Volltext: XIV. Jahrgang, 1909 (XIV. JG., 1909)

Seite 66. 
Ober österreichische Bauzeitung. 
Nr. 9. 
Einteilung und Ausbildung selbstredend für jedes Zimmer 
besonders bestimmt werden. Die Abmessung und die 
künftige Benützung jedes Raumes, die Lage der Türen 
und Fenster fordern von vorneherein Berücksichtigung. 
Will man das nicht, will man mit einer Schablone für 
alle möglichen Räume auskommen, dann unterläßt man 
freilich besser die Anwendung eines so edlen Materials, 
wie das Holz es nun einmal ist. Denn nichts sieht schlechter 
aus, als wenn die Höhe der Fensterbrüstungen in keiner 
Weise mit den Wandtäfelungen stimmen will, wenn die 
Türen, wie sie eben liegen, ohne organischen Zusammen¬ 
hang in jene einschneiden, wenn in den Zimmerecken 
die Füllungen plötzlich halb so breit sind, wie in den 
Wandfluchten, weil die Schablone eben für diese Länge 
gerade nicht gepaßt hat. Dergleichen Roheiten verträgt 
das Holz nicht. Will man Wandpaneele mit kräftigem 
Gesims anordnen, so muß man schon beim Entwürfe auf 
manches achten, 0. B. den Abschluß des Gesimses in den 
Fensternischen; denn wenn dasselbe in die Nische hinein 
geführt werden soll, muß diese um die Ausladung des 
Gesimses breiter angelegt werden, damit das Fenster 
aufschlagen kann; es muß, wie schon oben angedeutet 
wurde, die Höhenlage des Fenstergesimses so gewähit 
werden, daß sie mit der Ausbildung der Paneele nicht 
einen unlösbaren Widerspruch bildet u. s. f. Wenn aber 
diese Rücksichten von vorneherein beobachtet werden, 
so kann tatsächlich mit den einfachsten Mitteln eine 
befriedigende Wirkung erzielt werden. 
Man führt gegen die Anwendung der Wandpaneele 
an, daß sie dem Ungeziefer und dem Schwamm Vorschub 
leisteten. Indessen ist dieser Einwand bei sorgsamer Arbeit 
hinfällig. Gegen kleineres Ungeziefer schützt schon genaues 
Zusammenarbeiten derFugen, gegen Mäuse die Verkleidung 
der Luftlöcher mit Gitterchen. Gegen den Schwamm 
dienen eben diese Luftlöcher, die einen Umlauf der Luft 
zwischen Holz nnd Mauer ermöglichen, die Befestigung 
der Rahmen auf vorspringenden Dübeln, endlich ein 
Anstrich der Rückseiten des Holzes mit einem geruch- 
freien antiseptischen Mittel. 
Nächst den Wandbekleidungen sind es die Decken, 
bei denen mit Holz eine außerordentlich gute Wirkung 
erzielt werden kann. Auch hier ist es keineswegs nötig, 
besonders reiche und kostspielige Arbeit zu wählen. Eine 
durchwegs kassettierte Decke mit auf Gehrung zusammen¬ 
geschnittenen Profilen ist natürlich nicht billig, aber auch 
für viele Räume zu schwer, zu reich. Einfachere und weit 
billigere Ausführungen sind für die meisten Wohnräume 
z.u empfehlen. Schon die bloße Bretterdecke, deren Fugen 
durch mit einem einfachen Rundstabe profilierte Leisten 
verdeckt sind, gewähren einen freundlichen und jedenfalls 
weit gediegeneren und behaglicheren Eindruck als die 
Mehrzahl unserer geputzten, mit Schablonenmalerei ver¬ 
sehenen Decken. Doch wird natürlich dieser Eindruck 
sehr erhöht, wenn auch Balken oder Unterzüge sichtbar 
und einfach, aber kräftig profiliert werden. 
Daß für Fußböden aller Art, wenigstens in Wohn- 
räu.men, das Holz das beste und schönste Material ist, 
wird niemand bestreiten wollen; selbst das noch so kunstvoll 
gemusterte Linoleum, Xylolith und wie die Belagstoffe 
heißen mögen, kann nicht entfernt, mit der soliden Pracht 
eines eichenen oder buchenen Riemenfußbodens wetteifern. 
Hierüber Worte zu verlieren, wäre zwecklos. 
