Volltext: XIV. Jahrgang, 1909 (XIV. JG., 1909)

Seite 118. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Nr. 15. 
Die bisher seit der Okkupation erzielten Resultate 
beim Bergbau sind demnach gewiß befriedigend, und 
wollen wir hoffen, daß nach und nach anderweitige 
Industrien in Bosnien ins Leben gerufen werden, zum 
Wohle und Nutzen des mit großen natürlichen Hilfs¬ 
quellen versehenen Landes, sowie zum Nutzen der 
Unternehmer. A. B. 
Die ersten Anfänge der Zeichenkunst. 
Von G. Böhaimb, Universitäts-Zeichenlehrer in Erlangen. 
Die Berichte, welche wir über die ersten Anfänge 
des Zeichnens bis heute haben, beruhen zumeist auf 
Mutmaßungen und Fabeln, welche uns von Geschichts¬ 
schreibern des Altertums erzählt werden. Es ist auch 
kaum möglich, den Erfinder des Zeichnens zu bestimmen. 
Die Annahme, daß in jedem Volke der Anfang dieser 
Kunst erfunden wurde, ist, jedenfalls die richtige und 
weil das Alter der Völker, verschieden ist, so sind diese 
auch zu verschiedenenen Zeiten auf die Erfindung der 
Kunst überhaupt geraten. 
Den rohesten Versuchen im Zeichnen sind überall 
die rohesten Versuche der Plastik vorangegangen; „denn 
auch ein Kind kann einer weichen Masse eine gewisse 
Form geben, aber es kann nicht auf einer Fläche 
zeichnen; zu jenem ist der Begriff einer Sache hinlänglich, 
zum Zeichnen aber werden viele audere Kenntnisse er¬ 
fordert. a 
Die älteren Völker machen wohl schon von dem 
Zeichnen Gebrauch zu schriftlicher Mitteilung und das 
roh gezeichnete Bild wurde ihnen ein Mittel zur Er¬ 
innerung. Um ihm Dauer zu geben, ritzten und schnitten 
sie die Figuren in Holz, Stein und Metall. 
In Ägypten blühte die Kunst bereits in den ältesten 
Zeiten; daher mag es wohl kommen, daß man einem 
Ägypter Philocles die Erfindung der Knnst des Zeichnens 
zuschreibt. Nach Plinius aber soll ein Lydier, Namens 
Gyges, die erste Zeichnung in Ägypten verfertigt haben. 
Die Gelegenheit dazu gab ein Feuer, vor welchem er 
stand, so daß er seinen Schatten an der Wand wahrnahm. 
Diesen zeichnete er mit Kohle ab und erhielt dadurch 
einen Umriß einer Figur. Auf eben diese Art fing man 
vermutlich an, die Umrisse der Menschen zuerst nach 
dem Schatten der Sonne zu zeichnen. Dieses sollen, wie 
Quintilian erzählt, zuerst die beiden Korinther Cleantes 
und Aridices oder ein Sicyonier Namens Telephanes 
getan haben und diese wurden deshalb von den Griechen, 
die alles erfunden haben wollen, für die Erfinder der 
Zeichnenkunst ausgegeben. 
Andere sind der Meinung, man habe der Liebe die 
Erfindung der Zeichenkunst zu danken. Die Dibutade, 
eines Töpfers Tochter sei auf den Einfall geraten, als 
ihr Liebhaber wegen einer langen Reise Abschied nahm 
und sie dessen Schatten durch das Licht einer Laterne 
an der Wand sah, sich dessen Bild nach dem Schatten 
mit einer Kohle abzuzeichnen, um ein desto lebhafteres 
Andenken an ihn zu behalten.*) 
*) Diese märchenhafte Erzählung finden wir hei Plinius 35, 
151 und ähnlich hei Athenegoras leg. pr. Chr. 14. 89. Diesen Umriß 
soll ihr Vater Dibutades (Budates) wegen der unverkennbaren 
Ähnlichkeit mit Ton ausgefüllt und so das erste Belief gebildet 
haben. Dieses Porträt soll sich im Nymphaion zu Korinth bis zur 
Zerstörung durch Mummius erhalten haben. 
