Volltext: XV. Jahrgang, 1910 (XV. JG., 1910)

Nr. 20. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Seite 161. 
den Nichtfachmann wird die Zuverlässigkeit solcher Wert¬ 
übersichten einleuchten. Man bedenke auch, wie überaus 
wertvoll für das gesamte Taxwesen das Vorhandensein 
von derartigen Übersichten sein wird, wie auch jede 
sogenannte Gefälligkeitstaxe bei einer planmäßigen Hand¬ 
habung solcher Bodenwertübersichten ausgeschlossen ist. 
Solche Gefälligkeitstaxen liegen durchaus nicht im Inter¬ 
esse einer gesunden Lösung der Bodenfrage; sie verleiten 
manchen zu leichtsinnigen Ankauf und verteuern damit 
den Grund und Boden. Den Verwaltungen, die im Besitze 
geschildeter Übersichten sind, wird es auch viel leichter 
gelingen, die Grundeigentümer von dem Werte eines 
Grundstückes zu überzeugen, anderseits sichern sie den 
Käufer vor Übervorteilung durch den Spekulanten, der 
doch oft mit der Unwissenheit des Käufers rechnet. 
Nicht zu vergessen ist, ein wie wertvolles Material man 
durch Aufstellung solcher Wertkatasterpläne auch für 
Enteignungszwecke bekommt, wenn nicht überhaupt 
schon das Vorhandensein solcher Wertübersichten jede 
Enteignung überflüssig macht oder doch fast ganz aus 
der Welt schafft. (Fortsetzung folgt.) 
Lokale Baunotizen. 
Einiges von unserem Friedhof. In 14 Tagen be¬ 
ginnt die Massenwanderung des Publikums nach der 
Ruhestätte unserer Toten und haben wir vor kurzem 
wieder einmal Umschau gehalten, ob über die Errichtung 
und Ausschmückung neuer Grabstätten Wichtiges zu 
berichten sei oder ob die bereits zum Überdruß ge¬ 
wordenen Obeliskenformen, gebrochenen Säulen und 
Schablonenkreuze selbst bei den Gräbern vornehmer 
Familien wieder vorzufinden sind. Leider hat unser 
Friedhof seit längerer Zeit kein Monument erhalten, das 
einer künstlerischen Besprechung wert wäre und von 
dem Geschmacksinn eines Teiles unseres Publikums ein 
günstiges Zeugnis ablegt. Besuchen wir die Friedhöfe in 
Salzburg, Innsbruck, von der Kunststadt München gar 
nicht zu sprechen, so finden wir, daß sich dort alljähr¬ 
lich die Zahl der künstlerisch ausgeführten Monumente 
bedeutend vermehrt; ein Zeichen, welche Pietät man 
und setzt sich in Positur. Ah, das ist ja der Privatlehrer 
vom dritten Stock, der schmutzige Kerl, der immer vor 
Torschluß nach Hause kommt, den werde ich mir gleich 
zusammenbeißen. 
Ja, was wollen denn Sie schon so früh I ? schnautzt 
er dem Eintretenden entgegen, die paar Gulden, die Sie 
bringen, die werden mich nicht glücklich machen. Ent¬ 
schuldigen Herr Hauseigentümer, erwiderte die Partei, 
ich komme nicht um etwas zu bringen, sondern um Sie 
zu bitten, mit der Miete zwei Tage zu gedulden, bis ich 
meine Monatsgelder einkassiere. Ich habe wohl Ihrem 
Hausmeister, den Christof, gleich beim Einziehen gesagt, 
daß ich meinen Zins immer erst zwei Tage nach dem 
Viertel zu zahlen im Stande bin, aber der Unhold ver¬ 
langt von mir für die 48stündige Verzögerung jedesmal 
10 Kronen, und das ist mir zu viel, denn ich bin ein 
armer Mann. 
Der Christof, als Hausherr, ist empört über die 
Äußerung des Privatlehrers und sagt: Herr Fellner, 
wenn Sie eine Gefälligkeit von mir haben wollen, so 
schimpfen Sie nicht über meinen Christof, denn das ist 
ein braver uneigennütziger Mensch wie es keinen 
dem Andenken seiner Verstorbenen entgegenbringt und 
daß man auch keine Kosten scheut, die Grabhügel der 
Lieben mit stimmungsvollen Denkmälern zu schmücken. 
