Volltext: XIV. Jahrgang, 1909 (XIV. JG., 1909)

XIV. Jahrgang, Nr. 11. 
Llto ur tlUHGflUtlUHGHCtlOIIUt»QIIUtlQltG0GtlUl»wl»WI«GHW'lim<* •KJI»0»lttt(U«tWMüllGttUt*0H0 
Linz, 1. Juni 1909. 
Oberösterreichische Bauzeitnng 
Zeitschrift für Bauwesen 
Organ des „Vereines der Baumeister in Oberösterreich“. 
Redaktion und Administration: Buchdruckerei C. KOLNDORFFER, LINZ, Pfarrplatz Nr. 17. 
Man pränumeriert auf die ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG: 
ganzjährig mit K 20.— [ ganzjährig mit . K 16 
halbjährig . . „ 10.- { halbjährig . . . „ 8 
vierteljährig . „ 5.— L0K0 I vierteljährig . . „ 4 
=rr-~~= Preis einzelner Nummern K 1*—. ===== 
für die 
Provinz 
Erscheint am 1. und IS. 
Jedes Monat. 
>tCi*UtiettOt(etlüMGIIÜtlOIIO)lütlGttUltfc 
INSERATE und OFFENER SPRECHSAAL laut aufgelegtem billigsten 
Tarif werden angenommen: Bei der Administration der „Ober¬ 
österreichischen Bauzeitung“, Linz, Pfarrplatz Nr. 17, ferner bei 
allen größeren Annoncen-Expeditionen des ln- u. Auslandes. Eventuelle 
Reklamationen und Beschwerden direkt an uns erbeten. 
Inhalt. Das Palais von Dolma-Baghtsche und die Ufer des Bosporus 
in Konstantinopel. — Gottfried Semper. — Fürstendenkmäler einst und 
jetzt. — Lokale Baunotizen. — Baunachrichten aus Tirol, Salzburg und 
Vorarlberg. — Aus den Gemeinderats-Sitzungen in Linz. — Patentliste. 
Ausweis über die Umschreibung von Immobilien in Linz. — Angesuchte 
Baulizenzen in Linz. — Inserate. 
Das Palais von Dolma-Baghtsche und die 
Ufer des Bosporus in Konstantinopel. 
Anläßlich einer Reise durch den Orient sendet uns 
ein Freund unseres Blattes über oben bezeichneten Pa¬ 
last mit seiner herrlichen Umgebung, folgende Zeilen. 
Da es bekanntlich nur wenigen Sterblichen beschieden 
ist, das Palais in seinem Inneren zu besichtigen, so habe 
ich mich hauptsächlich auf die Szenerie des Bosporus zu 
beschränken, die Interessantes genug bietet, um hier 
angeführt zu werden. Der Bosporus, welcher in Schlangen¬ 
windungen sich etwa drei Stunden lang vom Marmara- 
Meer zum Schwarzen Meer hinzieht, hat eine durch¬ 
schnittliche Breite von einer Viertelstunde und bildet die 
herrlichste Zierde Konstantinopels. Am europäischen 
Ufer wechseln freundliche Dörfer mit zierlichen Land¬ 
häusern und prachtvollen Villen ab. Im bunten Nach¬ 
einander folgen türkische Friedhöfe mit ihren Zypressen¬ 
wäldchen, die durchaus nichts trauriges an sich haben, 
dann prachtvolle Palais, schöne Taleinschnitte und 
schattige Parks. Fast alle Paläste der Großen des 
Reiches, den Sultan mitinbegriffen, liegen längs des 
Bosporus. Aber auch eine Reihe der städtischen Be¬ 
festigungen krönt diese friedlichen Höhen, und zwar an 
beiden Ufern, zum Beweise dessen, daß dieses Paradies 
der energischesten Verteitigung bedarf, um nicht in die 
Hände derer zu fallen, die schon gar lange lüstern dar¬ 
nach sind. Ich will im nachstehenden die bedeutenderen 
und merkwürdigen Örtlichkeiten längs des Bosporus 
schildern und beginge dabei am europäischen Ufer, wie 
solche von Süd nach Nord folgen. Vom Stambul aus¬ 
gehend, folgt zuerst die Vorstadt Top-Hane mit ihrer 
Verlängerung Pyndykly, sodann Dolma-Baghtsche mit 
dem gleichnamigen Palais des Sultans, dessen Bau und 
innere Einrichtung bei 50 Millionen Franks gekostet hat. 
