Volltext: XIV. Jahrgang, 1909 (XIV. JG., 1909)

Seite 26. 
Oberösterreichische Bauzeitung 
Nr. 4. 
menhang haben, so daß Erdstöße das Ganze wohl ver¬ 
drücken und verschieben, nicht aber ohne weiters in 
sich Zusammenstürzen lassen. Werden somit auch solche 
Gebäude durch heftige Erdstöße mehr oder weniger aus 
den Fugen gebracht und beschädigt, so sind doch die 
in dem Gebäude von der Katastrophe überraschten 
Menschen in einer weit geringeren Gefahr, erschlagen 
oder lebendig begraben zu werden, als in einem der 
üblichen, unsolid gebauten Steinhäuser. Der Einwand, 
hölzerne Fachwerkshäuser eigneten sich nicht für städ¬ 
tische Zwecke, weil sie zu feuergefährlich seien, ist nicht 
stichhaltig, denn die Bautechnik verfügt über ausreichende 
Mittel, das Holzwerk durch feuersicheren Verputz so zu 
verkleiden, daß die Feuersgefahr eher kleiner als größer 
ist, als bei der sonst üblichen Bauweise. Wenn sich die 
angegebene Bauweise vornehmlich für kleinere Wohn¬ 
gebäude empfiehlt, so wird man für umfangreiche, viel¬ 
geschossige und monumentale Bauten auf den Steinbau 
nicht gut verzichten können. Aber auch hier gibt die 
moderne Technik Mittel an die Hand, selbst die größten 
Steinbauten so herzustellen, daß sie ein zähes Gefüge 
besitzen. Diese Bauweise ist der Eisenbetonbau. Bei dem 
gewöhnlichen Steineisenbau sind Stein und Eisen so zu 
sagen nur äußerlich miteinander verbunden, indem ein¬ 
zelne Konstruktionsteile aus Eisen, andere aus Stein 
bestehen. Die Folge davon ist, daß durch heftige Er¬ 
schütterungen die Stein- und Eisenteile sich voneinander 
trennen können; ein besonderer Nachteil beruht aber 
darin, daß bei heftigen Bränden das Eisen sich bald so 
stark ausdehnt, daß die Mauern auseinandergesgrengt 
und zum Einsturz gebracht werden. Dem gegenüber iöt 
der Eisenbetonbau dadurch charakterisiert, daß der Beton 
(also das Steinmaterial) und das Eisen nicht an- sondern 
ineinander gefügt sind, nicht neben- sondern mit¬ 
einander tragen. Die einsernen Träger, Stäbe und 
Drähte sind vollkommen in den Beton eingebeetet und 
von ihm gegen Feuer geschützt. Wände, Decken, Treppen 
und Dachgespärre sind nicht aneinander gefügt, sondern 
durch ein systematisch angeordnetes inneres Gerippe 
und Netz aus Eisen mit einander verbunden. 
Die Verbindung von Stein und Eisen bei Eisen¬ 
betonbau ist eine so innige, wie bei einem Tierkörper 
die Verbindung zwischen Knochengerüst, Sehnen und 
Muskeln. In San Francisco haben sich solcherart her- 
gestellte Gebäude vorzüglich bewährt, ganz besonders 
auch dem Feuer gegenüber. Während der innere Feuer 
fangende Ausbau ausbrannte, blieb das Gebäude als 
solches unversehrt und konnte bald wieder in Benützung 
genommen werden. In vielen Fällen wird es sich in von 
Erdbeben bedrohten Gegenden auch empfehlen, die 
Außen- und Zwischenmauern der Gebäude nicht getrennt 
zu fundieren, sondern auf eine einzige zusammenhängende, 
durch Eiseneinlagen verstärkte und dadurch biegungsfest 
gemachte Betonplatte zu setzen. So fehlt es, wie die 
„Leipziger Zeitung“, aus der wir vorstehenden Aufsatz 
entnehmen, der Technik nicht an Mitteln, Erdbeben¬ 
katastrophen in ihrer verheerenden Wirkung etwas ab¬ 
zuschwächen und wenigstens dem massenhaften Verluste 
an Menschenleben einigermaßen vorzubeugen. cl. r. 
Die künstliche Beleuchtung in der Schule. 
