Volltext: XII. Jahrgang, 1907 (XII. JG., 1907)

Seite 102. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Nr. 12. 
Wetterfahnen und Flaggenmasten. 
Bei den Wetterfahnen kommen in Betracht die Her 
stellung ihres konstruktiven Gerippes und die Befestigung 
derselben auf den Gebäuden, die Art und Weise in der 
Anbringung der Zierteile, ganz besonders aber die Anlage 
der Dreheinrichtungen und die dazu verwendeten Mate 
rialien, ferner der eventuelle Anschluß an die Blitzab 
leitung und schließlich der Schutz der Wetterfahne gegen 
Feuchtigkeit und Vereisung durch zweckmäßige Kon 
struktion ihrer einzelnen Teile, besonders der Hohlkörper 
und der Dreheinrichtung, sowie der Anstrich oder sonstige 
Uberzugsschutz der Bisenteile gegen Verrosten. 
Das konstruktive Gerippe, die Wetterfahnenstange, 
wird durchwegs nur aus Schmiedeeisen, und zwar ent 
weder aus einer verjüngt geschmiedeten Rundeisenstange 
oder aus schmiedeeisernen Gasröhren, auch Stahlrohren 
hergestellt. Die Anwendung von Röhren ist den massiven 
Bisenstangen vorzuziehen, da bei diesen nicht nur die 
mühevolle Arbeit des Verjüngens fortfällt, indem letzteres 
durch Ineinanderschrauben mehrerer Gasröhren ver 
schiedener Stärke in einfachster Weise erreicht und der 
Übergang der verschiedenen Rohrdicken durch eine 
Überschiebung verjüngter, mit Zierbunden etc. belebten 
Blechrohrstücke hergestellt wird, sondern auch eine Ge 
wichtsverringerung der ganzen Fahne ein tritt, welche für 
eine erleichterte Montierung in großer Höhe von wesent 
lichem Einfluß ist. 
Zur Begegnung des für die Wetterfahne, wie über 
haupt für alle Turmspitzen gefährlichen Winddruckes ist 
auf sehr feste und lotrechte Montierung der Wetterfahne 
auf dem Turme oder Dache Rücksicht zu nehmen. Ist 
die Turmspitze aus Holz, so wird die am unteren Ende 
mit Schraubengewinde versehene Wetterfahnenstange 
oder Rohr auf der Holzspitze lotrecht eingeschraubt und 
eine weitere feste Sicherung der lotrechten Stellung gegen 
Winddruck durch Anbringung von vier sogenannten 
Gabeleisen erreicht. Dieselben bestehen aus Flacheisen, 
sollen mindestens ein Drittel der ganzen Fahnenhöhe zur 
Länge erhalten und werden an dem Rohr oder der Stange 
angeschraubt, besser verbolzt oder vernietet und mit 
ihren unteren Enden in die Holzflächen bündig eingelassen 
und daselbst mittelst langen Holzschrauben, besser 
Schraubbolzen gut befestigt. 
Handelt es sich aber um die Anbringung einer hohen 
Wetterfahne, eines Turmkreuzes auf einem gemauerten 
Turmhelme, so muß eine besondere Befestigungsvorrich 
tung, eine sogenannte Pendelanordnung vorgenommen 
werden, welche eine Übertragung des auf die Wetterfahne 
oder das Turmkreuz ausgeübten Winddruckes unmöglich 
macht, oder doch mindestens die Stoßwirkung des Windes 
ausgleicht. Bei einer solchen Pendelanordnung wird der 
Schwerpunkt weiter nach unten verlegt, indem die Fahnen 
oder Turmstange im Helm pendelartig verlängert und 
am unteren Ende mit einem angehängten großen Gewichte 
beschwert wird. 
Die auf die eiserne Stange oder das Rohr aufzu 
schiebenden Zierteile, als Röhrenstücke, Bunde, Knäufe, 
Ranken etc. werden größtenteils aus Eisen-, Kupfer-, 
Zinkblech etc. getrieben und bei kleineren Fahnen vor 
der Montierung derselben gleich mitbefestigt, während bei 
großen, schweren Wetterfahnen am einfachsten zuerst 
die Stange oder das Rohr montiert wird und dann die 
Aufschiebung der einzelnen größeren und fertigen (ange 
strichen, vergoldet etc.) Zierteile von einer ausgehängten 
Leiter vorgenommen werden kann. Um diese Arbeit, 
sowie auch etyfaige spätere Reparaturen vornehmen zu 
können, werden an der Turmspitze, dicht am Knaufe, 
große, weit ausladende Leiterhaken angebracht. 
