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Pakt und der Kampf um den Eintritt in den Völkerbund ließen sich nicht
mehr ttennen. Deutschlands Kampfstellung wurde dadurch noch einmal
defensiv bestimmt. Das lag aber in viel höherem Maße in den allgemeinen
politischen Verhältnissen begründet, als in der von Deutschland geübten
Taktik vorgezeichnet. Deutschland war durch die am Rhein geschaffene
Zwangslage, angesichts der in Genf aufgebauten Paragraphenburg und
infolge seiner militärischen Wehrlosigkeit und seiner wirtschaftlichen Ab
hängigkeit vom Weltmarkt nicht fähig, eine Ausfallsstellung zu beziehen
und mehr zu fordern, als der historische Gegner Frankreich nach seinem
Übereinkommen mit England und der Völkerbund als Garant und Voll
zugsorgan der Versailler Weltsatzung dem Deutschen Reiche von vorn
herein zugestehen wollten.
England und Frankreich spielten das große Spiel Zug um Zug. Am
Tage, da die deutsche Rote erging, begann die französische Armee das
Ruhrgebiet zu räumen, am 30. Juli 1925 verließ der letzte Soldat den
gepfändeten Boden. Am 5. August beschloß die Botschafterkonferenz, die
Sanküonsstädte Düsseldorf, Duisburg und Ruhrort freizugeben, sechs Tage
später einigten England und Frankreich sich über das gemeinsame diplo-
matische Vorgehen zur Feststellung des Sicherheitspaktes, der England im
Irak und im chinesischen Meer, Frankreich in Marokko und Syrien nach
gegenseitiger Verständigung die Lände freigab. England ließ Frankreich
und Spanien zum Angriff an der Rifküste aufmarschieren und Abd-el-
Krim in einem Ultimatum zur Unterwerfung auffordern und ttat der Ab
kunft bei, die von beiden Mächten über die Verwaltung Tangers gettoffen
worden war. Frankreich sagte England seine Unterstützung als Rats
mitglied des Völkerbundes im Kampfe um das Wilajet Mossul zu und
schritt in Syrien zu gewaltsamer Unterdrückung des im Tiefland und im
Libanon gärenden Aufstandes.
Als die rechtskundigen Vertteter Englands, Frankreichs und Deutsch
lands in den letzten Tagen des August in London zusammenkamen, um die
Konferenz vorzubereiten, in der der Sicherheitspakt und die mit ihm ver-
bundenen Schiedsverttäge erörtert und zu Papier gebracht werden sollten,
fühlte Deutschland sich jählings in den mächtigen Sttom weltpolitischen
Geschehens gerissen, an dessen Ufern es soeben noch beiseitegeschoben, fremd
und zögernd gestanden.
England und Frankreich handelten mit verblüffender Schnelligkeit.
Am 16. Oktober sind in Locarno von den Ministern Englands, Frank
reichs, Deutschlands, Italiens, Belgiens, Polens und der Tschechoflowakei
die Berttäge paraphiert worden, die ein neues „Sicherheitssystem"
begründet haben. Man hatte elf Tage um die Berttäge gerungen, ohne