Volltext: XIV. Jahrgang, 1909 (XIV. JG., 1909)

Nr. 22. 
Oberösterreichiscne Bauzeitung. 
Seite 179. 
Aber auch ohne vorsätzliche Begehung, also nicht wider 
besseres Wissen, aufgestellte oder verbreitete unwahre 
Behauptungen begründen den Anspruch auf Unterlassung 
und Schadenersatz, wenn sie zu Zwecken des Wettbewerbs 
aufgestellt oder verbreitet worden sind. 
Die weiteren Vorschriften richten sich gegen den 
Mißbrauch fremder Geschäftsbeziehungen, 
den Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sowie 
die mißbräuchliche Benutzung von Mustern und Modellen, 
gegen die Bestechung von Angestellten und die Qualitäts- 
Verschleierungen. 
So ist in dem neuen Gesetz folgendes vorgesehen: 
Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe bis 
zu 5000 Mark oder mit einer dieser Strafen wird, soweit 
nicht nach anderen Bestimmungen eine schwere Strafe 
verwirkt ist, bestraft, wer im geschäftlichen Verkehre zu 
Zwecken des Wettbewerbes dem Angestellten 
oder Beauftragten eines geschäftlichen Be¬ 
triebes Geschenke oder andere Vorteile an¬ 
bietet, verspricht oder gewährt, um durch un¬ 
lauteres Verhalten des Angestellten oder Beauftragten 
bei dem Bezüge von Waren oder gewerblichen Lei¬ 
stungen eine Bevorzugung für sich oder einen Dritten 
zu erlangen. 
Die gleiche Strafe trifft den Angestellten oder 
Beauftragten eines geschäftlichen Betriebes, der im 
geschäftlichen Verkehre Geschenke oder andere Vorteile 
fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, 
damit er durch unlauteres Verhalten einem anderen 
bei dem Bezüge von Waren oder gewerblichen Leistungen 
im Wettbewerb eine Bevorzugung verschaffte. 
Wer zu Zwecken des Wettbewerbes über das Erwerbs¬ 
geschäft eines anderen, über die Person des Inhabers 
oder Leiters des Geschäfts, über die Waren oder ge¬ 
werblichen Leistungen eines anderen Geschäfts unwahre 
Behauptungen aufstellt, ist dem Verletzten zum Ersatz 
des entstandenen Schadens verpflichtet. Der Verletzte 
kann auch den Anspruch geltend machen, daß die Be¬ 
hauptung oder Verbreitung der Tatsachen unterbleibe. — 
Aus all dem Angeführten geht ohne Zweifel hervor, 
daß die gesetzlichen Bestimmungen über den unlauteren 
Wettbewerb sehr verschärft worden sind; es ist deshalb 
für jeden, der im gewerblichen Leben steht, ob er nun 
Handwerker oder kleiner Händler sei, sehr wichtig, 
sich mit den neuen Gesetzesbestimmungen vertraut zu 
machen. M. Z. 
Architektonisches aus Nizza. 
Nicht Jeder sucht um des Vergnügens willen die 
milde Luft der Riviera auf; selbst die Lust am Genüsse 
der schönen südlichen Welt fehlt hier nur zu vielen 
Fremden. Ich gehöre zu diesen nicht und hoffe, daß die 
Leser dieses Blattes einigermaßen das Bild interessieren 
möge, welches sich dem fremden Baumeister beim ersten 
Besuche Nizzas einprägt. 
Das erste was wir von Nizza sehen, der Bahnhof, 
ist ein Pariser Produkt, hervorgegangen aus den Zentral- 
Bau-Bureaux der großen Eisenbahngesellschaft Paris- 
Lyon-Möditerranee, übrigens durchaus beachtenswert und 
wirkungsvoll. Eine weit gespannte Halle, auf gegliederten 
Eisenbögen ruhend, legt sich in stattlichen Verhältnissen 
über vier Geleise und drei Perrons, an welche sich auf 
der Stadtseite mit schöner Wandarchitektur das Empfangs¬ 
gebäude anschließt. Gebogene" Mansardendächer, große 
Rundbogenfenster, sehr viele Bildhauerarbeit kennzeichnen 
das sehr ansehnliche Pariser Werk. 
