Volltext: XIV. Jahrgang, 1909 (XIV. JG., 1909)

Nr. 20. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Seite 163. 
Absatz in der ersten Hälfte des Berichtsjahres ein sehr 
günstiger, zumal noch aus dem Vorjahre zahlreiche Auf¬ 
träge auszuführen waren. Erst in der zweiten Jahres¬ 
hälfte, besonders gegen Jahresende, flaute das Geschäft 
merklich ab. Namentlich ist in Wien der Konsum von 
Baubeschlägen wegen der geringen Bautätigkeit zurück¬ 
gegangen. Zugleich begannen die Preise vieler Artikel 
nicht unwesentlich zu sinken, was wohl hauptsächlich 
darin seinen Grund findet, daß die deutschen Schlosser¬ 
warenfabriken infolge der amerikanischen Krisis des 
dortigen Absatzes verlustigt wurden und sich mit allen 
Mitteln auf den hiesigen Markt warfen. Auch die Preise 
für Tür- und Fensteraufsatzbänder wurden um 15 Perzent 
herabgesetzt; es ist dies eine Folge des Kampfes, welchen 
das Bänderkartell gegen zwei neu entstandene Fabriken 
führt, die dem Kartell nicht beigetreten sind. Hingegen 
konnten in Schlössern und anderen Baubeschlägen die 
vorjährigen, Preise im allgemeinen behauptet werden. In 
Ungarn machte sich die heimische Konkurrenz fühlbar, 
zumal der österreichische Absatz durch die Erhöhung 
der Frachtraten beeinträchtigt wurde. Übrigens wird 
dort jetzt größtenteils zu billiger Ware gegriffen. Der 
Export wurde durch den serbischen Zollkrieg ungünstig 
beeinflußt, zumal sich dadurch die finanziellen Verhält¬ 
nisse der serbischen Importeure verschlechterten und zahl¬ 
reiche Zahlungseinstellungen erfolgten. Auch der Boykott 
in der Türkei bewirkte eine nicht unbedeutende Ver¬ 
minderung des Absatzes. Infolge der gestiegenen Lebens¬ 
mittelpreise mußten die Löhne entsprechend reguliert 
werden. Auch wurde vielfach von der organisierten 
Arbeiterschaft eine Abkürzung der Arbeitszeit erzwungen, 
ohne daß es möglich gewesen wäre, die dadurch bedingte 
Erhöhung der Produktionskosten bei den Verkaufspreisen 
zur Geltung zu bringen. 
Die Bau- und Kunstschlosserei hat sich im 
abgelaufenen Jahre nicht erholt, sie leidet noch immer 
sowohl an der starken Verminderung der Baulust als 
auch an den hohen Eisenpreisen, die sich auf die 
Konsumenten sehr schwer überwalzen lassen. Der ohnehin 
geringe Verdienst wird noch durch die kurze Arbeitszeit 
und die hohen Löhne sehr geschmälert. In kleineren 
Eisenkonstruktionen, besonders eisernen Fenstern, war 
der Bedarf etwas größer. Doch waren die erzielten Preise 
namentlich durch die vielen auftauchenden Patente, die 
einen großen Teil der Aufträge absorbieren, äußerst ge¬ 
drückt. Bessere Konstruktionen, wie eiserne Portale, 
Fassaden, wurden fast gar nicht begehrt. Würden sich 
die Wiener Architekten, so wie dies in süddeutschen 
Städten geschieht, mehr auf eiserne Schaufenster als 
auf hölzerne verlegen, so würde dies bei dem großen 
Bedarfe in diesem iU'tikel eine bedeutende Besserung 
der bestehenden Verhälnisse bringen. Der Bedarf an 
eisernen Stiegen, Glaswänden, Vordächern und Hofein- 
deckungen war sehr gering und es ist wenig Aussicht auf 
Besserung vorhanden. 
