Volltext: XIII. Jahrgang, 1908 (XIII. JG., 1908)

Seite 154. 
Oberösterreichische Bauzeitung 
Nr. 20. 
Felder der großen Rosette in Blau, Gelb, Rot und Gold 
gehalten, das Dach des Altars ist durch einen Tambour 
unterbrochen, welcher mit reich profiliertem Gesims und 
blattartigem Fries dekoriert ist. Die Blattornamente sind 
in Gold ausgeführt, der Grund aber ist blau. Der Hinter¬ 
grund des Tambours gelb gehalten, wird unterbrochen 
von zierlichen Stäben, welche sich spitzbogenartig ver¬ 
laufen und mit Gold und roter Farbe behandelt sind. 
Die vier Seiten des Tambours sind mit Eckpilaster als 
Verkröpfung versehen. Auf dem Tambour ruht ein 
Baldachin zirka sechs Meter hoch. Der Baldachin wird 
von vier Pfeilern getragen, welche durch Dreiviertel- 
Säulchen unterbrochen werden. Die große Kuppel selbst 
enthält ein gelb-grünes Schuppendach und endet der 
First des Daches mit einem spitzartigen Aufsatz in Gold 
und Gelb. Auch die Fialen und die Kreuzblumen sind reich 
in Gold gehalten. Unter dem Baldachin steht die Statue 
der Muttergottes in Überlebensgroße, welche in rhyth¬ 
mischen Farben gehalten ist. Auf den Spitzen der 
Türmchen und dem Giebel sind Engel mit symbolischer 
Darstellung angebracht, welche in matten Farben gehalten 
sind. Über dem Baldachin erhebt sich ein Turm, welcher 
auf vier Säulen ruht, in dessen Innern die Statue Jesu 
Christi aufgestellt ist. Als Krönung des Turmes dient 
ein Engel, der das heilige Evangelium verkündet. Trotz 
der kühnen Konstruktion des Altars gelang es, die Einzel¬ 
teile desselben derartig zu bilden, daß diese aus möglichst 
wenig Stücken zusammengesetzt werden konnten. So 
z. B. wurden die vier Giebel des großen Baldachins aus 
einem Stücke gefertigt, die Einzelteile des Altars sind 
genau zugeschliffen und durch Eisenkonstruktioneil fest 
verbunden. Die großen Nischenfiguren, die Muttergottes, 
die Gestalt Jesu Christi und die übrigen Statuen etc. 
wurden von ungarischen Bildhauern modelliert. Der 
Altar, wie bereits erwähnt, ein Meisterwerk, hat bei allen 
kunstverständigen Beschauern Bewunderung hervor¬ 
gerufen und dürfte als Spezialität der keramischen Kunst 
bezeichnet werden. Kornhoffer. 
Buchführung für den Gewerbestand. 
(Von Karl Menzl in Salzburg.) 
Von dem Kleingewerbetreibenden wird der Wert 
einer Buchführung für den materiellen Erfolg des Ge¬ 
schäftsbetriebes im allgemeinen noch wenig erkannt; 
eine vollständige Buchführung war zwar zu jeder Zeit 
für den Gewerbebetrieb sehr nützlich, zur Notwendigkeit 
wurde sie indessen erst in der Neuzeit durch eine 
schrankenlose Konkurrenz, welche durch übertriebene 
Herabsetzung der Preise den einzelnen Gewerbsmann 
so oft zu Verlustgeschäften verführt. 
Hat er sich nicht eine richtige Grundlage für Be¬ 
rechnung seiner Preise geschaffen, so geben ihm die für 
den gleichen Gegenstand oft sehr verschiedenen Preise 
kein Mittel zum Absatz richtiger Preise in die Hand ; 
es kann ihm bei der Unsicherheit und Verschiedenheit 
der heutigen Preisstellung, wenn er sich nach dieser 
richtet, daraus so gut Gewinn als Verlust erwachsen, 
letzteres indessen öfter. 
Um sich dagegen zu schützen, darf sich der Ge¬ 
werbetreibende die Mühe der Schaffung einer sicheren 
Grundlage für die Preisstellung seiner Arbeiten nach 
Maßstab des jährlichen Betriebsergebnisses nicht ver¬ 
drießen lassen. 