Das erste Gebäude von Bedeutung an der Bahnhof¬ 
straße ist die Kirche Notre Dame de Nice, eine drei- 
schiffige Hallenkirche in französisch-gotischem Stil mit 
sehr schlanken Marmorsäulen, Chorumgang mit Kapellen 
und eingezogenen Strebepfeilern, zwischen welchen zahl¬ 
reiche Seitenaltäre und Beichtstühle Platz finden. Gegen¬ 
über dieser neuen Notre-Dame-Kirche ist ein ausgedehntes 
Gebäude, anscheinend ein Kloster, in unfreundlich roma¬ 
nischen Formen aufgeführt. 
Die Bauart der Häuser ist diejenige, welche man von 
Paris, Lyon, Marseille kennt: große Fassaden von sieben 
und mehr Fensterachsen, vier und mehr Stockwerke, 
unten Läden und Cafes, deren große Schaufenster nur 
von Hausteinpfeilern und doppelten Gußsäulen umrahmt 
sind. Das Mauer werk ist ein prächtiger Kalkbruchstein, 
Fenster- und Türstürze und Balkenlagen bestehen aus 
Eisenträgern. Baikone, welche auf massiven Steinkon¬ 
solen ausgekragt sind, laufen vielfach mit ihren Eisen¬ 
geländern in ganzer Fassadenlänge an allen Geschossen 
entlang. Die eigentliche Architektur ist meistens unbe¬ 
deutend und nüchtern. Ausnahmen rechtfertigen die 
Regel; so ist ein interessantes Gebäude in der Bahnhof¬ 
straße dasjenige, dessen unteren beiden Etagen aus Cafös 
und Läden bestehen, über denen eine breite Terasse 
liegt, hinter welche das dritte und vierte Stockwerk 
zurücktreten. Ein ähnlicher, palastartiger Bau findet sich 
am Boulevard de la Senne in Brüssel, wo die genannte 
Terrasse mit schönen Blumenbeeten und schattigen 
Lauben ausgestattet ist und den oberen Wohnungen 
als Vorgarten dient. Die Avenue de le Gare, deren Breite 
32 Meter beträgt, mündet auf die Place Massena, einen 
sich nach dem Paglione öffnenden Prachtplatz, welcher 
auf drei Seiten von Arkadenhallen und hohen Gebäuden 
umgeben ist. Die Arkaden setzen sich noch eine 
Strecke weiter in die Bahnhofstraße hinein fort, die Stelle 
der baumbesetzten Trottoirs einnehmend und die Straßen¬ 
breite auf 18 Meter einschränkend. Massena war ein 
berühmter napoleonischer General, ein geborener Nizzaner. 
Seinen Namen trägt auch die von dem Prachtplatze dem 
Flusse entlang nach der Küste hin führende Uferprome¬ 
nade, der Quai Massena. Herrliche Palmen schmücken 
diese sehr belebte Promenade und geleiten uns schattig 
bis zum Giardino publico, dem Haupt vereinigungspunkt 
der Fremden. Dieser kostbare kleine Park, dessen Pflanzen¬ 
wuchs an den Monte Carlo bei Monaco erinnert, liegt an der 
Mündung des Paglione oder Paillon ins Meer. Hier beginnt 
die in westlicher Richtung am Meeresufer sich entlang 
ziehende Promenade des Anglais, dasselbe was man,, in 
Ostende und Blankenberghe schlechtweg „Bigwe“ nennt, 
mit dem Unterschiede, daß die belgischen, StrandstraSen 
zwar prächtig angelegt' sind, aber des Pflanzensohmuokes 
gänzlich entbehren,,. Die Fahrstraße der Promenade des 
Anglais ist an der Häuserseite von schönen Vorgarten, 
am Meere von einer Allee begleitet, deren Baume auf 
einem eingezäunten Streifen südlicher Ziersträucher stehem. 
Gleich das erste sehr ausgedehnte Gebäude am Jardin 
public ist das Hotel des Anglais, mit vollständiger eiserner 
Stützenstellung und Rundbogengalerie der ganzen See¬ 
fassade entlang. Das folgende Haus ist das unvermeidliche 
Kasino; dann folgen das Hotel du Luxembourg, das 
Hotel de la Möditerranöe und aufwandvolle Wohnhäuser 
und Villen. Architektonische Schönheit ist hier indes 
wenig vertreten; es sind weiße, flache Fassaden mit
	        
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