Sogar unmittelbar von Gott und der Natur wurden 
unter Berufung auf einige Stellen der heiligen Schrift die 
Anfänge der Kunst schon abgeleitet, da Gott den Menschen 
selbst Anleitung dazu gegeben hat, wie es bei der Arche 
des Noah 1. B, Mos. 6, v. 14. 2. B. Mos. 24, v. 12, Kap 
31, v. 18 u. a. 0. zu finden sein soll. Solche Ableitung 
treffen wir auch in dem vortrefflichen Werke des Fran- 
oiscus Junius „de Pictura Veterum“ an, welches i. J. 1694 
zu Rotterdam erschien und in welchem die Nachrichten 
über die ältesten Künstler mit großer Sorgfalt zusammen¬ 
getragen sind. 
Nach demselben machte Eumarus von Athen den 
Anfang, alles, wie es in die Augen fällt, nach dem Leben 
abzubilden. Cimon, von Kleone gebürtig, war zuerst be¬ 
müht, die Verkürzungen der Figuren, die Bilder im Profil, 
die Zusammenfügungen der Glieder am menschlichen 
Leibe und in Gewändern und Kleidern die F’alten an¬ 
zugeben. Apollodorus von Athen versuchte zuerst die 
Schatten von den Körpern recht darzustellen und die 
Farben wohl zu mischen. Parrhasius war beflissen, die 
Liniamente vom Gesichte, die Nettigkeit in den Haaren, 
ja in allem eine wahre Symmetrie anzubringen, welchem 
Beispiele Lyspippus und andere nachfolgten. 
Die besten Nachrichten von ältesten Künstlern gibt 
uns Plinius im 35. Buche seiner Naturgeschichte.**) 
Ferner habe entweder der Ägypter Philocles oder der 
Korinther Cleanthes das Zeichnen von Umrissen (piktura 
linearis) erfunden. Die Malerei habe der Korinther Aridices 
und der Sykionier Telephanes zuerst geübt, obwohl noch 
ohne allen Farbenzusatz, jedoch schon mit einzelnen im 
Innern zerstreuten Schattierungen. Gewöhnlich schrieben 
sie die Namen derer, welche sie malen wollten, dazu. 
Der Erste, welcher es mit Farben und zwar, wie man 
sagt, von geriebenen Scherben, versucht hat, sei der 
Korinther Ekphantos gewesen. 
Plinius nimmt die Anfänge der Kunst lange vor der 
18. Olympiade an, da vor dieser Zeit schon Hygiainon, 
Deinias, Charmadas einfärbige Bilder verfertigt haben, so 
auch der Athener Eumaros, welcher zuerst männliche 
und weibliche Figuren unterschied. 
Zwei weitere Erfinder der Zeichenkunst nennt uns 
Athenagoras. Er legt die Erfindung des Schattenrisses 
dem Saurias von Samos bei, indem dieser den Umriß seines 
Pferdes in der Sonne umzogen habe; die Erfindung der 
Graphik dem Kraton von Sykion, indem dieser den Schat¬ 
ten eines Mannes und einer Frau auf einer geweißten 
Tafel mit Farbe angestrichen haben soll. 
Von Theophrastus wird selbst Polygnotus aus Athen 
noch als Erfinder der Malerei genannt. Chronologische 
Anhaltspunkte finden wir bei all diesen Angaben jedoch 
höchst selten, so daß bis heute noch nicht bestimmt 
werden konnte, wer am frühesten die Kunst des Zeichnens 
ausgeübt hat. 
Als sicher können wir annehmen, daß das Zeichnen, 
wie alle Kunst, bei den Ägyptern sowohl als auch bei 
den Griechen in und bei der Architektur ihrer Tempel 
seinen Anfang nahm. Doch unterlag bei den Ersteren auch 
diese Kunst den Anordnungen und Satzungen der herr¬ 
schenden Priesterkaste und mußte sich nach einem be- 
**) Unsere ganze Wissenschaft von den Epochen der Malerei 
hei den Griechen, sowie überhaupt alles, was wir in einigem 
Zusammenhang davon vernehmen, gründet sich auf das 35. Buch 
des Plinius. Wie trübe, verworren, einseitig, lückenhaft aber ist 
auch diese Komplikation! Böttigers Ideen zur Arch. d. Malerei 
S. 103.
	        
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