Wohl bedient sich nahezu jeder Gewerbsmann des 
Teils der Buchführung, der ihm das Guthaben- und 
Schuldenverhältnis seiner Lieferanten und Kunden in 
Ordnung hält, weil sonst ein geordnetes Geschäft über¬ 
haupt nicht möglich ist: aber der nahezu ebenso wichtige 
Teil der jährlichen Feststellung des Geschäftsvermögens, 
die Verzeichnung aller Geschäftsvorfälle mit Kunden und 
Lieferanten in den Büchern zur Ermöglichung der Be¬ 
rechnung des Jahresergebnisses und darauf gegründet 
die Berechnung des Geschäftsbetriebes und der anzu¬ 
setzenden Preise, wird von dem größten Teil des Ge¬ 
werbestandes zu seinem großen Schaden völlig vernach¬ 
lässigt. 
Wie will ein Gewerbetreibender ohne Kenntnis seines 
eigentlichen Geschäftsvermögens, wie es sich durch jähr¬ 
liche Aufnahme erweist, ohne Kenntnis des Jahreser¬ 
gebnisses, wie es nur bei vollständiger Buchführung 
möglich ist, eine richtige Preisstellung bewirken, von der 
er sicher sagen kann, er verdient im Geschäft so oder 
so viel? Ohne beschriebene Grundlage vermag er niemals 
das Betriebsergebnis aus den angesetzten Preisen voraus 
zu sehen und weiß nicht und kann es nicht wissen, welche 
Preise er ansetzen muß, um ein bestimmtes Ergebnis zu 
erzielen: ebensowenig vermag er es zu wissen, wie weit 
er mit den Preisen herunter gehen kann, bis er die Grenze 
zwischen Gewinn und Verlust erreicht. 
Zwar ist der einzelne Gewerbsmann, sogar der ganze 
Geschäftszweig, nicht in der Lage, allgemein ungünstige 
Verhältnisse, die ein weniger günstiges Ergebnis be¬ 
wirken, zu ändern, aber er vermag, und das ist sehr viel, 
durch eine vollständige Buchführung und Preisberechnung 
den Mißstand zu beseitigen, der ihm aus Unkenntnis 
der eigenen Geschäftslage, des Verdienstes und der 
richtigen Preissfellung für Arbeiten entspringt; er ver¬ 
mag sich mit einem Wort vor Abschluß von Verlust¬ 
geschäften zu hüten. Wie sehr auch eine unvernünftige 
Konkurrenz den Einzelnen in den Preisen drücken kann, 
so weit bringt sie ihn doch nicht, daß er mit Bewußtsein 
in klarer Erkenntnis Verlustgeschäfte abschließt. — Wie 
viele solcher werden aber in der Gegenwart aus Mangel 
an Erkenntnis, welche Preise Gewinn und welche Verlust 
bringen, abgeschlossen? 
Wie manche, selbst tüchtige und sparsame Meister 
gehen in ihren geschäftlichen Verhältnissen nur darum 
immer mehr und mehr zurück und auch schließlich zu¬ 
grunde, weil sie aus Unkenntnis und durch eine schlimme 
Konkurrenz veranlaßt, ihre Preise unter die Verlustgrenze 
stellen, was sie niemals tun würden, wenn ihnen dies 
bekannt wäre. 
W7as nützt einem Meister Fleiß und Tüchtigkeit im 
Geschäft, wenn er sich auf der schiefen Ebene der Ver¬ 
lustpreise befindet? sein größerer Fleiß hilft ihm dann 
nur um so viel schneller abwärts zum geschäft¬ 
lichen Ruin. 
Wie die Erfahrungen der Jetztzeit beweisen, ist es 
heute mit der gewerblichen Tüchtigkeit im Beruf allein 
nicht mehr getan, es fehlt die Einrichtung, welche den 
Meister die Früchte seiner Arbeit ernten läßt. — Nur 
verpflichtende Minimalpreise in den verschiedenen ge¬ 
werblichen Erwerbszweigen vermögen die Schleuderpreise 
einer unvernünftigen und unwürdigen Konkurrenz zu be¬ 
seitigen. Diese können aber nur auf den Ergebnissen 
eines mittleren Geschäftsbetriebes aufgebaut werden, 
die nur durch eine vollständige Buchführung zu er¬ 
halten sind.
	        
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