Daß man den Holzfußboden in Räumen, die der Nässe 
leicht ausgesetzt sind, in Küchen und Badestuben, besser 
durch Steinboden ersetzt, ist ebenso selbstverständlich. 
Wenn sich in solchen Fällen die Fehler des Holzes, seine 
Empfänglichkeit für Fäulnis und Schwamm zeigen, so 
kann man das doch nicht dem Holze vorwerfen. Die falsche 
Verwendung trägt allein die Schuld. 
Was vorher von den Wandpaneelen gesagt wurde, 
daß dieselben von vornherein beim Entwerfen durch¬ 
gearbeitet werden müßten, gilt noch von einem anderen 
Teil unseres inneren Ausbaues, bei dem das Holz fast als 
einziges Material in Betracht kommt, von den Türen. 
Leider werden die inneren Türen heute meist nach einem 
oder zwei Schernaten behandelt und nur in wenigen Fällen 
für den Raum, dem sie bestimmt sind, besonders ent¬ 
worfen. Gewöhnlich wird nur die Frage vom Entwerfenden 
gestellt, ob hier eine ein- oder zweiflügelige Tür gewünscht 
werde; für alle einflügeligen wird dann dasselbe Maß 
eingeschrieben und für alle zweiflügeligen ebenso: danach 
erfolgt dann die Ausführung, womöglich noch so, daß 
die Türen fix und fertig aus großen Fabriken bezogen 
werden. Die Folge davon ist, daß man nur zu oft Türen 
sieht, die gar nicht zu den Verhältnissen des Raumes, in 
dem sie sich befinden, passen. Einige Schwierigkeiten 
gibt es ja hier stets, da die Tür in zwei oft recht ver¬ 
schiedenen Räumen erscheint: wenn ihre Abmessungen 
für den einen gut abgewogen sind, so passen sie für den 
anderen Raum vielleicht nicht. Das ist nicht zu ver¬ 
meiden und dieser Konflikt kaum zu lösen: der Haupt¬ 
raum muß dann eben maßgebend bleiben, der andere sich 
unterordnen. 
Dennoch vermag ein geschickter Architekt den 
Widerspruch zu mildern und durch andere Ausbildung 
der Verkleidung und Verdachung sehr wohl die Türe für 
jeden Raum erträglich auszubilden. Aber das ist natür¬ 
lich nur möglich, wenn die Türe gezeichnet wird, ehe 
man sie bestellt; Fabriksware paßt oft für keinen der 
in Frage kommenden Räume. 
Unser Publikum verlangt heute meist zweiflügelige 
Türen, die angeblich „vornehmer“ aussehen sollen als 
einflügelige; und leider geben unsere Architekten diesem 
törichten Verlangen nur zu oft nach. Infolgedessen 
quälen wir uns 364 Tage im Jahre damit, uns durch un¬ 
verhältnismäßig enge Türöffnungen zu zwängen, nur um 
einmal im Jahre etwa bei einem hohen Feste den „gro߬ 
artigen“ Anblick der ganz geöffneten Flügeltür zu ge¬ 
nießen. Die zweiflügelige Tür hat aber offenbar doch 
nur da einen Sinn, wo der eine Flügel zu schwer sein 
oder durch seine Breite beim Aufschlagen lästig er¬ 
scheinen würde. Beides ist für Türen bis zu 1’20 Meter 
Weite aber sicherlich nicht der Fall und für unsere 
Wohnräume brauchen wir weitere Türöffnungen nicht; 
für Säle ist das etwas anderes, da sind Türen von 1*50 
bis 1*80 Meter erforderlich, und diese müssen als zwei¬ 
flügelige konstruiert sein. 
Die einflügelige Tür ist für Wohnräume nicht nur 
praktischer, sondern auch schöner; denn wenn Türen 
mäßiger Breite als Flügeltüren ausgebildet werden, ge¬ 
raten deren Flügel zu schmal und infolgedessen werden 
die Füllungen verzerrt und die Profile schwächlich. Diese 
Flügel sehen immer etwas schwindsüchtig aus. An der 
einflügeligen Türe kommen die breiten Flächen der Fül¬ 
lungen ebensogut zur Geltung wie die Profile, denen Raum 
zur kräftigen Entwicklung gegeben ist. Auch kann die 
Anordnung der Füllungen, die Teilung der Tür weit 
mannigfaltiger bei der einflügeligen gestaltet werden als 
bei der zweiflügeligen mit dem ewigen Einerlei der 
Sechs- oder Achtfelderteilung.
	        
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