Wie die Gesundheitspflege im allgemeinen ein Kind 
der modernen Technik ist, so weichen im besonderen 
auch die ersten Spuren einer geregelten Schulhygiene 
nur eine kurze Spanne Zeit zurück. Der Erkenntnis der 
Notwendigkeit einer zielbewußten Gesundheitstechnik hat 
auf dem Fuße die Einsicht folgen müssen, daß gerade 
bei der Erziehung der Kinder die geeignetsten Vorsichts¬ 
maßregeln zu treffen, die wichtigste Aufgabe sein und 
bleiben muß. 
Wohl niemand unterschätzt aber heutzutage die Be¬ 
deutung, welche die Beleuchtung von Räumen hat, in 
denen die noch leicht veränderbaren Sehorgane der 
Kinder angestrengt werden. Der Mangel einer genügenden 
Beleuchtung in den Schulen bildet ja auch die Haupt¬ 
ursache der Schulkurzsichtigkeit, indem er zu große 
Annäherung des Auges an das Buch und damit die 
Überanstrengung des Akkomodations-Vermögens, sowie 
starke Konvergenz der Augenaxen bedingt. Bei Tage 
wird deshalb auf die genügende und in richtiger Weise 
durchgeführte natürliche Beleuchtung zu sehen sein. Da, 
wo der Unterricht auch des Abends nicht zu umgehen 
ist, tritt jedoch die Frage nach passender künstlicher 
Beleuchtung in den Vordergrund. Die letztere aber so 
einzurichten, bezw. zu vervollkommnen, daß uns der 
Unterschied zwischen Natur und Kunst immer weniger 
bemerkbar wird, ist das der Beleuchtungstechnik gesteckte 
Ziel. Und die Schule, in der ja das jugendliche Auge 
zu arbeiten gezwungen, nicht aber in der Lage ist, sich 
in einem Halbdunkel auszuruhen, hat wohl das größte 
Anrecht auf eine ausgiebige Berücksichtigung. 
Noch vor 25 Jahren etwa steckte das ganze Be¬ 
leuchtungswesen in den Kinderschuhen und erst der 
Neuzeit war es „.Vorbehalten, Wandlungen zu schaffen, 
welche die früheren Verhältnisse mit noch grelleren 
Farben illustrieren. Die ständig und in erstaunlicher 
Weise erfolgte Ausbreitung der Kurzsichtigkeit und 
deren Folgen sind zweifellos zum großen Teil auf die 
bisherigen mangelhaften Beleuchtungsverhältnisse unserer 
Schulen zurückzuführen, deren übler Einfluß noch 
durch die an die Jugend gestellten, bis zum Überfluß 
gesteigerten Anforderungen reichliche Unterstützung 
gefunden hat. Betrachten wir aber das viele Lernen als 
ein durch unsere gesellschaftlichen Verhältnisse gegebenes 
Muß, die Zuhilfenahme der Abendstunden zum Unterricht 
als eine namentlich im Winter nicht mehr zu umgehende 
Notwendigkeit, so haben die mit der Erziehung der 
Kinder betrauten Personen ihr Augenmerk auf gedeihliche 
Zustände zu richten, um so mehr, als die Technik von 
ihrem heutigen Standpunkt aus wesentliche Vervoll¬ 
kommnungen zu bieten vermag. 
Von der Lichtquelle verlangen wir zunächst, daß sie 
die Subsellien, die Schul-Tische, in ausreichendem Maße 
erhelle. Als Norm hierzu ist eine Helligkeit von zehn 
Normalkerzen aufzustellen, also eine Leistung, welche 
zehn Stück brennender Kerzen (sechs aufs Pfund) in 
nächster Nähe entwickeln; nur an ausnahmsweise be¬ 
nützten Stellen darf dieser Betrag auf drei Normalkerzen 
herabgesetzt werden, wenn die vorhandenen Mittel es 
nicht anders gestatten. Es ist dies eine Forderung, 
welche die Stearin- und Wachskerzen schon aus peku¬ 
niären Rücksichten unmöglich macht, abgesehen von 
anderen, später zu berücksichtigenden Umständen. Wo 
nicht anders möglich, würde zu gut konstruierten 
Petroleum-Lampen gegriffen werden müssen, welche 
allerdings eine besondere Sauberkeit beim Betrieb nicht 
für sich beanspruchen können. Das Steinkohlengas und 
der elektrische Strom ermöglichen aber heutzutage, eine 
Beleuchtung zu erzielen, welche den oben gestellten
	        
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