Zum wasserdichten Aneinanderschluß der einzelnen 
Zierteile, zur Überdeckung dienen kragenartige Um 
mantelungen aus Walzblei, indeß darf dies nur bei solchen 
Zierteilen geschehen, welche nicht in die Blitzableitung 
eingeschaltet sind. 
Zur andauernd richtigen Funktion einer Wetterfahne 
gehört die volle Beweglichkeit der Fahne, welche durch 
besondere; nicht dem Rosten oder dem Vereisen ausge 
setzte Hals- und Spitzenlager (Drehlager) von möglichst 
geringer Berührungsfläche gewährleistet wird. Dieselben 
müssen aus Kupfer, Stahl oder Bronze bestehen, wenn 
sie mit der Blitzableitung verbunden werden. Ist dies 
nicht der Fall, so können Gleitringe und Pfannen aus 
Hartguß-Messing und Glas oder in Bronze- oder Messing 
büchsen laufende Glaskugeln angewendet werden. In 
der Wetterfahne mit Blitzableitung besteht der obere 
Gleitring aus Stahl, der untere aber aus Messing; letzteres 
ist nicht unbedenklich, weil der elektrische Strom unter 
Umständen eine Lötung bewirken kann und dadurch die 
Beweglichkeit der Ringe versagt. 
Zur Vorbeugung der Blitzgefahr, welche jede höchste 
Spitze eines Gebäudes für dasselbe mit sich bringt, ist 
die Ausbildung der Wetterfahne zum Blitzableiter, be 
ziehungsweise der Anschluß an die Blitzableitung stets 
anzuraten, zumal die von vorneherein getroffene Anlage 
einer solchen sehr einfach und wohlfeil ausfällt, hingegen 
später mit vielen Umständen und Kosten verknüpft, oft 
sogar unmöglich ist. 
Bei der Wetterfahne ist die Blitzableitung derart an 
geordnet, daß die mit einer Zinkblechumhüllung voll 
ständig versehene Fahnenstange aus Rundeisen als Blitz^ 
ableiter-Auffangstange dient. Dieselbe hat eine bronzene 
Auffangspitzo mit eingelötetem geschärften Platinzylinder 
erhalten, welche am unteren Ende mit einem starken 
Kupferdraht verschraubt ist, der durch den Knauf und 
durch die in ihm enthaltene stählerne Drehpfanne hindurch 
bis auf die Eisenstange reicht und so eine ununterbrochene 
Leitung herstellt. Die Luftleitung besteht aus einem 
innerhalb des Turmknaufes an der Eisenstange ange 
schlossenen kupfernen Drahtseil. Das Gerippe, das heißt 
die Rundeisenstange, der Wetterfahne ist in allen Teilen 
mit einer an und für sich gut leitenden Kupferblech 
umhüllung versehen, so daß eine besondere Auffangspitze 
unnötig wurde. Die Luftleitung ist hier unmittelbar über 
dem Granitkopf der Turmspitze an der Kupferhülle der 
Wetterfahne angeschlossen. 
Eine sehr zweckmäßige Konstruktion des Blitzableiters 
ist die Verbindung mit der Wetterfahne (Turmhelmstange). 
Auf der rundeisernen, verjüngt geschmiedeten Helmstange 
ist oberhalb der Bekrönung eine starke kupferne Spitze 
mit Platinhülse aufgeschraubt und in dieser das 1 Zenti 
meter starke, aus 12 Einzeldrähten bestehende Kupfer 
seil befestigt. An der Helmstange ist dann von der Spitze 
aus bis unterhalb des Drehhahnes eine Nut halbkreis 
förmigen Querschnittes eingehobelt, welche zur Aufnahme 
des Kupferseiles dient. Der dann noch übrige Raum wird 
mit Lötzinn ausgefüllt, so daß die Stange wieder völlig 
rund wird und der Hahn sich auf den angebrachten 
Führungen frei drehen kann. Unterhalb des Hahnes 
zwischen den Blattspitzen verläuft die Nut, so daß der 
Draht hier wieder frei liegt und dann an der Stange und
	        
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