Volltext: XV. Jahrgang, 1910 (XV. JG., 1910)

Nr. 24. 
Überösterreichische Bauzeitung. 
Seite 193. 
die Länder können auf die halben Zuschläge während 
der Baufreijahre ebensowenig verzichten wie auf die 
ganzen. Nach der dem Entwürfe beigegebenen Tabelle VI 
betrug die Gesamtvorschreibung der nicht zahlbaren 
(idealen) staatlichen Gebäudesteuer zu Beginn des Jahres 
1907 rund 40 Millionen Kronen, darunter in den Landes¬ 
hauptstädten 28 Millionen Kronen, in Wien allein fast 
21 Millionen Kronen. Die autonomen Zuschläge zu dieser 
Grundlage betrugen nach der im Entwürfe selbst zum 
Ausdrucke gelangten Meinung der Regierung durch¬ 
schnittlich zum mindesten 100 Prozent. Auf diese von 
Jahr zu Jahr steigende Zuschlagsbasis sollen die Ge¬ 
meinden und Länder nach Absicht der Regierung ganz 
oder wenigstens zur Hälfte verzichten, lediglich damit 
die von der Regierung etwas sparsam bemessene Herab¬ 
setzung der staatlichen Gebäudesteuer sich für Neubauten 
ausgiebiger darstellt. Der Staat kann sich für den be¬ 
scheidenen Ausfall, den er durch die Steuerreform an der 
Gebäudesteuer erleidet, anderweitig schadlos halten. Den 
autonomen Verbänden aber, den Gemeinden und Län¬ 
dern, bliebe bei ihrer notorischen Finanznot, da sie auf 
die Zuschlagswirtschaft angewiesen sind, offenbar nichts 
anderes übrig, als den Verlust, den sie durch Schmäle¬ 
rung der Zuschlagsbasis erleiden, durch Erhöhung des 
Zuschlagsperzentes wettzumachen. Damit die wenigen 
Neubauten weniger Zuschläge zahlen, müßten die vielen 
alten Bauten mehr Zuschläge zahlen. Zur Erreichung 
des sozialpolitischen Zweckes, auf den die geplante Be¬ 
günstigung der Neubauten angeblich zugeschnitten ist — 
Ermäßigung der Mietzinse — schlägt also der Entwurf 
einen Weg ein, der notwendig zu einer allgemeinen Er¬ 
höhung der Zuschläge und damit zu einer allgemeinen 
Erhöhung der Mietzinse führt! Die Gemeinden und 
Länder können jetzt schon die Kosten der ihnen vom 
Staate stets vermehrten Obliegenheiten mit ihren Mitteln 
nicht mehr bestreiten; die Regierung selbst erkennt eine 
Sanierung wenigstens der Landesfinanzen für dringend 
notwendig, und gleichzeitig mutet sie den Ländern und 
den Gemeinden einen Verzicht auf Millionen laufender 
Einnahmen ohne jeden Ersatz zu! Es muß daher noch¬ 
mals mit allem Nachdrucke festgestellt werden, daß eine 
Reform der staatlichen Gebäudebesteuerung nur im 
Rahmen der staatlichen Steuergesetzgebung, nicht aber 
auf dem Rücken der autonomen Verbände durchgeführt 
werden kann; Gemeinden und Länder können die Kosten 
einer derartigen Reform weder ganz noch teilweise auf 
sich nehmen. Und wenn der Staat in seiner gegenwär¬ 
tigen Finanzlage einer solchen Reform nicht gewachsen 
ist, so möge er das Odium ihres Unterbleibens nicht auf 
die autonomen Verbände abzulenken suchen. 
