Volltext: XIV. Jahrgang, 1909 (XIV. JG., 1909)

Seite 180. 
Oberösterreichische Bauzeitung 
Nr. 22. 
barocken Spielereien. Desto angenehmer ist es, dem Treiben 
der Badenden am Strande zuzuschauen. 
An schönen Prauengestalten ist im Giardino publico 
wie auf der Promenade des Anglais kein Mangel; wir 
sehen ausnahmsweise nicht hin, sondern betreten wieder 
die Allee des Quai Massena, um sonstige Schönheiten 
Nizzas kennen zu lernen. Der Paglione hat ein breites, 
nach Ablauf des Alpenwassers fast trockenes häßliches 
Bett; beiderseits mit gußeisernen Geländern und Ufer¬ 
mauern eingefaßt, welche zu zahlreichen bunt aufgemalten 
Reklamen Platz bieten. Beide Ufer sind von schönen 
Alleen und Straßen begleitet, einerseits mächtige Palmen, 
anderseits ein oben gewölbeartig geschlossener Laubgang 
haushoher Platanen, deren Kronen als dichte, weitgespannte 
Schirme die Spaziergänger vor den Sonnenstrahlen erfolg¬ 
reich schützen. Sieben Bogenbrücken, zwei eiserne und 
fünf steinerne, verbinden die beiden Ufer des Paillon. 
Zwischen zweien dieser Brücken ist auf dem überwölbten 
Flusse der Square Massena angelegt, eine reizende Garten¬ 
anlage, die durch die Statue des Generals Massdna aus¬ 
gezeichnet ist. Das Postament ist von Marmor,-die Figur 
des Generals sowohl wie diejenige der Klio, welche den 
Namen des Gefeierten auf die Tafel der Geschichte 
schreibt, sind von Erz und mit einer überaschend schönen, 
grünen Patina überzogen. 
Wir verfolgen den Weg vom Square Massena aufwärts 
am linken Flußufer zur Allee. Dieselbe endigt am Square 
Garibaldi, früher Spuare Napoleon geheißen, einem von 
Kolonnaden umgebenen, rechteckigen Platze, dessen Mittel¬ 
punkt durch einen Springbrunnen mit 20 Meter weitem 
Marmorbassin geschmückt ist. Von hier führt die Rue 
Segurane an den Fuß des Schloßberges, einer prächtigen 
bewachsenen Anhöhe, die man auf bequemen Fahr¬ 
straßen oder Fußwegen ersteigt. Aus Aloen, Palmen 
Zypressen in mächtigen, schönen Exemplaren besteht 
hier die Waldung; Rosen und Kakteen wachsen in Menge 
wild an den Felsrändern der Wege. Oben findet man eine 
bewohnte Schloßruine mit umfriedigten Gärten, belebt 
von Pfauen und Tauben. Die vordere Platte des Berges 
an dem steil ins Meer fallenden Abhange ist leider noch 
wüst und ungeordnet, sie ist den Winden preisgegeben 
und daher Rauba-Capeu (Huträuber) genannt. Aber die 
Aussicht von der Kuppe ist großartig; auf der einen Seite die 
Stadt mit den buntbelebten Quais, auf der anderen Seite 
der Hafen, Limpia geheißen, eine bedeutende Anlage 
neueren Datums mit neuen Molen und hohen Wellen¬ 
brechern, deren Brustmauern und Leuchttürme weit ins 
Meer gestreckt sind. Landeinwärts schaut man üher das 
ausgedehnte Tal des Paglione, dessen Berghänge mit 
Landhäusern bedeckt sind, in der Ferne die Klöster 
Oimella und St. Pons, die Berge Monto Oalvo und 
Aspromonte und die Kette der Alpen ; seewärts die blaue 
endlose Wasserfläche, die Inseln de Lerins, die Vorgebirge 
von Ant.ibes und von Villafranca mit den interessanten, 
von Zinnen und Türmen malerisch überragten Kasernen¬ 
bauten des Fort Montalban. 
Die Altstadt zu unseren Füßen auf der linken Seite 
des Paillon mit dem typischen italienischen Kirchturm 
haben wir noch gar nicht kennen gelernt. Dorthin führt 
uns nun der Weg. Die alte Stadt Nizza nimmt die Fläche 
ein vom Fuße des Schloßberges bis zum linken Paglioneufer. 
