Volltext: Das Trugbild von Versailles

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des Restlandes Lothringen, der österreichische Erbfolgekrieg sieht es im 
strategischen Besitz des flandrischen Glacis und der Weserlinie. Deutsch- 
lands Macht ist vom Rhein abgedrängt und auf die Elbe geworfen, wo 
Friedrich der Große Preußen gegen Westen abgrenzt, um seinen Staat auf 
die Oder zu stützen, während England in fremden Meeren um die Welt- 
Herrschaft ringt. 
Der Siebenjährige Krieg sieht die Rheinlands und die Bewegungslinien 
des Rheins, der Weser und des Mains in französischer Land, bis England 
in William Pitt einen Staatsmann findet, der das Werk Wilhelms III. er 
neuert, und Friedrich der Große sich seinem gewaltigen Ringen mit den 
Leeren Maria Theresias und der Zarin Elisabeth entrafft, um die franzö- 
fische Kriegsgefahr bei Roßbach aus dem Feld zu stäupen. Der „panische 
Schrecken", der die Franzosen aus Thüringen scheucht, bezeichnet den ge- 
schichtlichen Augenblick, in dem Frankreichs Legemonialpolitik zum Rück 
zug gezwungen wird und das moralische Gewicht Frankreichs in Deutsch 
land zerbricht. Frankreich sieht sich von der Elbe über die Weser zurück- 
gedrängt. Als Friedrich mit Maria Theresia Frieden macht, ist England 
schon von seiner Seite geschieden und die Pompadour des Krieges über 
drüssig geworden, aber Frankreich setzt sich am Rhein, verkehrt die Front 
und sinnt auf Wiederaufnahme des Krieges mit England, um, auf die un- 
angreifbare Ausfallsbasis und die Flankenstellung am Rhein gestützt, den 
Riesenkampf zwischen angelsächsischer und französischer Legemonialgewalt 
auszutragen. Der Kampf um den Rhein ist zum Kampf um die 
Lerrschaft derWelt geworden. 
Der Zerfall, der im Schoße des Königtums um sich frißt, hemmt die fran- 
zösische Macht in der Wiederaufnahme dieses Kampfes, aber sie verliert 
ihn mitnichten aus den Augen. Frankreich kämpft an der Seite der Ver 
einigten Staaten gegen England, um dieses in Amerika tödlich zu treffen, 
und sinkt erst zurück, als die Revolution seine Machtnüttel lähmt. Aber die 
Idee, die in der Revolution um Ausdruck ringt, verheißt dem französischen 
Volke nicht nur Errettung, sondern reißt es auch, vom natürlichen Ausdeh- 
nungsdrang der Nation gepeitscht, über alle Grenzen in die Weite. Die 
Welt steht staunend vor dem unfaßbaren Phänomen. Die Monarchen 
schließen Defensivallianzen, Emigranten und Revolutionäre rufen zum 
Krieg, Revolution und Reaktion prallen zusammen. Der Kanonendonner 
von Balmy bezeichnet „eine Epoche der Weltgeschichte". Frankreich nützt 
den Monarchenfeldzug zu einem Rückstoß über den Rhein, der das ganze 
Gebäude der rheinischen Kleinwelt in Trümmer legt. Die historische Rhein- 
Politik der Franzosen gipfelt in der Eroberung Belgiens, Lollands und des 
ganzen linken Rheinufers.
	        
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