Aber auch in formeller Hinsicht sind die Bestim¬ 
mungen des § 137 des neuen Entwurfes nicht einwand¬ 
frei. Was soll die Anordnung bedeuten, daß eine ideale 
Staatssteuervorschreibung mit höchstens 50 Prozent nur 
erfelgt, wenn die Zuschlagserhebung durch die Landes¬ 
gesetzgebung ausdrücklich angeordnet wird? Die Zu¬ 
schlagserhebung für wen und in welchem Ausmaße ? Soll 
die Steuervorschreibung nur stattfinden, wenn das Land 
die Zuschlagserhebung für sich anordnet und eine Vor¬ 
schreibung nur in dem Ausmaß — bis zu 50 Prozent — 
die es für sich notwendig findet? Oder soll der Bedarf 
der Gemeinden maßgebend sein und inwieferne? Der 
Gesetzentwurf läßt in dieser Beziehung den verschieden¬ 
sten Ansichten freien Spielraum. Oder vielmehr, nach 
seinem Wortlaute, ist eine ideale Staatssteuervorschreibung 
nur dann geboten, wenn die Landesgesetzgebung eine 
Zuschlagserhebung für eine einzelne Gemeinde anordnet 
und nur für diese Gemeinde und nur in dem von der 
Landesgesetzgebung bestimmten Ausmaße. Die Gemeinde¬ 
ordnungen und die besonderen Gemeindestatuten, durch 
welche den Gemeinden ein autonomes Zuschlagsrecht ge¬ 
währleistet ist, werden somit durch diese Bestimmung 
einfach außer Kraft gesetzt. Gänzlich unklar ist nach 
dem Entwürfe, in welchem Falle die Staatsbehörden den 
Gemeinden die erforderliche Basis für die Bemessung von 
Mietzinsumlagen schaffen müssen. Ist dazu eine ausdrück¬ 
liche Anordnung der Landesgesetzgebung erforderlich 
oder ein Gemeindebeschluß genügend? Der Wortlaut des 
vierten Absatzes des § 137 läßt diese wichtige Frage 
ganz im Dunklen. 
Es muß daher im Interesse des Grundsatzes der 
Klarheit und der Steuerökonomie, damit den Gemeinden 
nicht überflüssige Verwaltungsausgaben erwachsen, ge¬ 
fordert werden, daß auch während der Baufreijahre eine 
ideale Staatssteuervorschreibung erfolge. Im früheren Ge¬ 
setzentwürfe war die Herabsetzung der Staatssteuer für 
alte Gebäude nach Maßgabe der gesamten Steuerleistung 
im abgelaufenen Jahre vorgesehen. Der Städtetag hat 
dagegen das Bedenken erhoben, daß die Bemessung der 
Gemeinde- (und Landes-) Zuschläge immer erst nach Ab¬ 
lauf des Jahres möglich und dadurch die Budgetierung 
der autonomen Verbände für das kommende Jahr un¬ 
möglich sein würde. In Beachtung dieses Einwandes hat 
der neue Entwurf die Herabsetzung des bisherigen Steuer¬ 
satzes für alte Bauten in festen Prozenten in Aussicht 
genommen, wobei allerdings die Herabsetzung nicht jähr¬ 
lich, sondern in bestimmten Terminen erfolgen soll; die 
dadurch erzielten Ersparungen sollen zur Dotierung eines 
Wohnungsfürsorgefonds verwendet werden. Diese Neue¬ 
rung ist, da sie den Wünschen des Städtetages entspricht, 
als eine bedeutende Verbesserung zu begrüßen. 
Herstellung gebrannter Ziegel oder Kunst¬ 
steine unter Verwendung von Ton als 
Bindemittel. 
In der Industrie zur Herstellung feuerfester Erzeug¬ 
nisse werden die bisher notwendigen Preßmassen aus Ton? 
Schamotte, Quarz oder Quarzsand hergestellt, und zwar 
durch Kneten der nassen Mischung der gemahlenen Be¬ 
standteile. Die Massen enthielten mindestens 6 Prozent 
Bindeton und 25—50 Prozent Wasser. Die so erzielte knet¬ 
bare Masse wird alsdann in Formen gestampft oder gepreßt 
und die erhaltenen Formlinge werden einem langsamen 
Trockenverfahren unterworfen, um alsdann im Ofen ge¬ 
brannt zu werden. Diese bisher angewendeten Verfahren 
haben aber den großen Nachteil, daß infolge des Zu¬ 
satzes von Ton und Wasser in großen Mengen nicht ein 
richtiges, den natürlichen Gesteinen ähnliches, sondern 
an tonige Massen erinnerndes Gefüge erzielt wird und 
daß die gepreßten Formlinge während des Brennens im 
Ofen derart nachschwinden, daß der Hersteller der abzu¬ 
liefernden Ziegel keine Gewähr für Einhaltung der be¬ 
stellten genauen Größen übernehmen kann. Es sollen 
zwar Dinasziegel mit 1*5—3 Prozent Ton liergestellt wor¬ 
den sein, doch ist die Herstellungsweise geheim gehalten 
worden, auch ist es fraglich, ob der Tongehalt nicht tat¬ 
sächlich höher gewesen ist. 
Nach einer Erfindung von August Deidesheimer und 
Franz Jurschina in Würzburg wird , das Verfahren zur
	        
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