Nach Mitteilung der Wiener Schlossergenossenschaft 
war auf dem Gebiete der Bauschlosserei, welche sich 
nur auf den inländischen Markt erstreckt, ein Rückgang 
gegen das Jahr 1907 zu konstatieren. Die Ursachen hievon 
waren: die Unterbindung der Bautätigkeit infolge der 
hohen Lohnforderungen sämtlicher Bauarbeiter, mit 
welcher auch eine Verkürzung der Arbeitszeit verbunden 
war, die Kartellierung sämtlicher Baumaterialienhändler, 
die hohen Übertragungsgebühren, die geringe Baulust 
von Seite der Kapitalisten, da sich das auf ein Haus in¬ 
vestierte Kapital namentlich wegen der hohen Hauszins¬ 
steuer nicht mehr so verzinst wie in den Sparkassen 
und endlich die unsicheren Verhältnisse infolge der 
fortwährenden Streiks und Boykotts von Seite der Arbeiter- 
Durch diese Stagnation im Bauschlossergewerbe wurden 
aber auch alle übrigen Zweige des Schlossergewerbes in 
Mitleidenschaft gezogen, so daß ein Mangel an genügender 
Beschäftigung auf dem ganzen Gebiete des Schlosser¬ 
gewerbes zu verzeichnen war. Der Absatz von Schlosser¬ 
waren auf dem inländischen Markt hat auch in manchen 
Branchen stark unter der ausländischen Konkurrenz 
zu leiden gehabt; dies gilt z. B. für die Branche der 
Schloßerzeuger, für die besonders Möbel- und Sicherheits¬ 
schlösser und Möbelbeschläge in Betracht kommen; ferner 
für die Kunst-, Galanterie-, Maschinen- und Werkzeug¬ 
schlosser und schließlich auch für die Erzeugung von 
Heizöfen. Bei Absetzung all dieser Artikel war besonders 
die Konkurrenz aus Deutschland fühlbar, welche nur 
durch eine bedeutende Zollerhöhung abgeschwächt werden 
könnte. Die Wirkung unseres neuen Zolltarifes ist heute 
schon dahin zu beurteilen, daß es der deutschen Industrie 
trotz der Erhöhung des Einfuhrzolles noch immer leicht 
möglich ist, dem Österreichischen Schlossergewerbe auf 
unserem inländischen Markte Konkurrenz zu bieten. Die 
Preisbewegung während des Berichtsjahres ist als sehr 
ungünstig zu bezeichnen. Trotz des durch Kartellierung 
hervorgerufenen Steigens der im Schlossergewerbe zur 
Verwendung gelangenden Rohmateriale, wie Kohle, Eisen 
und andere Metalle und trotz der hohen Arbeitslöhne und 
verkürzten Arbeitszeit konnten infolge des Mangels an 
Arbeit nur niedrige Preise als in den Jahren 1906 und 
1907 erzielt werden. Die Zahlungs- und Kreditverhältnisse 
auf den inländischen Märkten ließen sehr viel zu wünschen 
übrig. Infolge der Unsicherheit und des Rückganges im 
Baugewerbe kamen viele Baumeister in Zahlungsschwierig¬ 
keiten. Hiedurch haben auch die Schlossermeister be¬ 
trächtliche Verluste erlitten und selbst an Kreditfähigkeit 
eingebüßt. Die Kaufkraft und Kauflust der Konsumenten 
war infolge der ehormen Teuerung, welche durch ver¬ 
schiedene Umstände wie: Kartelle, Steigerungen der 
Arbeitslöhne, Verkürzung der Arbeitszeit etc. herbei¬ 
geführt wurde, bedeutend zurückgegangen und jedermann 
beschränkte sich nur auf das Notwendigste. Bezüglich 
des Exportes berichtet die Wiener Schlossergenossenschaft, 
daß bloß einzelne Firmen Aufträge für Lieferungen ins 
Ausland erhielten und zwar nach England, Ägypten 
(Kairo) und Bulgarien, doch müßten noch bedeutend 
mehr Verbindungen gesucht werden. Rußland, welches 
für die Erzeugnisse des Schlossergewerbes ein günstiges 
Absatzgebiet wäre, hat leider zu hohe Einfuhrzölle. Die 
Genossenschaft hält es daher für wünschenswert, daß 
die Regierung, um dem österreichischen Gewerbestand 
einen Export nach Rußland zu ermöglichen, auf eine 
Ermäßigung der russischen Zollsätze hinwirkt und billige 
Frachtsätze auf den inländischen Bahnen gewährt; ferner 
tritt sie dafür ein, daß österreichische Warenkommissions¬ 
häuser in allen großen Städten Rußlands unter öster¬ 
reichischer Führung und Verwaltung errichtet werden. 
Auch auf die Förderung des Exportes nach den Balkan¬ 
staaten und nach Ägypten möchte sie das Augenmerk 
der berufenen Faktoren lenken. Bezüglich der Produktions¬ 
verhältnisse weist die Genossenschaft darauf hin, daß 
die hohen Kosten der Unfallversicherung manchen Gewer¬ 
betreibenden daran hindern, seinen Betrieb maschinell 
einzurichten, wodurch der technische Fortschritt gehemmt
	        
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