wältigend große Gefolgschaft! Wenn inan daö aber anerkennt
— und eö duldet wohl keinen Zweifel, daß ein solches Urteil
auf dem Boden der Wirklichkeit steht — dann ist eö eine
sehr interessante Frage, welche Kräfte dem Friedensgedanken
einstweilen noch den unwiderstehlichen Widerstand leisten.
Wie ist es überhaupt möglich, daß der Kriegsgedanke an ge¬
wissen Stellen noch so unbedingt herrschen kann, da alle Men¬
schen auch auf jener Seite im Grunde den Frieden wollen?
Bevor wir hierzu unmittelbar Stellung nehmen, müssen
wir uns gegen jenes Moment des B l u f f e s sichern, das einen
deutlichen Einschlag im offiziellen Widerstand gegen den Frie¬
den bildet. Es ist ganz klar, daß beide Parteien — und be¬
sonders die, welche in Wirklichkeit den Kürzeren zieht — ihren
Vorteil darin erblicken, sich weniger angelegen um den Frieden
zu stellen, als sie in der Tat sind; daö verleiht den Anschein
der Stärke, der möglicherweise den Gegner beeinflussen und
seine Forderungen mäßigen kann. Man hat Grund zu dem
Verdacht, daß der frische Kriegswille zum Teil eine Stim-
mung ist, die man in Wirklichkeit nicht hat, aber zur Schau
trägt, um sich dadurch billigere Friedensbedingungen zu sichern.
An und für sich bedeuten also die lauten Kriegserklärungen
wenig; wenn der Friede an einem Sonntag kommt, so wird
wahrscheinlich der Sonnabend mehr vom Kriegsgeschrei er¬
füllt gewesen sein, als irgend ein anderer Tag. Man braucht
aber nicht lang, wenigstens in der englischen Presse, zu lesen,
um sich davon zu überzeugen, daß man mit diesen Erwägun¬
gen nicht das Ganze erledigen kann. Dazu ist der Ton allzu
echt. Wir kehren also zu unserer Frage zurück, wie sich trotz
gegenteiliger Meinung der Völker die Fortsetzung des Krieges
erklären läßt.
Diese Frage ist im Grunde dieselbe wie die, wie es über¬
haupt zum Kriege kommen konnte. Denn es ist ziemlich
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