Der Unterschied gegen die neue Stadt der Fremden auf 
dem rechten Flußufer ist höchst charakteristisch. Dort 
breite Makadam- und Zementstraßen mit schönen Trot¬ 
toirs, Baumreihen und Vorgärten, sogar in bezug auf die 
Kandelaber, Bänke. Laufbrunnen und Trottoirinseln genau 
den Pariser Mustern nachgebildet; hier enge, steile Gassen, 
zuweilen mit Treppen abwechselnd, nicht ganz so eng 
und so hoch umbaut wie in Genua, mit diagonalen Marmor¬ 
platten belegt, die zwischen den Tramwaygeleisen mit 
riemenförmigen Marmorstreifen oder länglichen Pflaster¬ 
steinen abwechseln. Eine eigentümliche Bauanlage findet 
sich am Meeresufer der Altstadt, der sogenannten Pro¬ 
menade du Midi, welche über die Mündung des Paglione 
hinüber die Fortsetzung der Promenade des Anglais 
bildet. Es sind zwei parallele, einen Zwischenhof um¬ 
schließende Reihen Läden untergeordneter Art, von 
welchen die eine die Flucht der Seepromenade, die andere 
die Flucht einer Stadtstraße, der Promenade du Cours 
bildet. Uber beiden Ladenreihen liegen zwei mächtig 
ausgedehnte Terrassen, die man auf Freitreppen ersteigt. 
Ehemals muß dies, nach den Säulenstellungen der Tor¬ 
durchfahrten, den monumentalen Brüstungen und der 
reichen Marmorverwendung zu urteilen, eine glanzvolle 
Anlage gewesen sein. Gegenwärtig sind die Terrassen 
verödet, die Läden und der Binnenhof schmutzig und 
alle Bauteile schlecht unterhalten. Die fashionable Welt 
hat sich eben westwärts gezogen auf das andere Ufer des 
Paglione; die Präfektur, ein stattliches Gebäude mit Pal¬ 
menvorgarten an der Promenade du Cours, die Banque 
de Francs und das Theatre imperial an der Promenade 
du Midi zeugen noch von der alten Bedeutung dieses 
Stadtteils. In der Nähe liegt am Paglioneufer der Halb¬ 
kreisplatz Charles Albert, wo die Pferdebahn bereit steht, 
uns über die Place Massena zurückzuführen zum Bahn¬ 
hofe. Wer Geld und Zeit hat, bleibt aber in Nizza. Denn 
nicht allein an der Promenade des Anglais, sondern auch 
auf dem Boulevard Dubouchage, einer Querstraße der 
Avenue de la Gare, wo die Galerie des beaux Arts als 
monumentales Gebäude mit Marmorsäulenhalle neu erbaut 
ist, auf dem Boulevard Carabacel und manchen anderen 
eleganten Straßen gibt es einladende Villen und an¬ 
genehme Wohnhäuser in Auswahl; und in den Prome¬ 
naden kann man auf hübschen Täfelchen, die entweder 
neben den Wegen fest aufgestellt oder an einer von 
Baum zu Baum quer über den Weg gezogenen Schnur 
aufgehängt sind, täglich lesen, was im Theatre francais 
oder im Jardin public oder am Strande Verlockendes 
geboten wird. 
Lokale Baunotizen. 
Zur Errichtung einer Auktionshalle in Linz. Zu¬ 
folge der Notiz in der letzten Nummer unseres Blattes 
vom 1. d. M., daß zwei Wiener Unternehmer die Absicht, 
haben, in Linz eine Auktionshalle zu errichten, erging 
von mehreren Seiten an uns die Anfrage, ob wir nicht 
so freundlich sein möchten, die Namen dieser Herren 
Unternehmer in unserer Zeitschrift bekannt zu geben. 
Nun, wir haben keinen Grund, daraus ein Geheimnis zu 
machen und teilen den Fragestellern mit, daß der Brief, 
der uns in dieser Angelegenheit zukam, die Aufschrift 
S. Spitzer & Ko., Bauunternehmung, trug und aus 
Wien datiert war. Da unser Wiener Referent trotz eifri¬ 
gem Nachforschen eine solch benannte Bauunternehmung 
in Wien und Umgebung nicht auffinden konnte, so geht 
unsere Meinung dahin, daß wir es hier mit einer aus 
Budapest stammenden, dort verkrachten und nach Wien 
übersiedelten Firma zu tun haben, die, ohne die Linzer 
Verhältnisse zu kennen, daß das Bestehen einer ständi¬
	        
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