Volltext: Das Trugbild von Versailles

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Feststellung ergänzt, die das in Versailles geschaffene Staatsgebilde noch 
merkwürdiger erscheinen läßt. Die Walachei ist erst zur Trägerin des 
mmänischen Staates erstarkt, als sie sich an die Moldau anschloß, und hat 
ihre Vormacht nie über die Karpathen erstreckt, sondern ist selbst dann von 
den Bergen her beherrscht worden, wenn das Waffenglück einem Tal- 
fürsten hold gewesen war. Die große Staatsbildung, die in Versailles 
geschaffen wurde, fordert daher eigentlich die Verlegung des Schwer- 
gewichtes aus dem Tiefland ins transsylvanische Lochland. Diese Fest- 
stellung öffnet den Eingang zur rumänischen Frühgeschichte. 
Die erste karpatho-walachische Machtgründung verschwimmt im Schat 
ten der keltischen Wanderzeit. Sie tritt erst geschichtlich wirkend aus dem 
Lalbdunkel hervor, als sie sich im 1. Jahrhundert vor Christi Geburt in 
einem theokratischen Reich verjüngte, das sich hoch über seine Nachbarn 
erhob und unter der Führung seines Königs Boerebistas sogar dem Römer 
furchtbar wurde. Es dehnte sich von den Ostalpen bis zu den Balkan- 
gebirgen und stellt vielleicht den einzigen Versuch dar, das Stromgebiet 
der Donau von der adriatischen Pforte und der Wippachmulde bis zum 
Pontischen Tor und zur Dobrudschalandbrücke aus der Mitte zusammen 
zufassen. Aber nicht von Boerebistas, sondern von Decebalus, der zu 
Domitians und Trajans Zeiten im Gebiet der Maros über Geten und 
Dazier herrschte, empfangen wir die erste Lehre. Der Römer hatte um 
diese Zeit die Save und die Donau längst erreicht und war schon seit 
50 Jahren zur Verteidigung übergegangen. Da sah er die Donauprovin 
zen von der geto-dazischen Machtgründung des Decebalus so bedroht, 
daß er noch einmal zur Offensive schreiten mußte, um die Zugänge 
Italiens und der Balkanhalbinsel durch die Eroberung der strategischen 
Zentrallandschaft Siebenbürgen sicherzustellen. Es war die letzte monu 
mentale, raumgestaltende Tat des Römertums im Innern des Kon- 
tinents. 
Decebalus hatte seinen Lochsitz im Latzegertal am Nordabhang des 
Vulkangebirges. Er war der erste, der die strategische Verbundenheit der 
Donau-Theißlandschaft mit dem Lande Siebenbürgen erkannt hat und 
vom transsylvanischen Lochland aus die ungarische Tiefebene, die Wala 
chei und die Nordzugänge der Balkanhalbinsel zugleich beherrschte. Drei 
römische Feldzüge sind an dieser raumbeherrschenden Stellung gescheitert. 
Lätte Trajan die Donau nicht bei Orsova überbrückt, so wäre ihm die 
Bezwingung der transsylvanischen Stellung wohl nie gelungen. Als er 
das geto-dazische Reich nach schwerem Kampf eroberte, siel die letzte bar 
barische Gründung im Stromgebiet der Donau in sich zusammen. Die 
Provinz Dazien trat an ihre Stelle. Römische Siedler strömten ins Land,
	        
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