest¬ 
gepreßte Wand tropfnassen Schnees. Kein Zweifel, wir waren im 
Schnee begraben. Endlich zündete einer ein Zündholz an und wir sahen
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.