Unter den neuen Grabsteinen am Linzer Friedhof sind 
dermalen nur einige hervorzuheben, die aus dem Kunst¬ 
atelier von A. Linser & Söhne stammen. Auffallend 
ist die jetzige reine Instandhaltung der Gehwege sowie 
die bequemen Zugänge zu den Gräbern am ganzen 
Friedhofterrain, angeordnet und bewerkstelligt durch den 
Friedhof-Instandhalter und Totengräbermeister Herrn 
Josef Zauner. Auch die Gräber sind sorgfältiger ge¬ 
pflegt, worauf der Genannte strenge Aufsicht übt. Durch 
diese Ordnung und Reinheit ist es Jedermann leicht, die 
Grabstätte, die er sucht, aufzufinden. Kornhoffer. 
Mangel an kleinen Wohnungen in Linz. Der 
Mangel an kleinen Wohnungen in Linz für bessere 
Familien ist bereits so fühlbar geworden, daß eine Ab¬ 
hilfe ebenso dringend wäre, wie die Herabsetzung der 
Fleischpreise. Man denke sich nur: An jedem Abende, 
wenn eine Nummer der hiesigen „Tages-Post“ zur Aus¬ 
gabe gelangt, warten zahlreiche Personen im Ad¬ 
ministrationslokal dieses Blattes auf den Erhalt einer 
Nummer, um im „Kleinen Anzeiger“ nachzusehen, ob 
nicht vermietbare kleine Wohnungen darin verzeichnet 
sind, die man sofort besichtigen muß. Ist dies der Fall, 
so wird sogleich die Wohnung aufgesucht und wenn sie 
nur halbwegs den Bedürfnissen des Suchenden ent¬ 
spricht, sofort beangabt. Kommt dann jemand eine 
Stunde später oder gar des Morgens am nächsten Tag, 
so erhält er die Antwort: „Schon vergeben“, und kann 
seine Wohnungssuche fortsetzen. Und was sind das für 
Wohnungen, die um die jetzige Zeit 14 Tage oder drei 
Wochen vor dem Mietquartale noch aufgenommen 
werden können? Solche, die kein Mensch mag, weil sie 
entweder zu hoch im Preise stehen oder folgende Nach¬ 
teile besitzen: Finstere Gassen, dritte Stockwerke, feuchte 
Wände, abgelegene Gegend, wo man eine ziemliche 
Strecke zurücklegen muß, um zu einem ordentlichen 
Kaufmannsgeschäft, zu einer Grünzeughändlerin, am 
längsten aber zu einer Kirche, Apotheke oder gar zu 
einem Arzt gelangen kann. Was bleibt also dem Sucher 
einer kleinen Wohnung übrig, als sich mit dem Gebotenen 
zweiten mehr auf dieser Welt geben kann, verstehen 
Sie mich! 
Na, na, entgegnete leise Herr Fellner, so uneigen¬ 
nützig ist er eben nicht, denn ich versichere Ihnen, daß 
man das ganze Jahr über die Hand in der Tasche haben 
sollte, will man mit diesem Schmutzian auskommen. Im 
selben Augenblicke öffnet sich die Türe und die Frau 
Rätin vom ersten Stock tritt ein, hinzusetzend: Ja, Herr 
Hausherr ich komme mich ebenfalls über Ihren Haus¬ 
meister zu beklagen, denn das ist ein unverschämter 
Mensch, wegen dem ich auch meine Wohnung sofort 
kündige. Denken Sie sich, erst gestern bin ich daraufge¬ 
kommen, daß meine Dienstboten Zucker, Kaffee, Mehl, 
weiß Gott was alles hinab zu ihm schleppen, um wahr¬ 
scheinlich in Kommune einen Schmausabend abzuhalten. 
Das ist nicht wahr! ruft Christof, Sie tun dem armen 
Teufel unrecht, er ist ein genügsamer Mensch, der sich 
mit Dienstboten gar nicht abgibt. 
Entschuldigen Sie, ruft erzürnt die Frau Rätin, ich 
weiß was ich rede, ich ziehe aus, punktum. Ich auch, 
spricht der eintretende Gargon, wenn ich um 11 Uhr 
nachts heimkomme, so muß ich froh sein, um 1 Uhr in
	        
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