Im Inneren dieses Palastes soll ein unsagbarer Luxus 
herrschen; nicht aber das Gleiche kann man bezüglich 
guten Geschmackes sagen, auch nicht an der Auswahl. 
Berühmt sind in diesem Palast die Kuppeln der Vorhalle, 
welche mit Rubinglas gedeckt sind und etwas nördlicher 
liegt das berühmte „Tal der Rosen“, hier war auch im 
Jahre 1096 das Lager der Kreuzfahrer unter Gottfried 
von Bourbon. Panarköi, der letzte nördlich gelegene 
Ort am europäischen Ufer des Bosporus, daneben das 
sogenannte Genuesensohloß Rumili-Kavak, dem auf der 
asiatischen Seite das Fort Anadoli-Kavak entspricht. 
Wenden wir mit dem Schiffe um, so kommen wir an 
dem asiatischen Leuchtturm von Anadoli-Panas vorbei. 
Es folgt Unkkiar, ein Lieblingsaufenthalt des ehemaligen 
Sultans Abdul-Aziz. Nach mehreren kleinen Orten folgt 
das den Bosporus beherrschende Schloß Anadoli-Hissar, 
welches zugleich als Staatsgefängnis dient. In Begler- 
Beg, eines der größten Palais der Sultane, sind wir gerade 
wieder gegenüber von Dolma-Baghtsche angelangt. Wir 
überqueren den Bosporus und halten uns nochmals bei 
diesem Palais auf. Es ist das größte der Marmorschlösser, 
die sich in den Fluten der Meerenge von der Serailspitze 
bis zum Schwarzen Meere spiegeln. Die Front, zwei 
Kilometer lang, blickt auf Asien hinüber und schimmert 
schon aus weiter Ferne im glänzendsten Weiß, welches 
einen belebenden Kontrast zum blauen Meere und dem 
dunklen Grün der umliegenden Hügel bildet. Der Palast 
entstand nicht auf einmal, auch nicht nach einem ein¬ 
heitlichen Plane, sondern jeder Sultan baute an demselben 
weiter. In der liebenswürdigsten Verquickung fanden 
wir da maurischen, griechischen, gotischen, türkisch¬ 
armenischen Stil und italienische Renaissance durch¬ 
einander gewürfelt. Eigentlich ist dieser Palast eine 
kleine Stadt für sich und kann zehn fürstliche Haus¬ 
haltungen in sich beherbergen, ohne daß eine die andere 
stören würde. Es ist aber merkwürdig, daß alle diese 
zusammengewürfelten Baulichkeiten doch keinen unan¬ 
genehmen Eindruck machen, breite Marmorstufen führen 
von den Vorhallen bis an den Wasserspiegel hinab, wo 
die Kaiks an die Treppenabsätze anlegen. Alles ist 
frisch, weiß, und glatt, als wäre das ganze Schloß ein 
Neubau und jeder Teil ist von üppigem Grün umgeben, 
das die Örtlichkeit so überaus freundlich macht. Das 
Innere zu schildern, genüge wohl der Raum eines Bandes, 
aber nicht der eines Artikels. A. F. H. 
Gottfried Semper. 
(Erinnerung an seinen BO. Todestag.) 
Am 15 Mai 1879 starb in Rom Gottfried Semper, einer 
der genialsten Baumeister des vorigen Jahrhunderts, zu¬ 
gleich einer der reinsten Kritiker und geistreichsten Schrift¬ 
steller über ästhetische Fragen in Kunst und Kunsfgewerbe. 
Semper hat, wie wenige Architekten, Gelegenheit gefunden, 
sein künstlerisches Genie in einer ganzen Anzahl von 
großen Prachtbauten zu bewähren, welche alle die 
unbestrittenste Anerkennung und Bewunderung gefunden
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.