Volltext: Studien zur Weltkrise

ihrer selbst und des bestehenden Rechtes in das Unglück 
hineingezogen worden. Demgegenüber steht die Version 
Deutschlands und der mitteleuropäischen Staaten: die En¬ 
tente war eine förmliche Verschwörung, um die bestehenden 
Verhältnisse zugunsten Frankreichs (Elsaß), Rußlands (Dar¬ 
danellen) und Englands (Mesopotamien und Welthandel) 
umzustürzen; es galt unmittelbar die Integrität Österreich- 
Ungarns und der Türkei und dadurch mittelbar auch Deutsch¬ 
lands Zukunftsmöglichkeiten, deshalb mußte Deutschland zur 
Verteidigung seiner selbst und des statu8 c>uo in die Bresche 
treten. 
Das sind, wie man sieht, zwei durchaus unvereinbare 
und einander ausschließende Lesarten der Weltgeschichte. ES 
ist nicht der Mühe wert, viel Worte über das Tatsächliche 
in diesem Streite zu verlieren. Keiner konnte bisher auch 
nur mit einem Schimmer von Wahrheit ein einziges posi¬ 
tives deutsches Kriegsziel weder in Frankreich noch in Ru߬ 
land noch sonstwo in Europa vor dem Kriege nennen, 
während alle Welt weiß, daß Frankreich es auf das Elsaß 
in Deutschland abgesehen hatte. Ebenso wenig konnte jemand 
bei Österreich-Ungarn oder der Türkei die Spur eines Kriegs- 
zieleö auf dem Boden einer anderen Macht entdecken, während 
jedermann weiß, daß Rußland Ostgalizien in Österreich, Kon¬ 
stantinopel und Armenien in der Türkei, England Meso¬ 
potamien in der Türkei und Italien seine österreichische „Zrre- 
denta" begehrte. Man wird auch in alle Ewigkeit die Ant¬ 
wort auf die Frage schuldig bleiben, warum Deutschland 
im Burenkrieg Englands Partei ergriff, wenn es England 
wirklich stürzen wollte, und warum es nicht 1905 während 
Rußlands Niederlage und Revolution die Gelegenheit ergriff, 
falls es wirklich Rußland schaden wollte. In der Tat ist 
es die Höhe der Sinnlosigkeit, daß Deutschland, wenn es 
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