Volltext: XI. Jahrgang, 1906 (XI. JG., 1906)

Nr. 11. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Seite 93. 
hat und daß mit Vergrößerung der Seitenzahl die Größe 
des Umfangs stetig abnimmt, so daß er beim Kreise, 
das heißt bei einem Vieleck mit unendlich vielen Seiten, 
am kleinsten ist. Von allen Drahtstiften verursacht also 
der dreikantige die größte Reibung, besitzt also auch die 
größte Haltbarkeit. Man wird sich erinnern, daß vor 
einiger Zeit dreikantige Drahtstifte im Handel angeboten 
wurden. Aus den vorstehenden Zahlen wird der Beweis 
für die Vorzüge dreikantiger Stifte unschwer heraus 
zulesen sein. 
Für die Haltbarkeit eines Nagels sind indessen auch 
andere Faktoren maßgebend. In nächster Linie steht die 
Natur der Holzart und die Richtung, in welcher der 
Nagel eingeschlagen wird. In bezug auf den ersten Punkt 
ist es natürlich nicht möglich, allgemein gültige Gesetze 
aufzustellen, die Haltkraft muß vielmehr für jede Holz 
art durch einen besonderen Versuch ermittelt werden. 
Aus solchen Versuchen geht hervor, daß die Haltbarkeit 
im allgemeinen mit der Härte des Holzes wächst. So ist 
beispielsweise die Haltkraft in Buchenholz ungefähr zwei- 
einhalbmal, in Eichenholz ungefähr viermal größer als 
in Tannenholz. Allgemein gilt das Gesetz, daß die Halt 
kraft eine verschiedene ist, je nachdem der Nagel der 
Faser entlang oder quer zur Faser eingetrieben wird. 
Ein wesentlicher und praktisch wichtiger Punkt ist 
die Länge des Nagels. Es ist bekannt, daß die Halt 
kraft um so größer ist, je tiefer der Nagel eingeschlagen 
wird, aber sie steht niemals im geraden Verhältnisse zu 
der Länge des eingeschlagenen Teiles. Bei Nägeln, welche 
auf ihrer ganzen Länge gleichen Querschnitt haben, ist 
die Haltbarkeit geringer, als sie sein würde, wenn die 
Länge des Nagels proportional wäre. Umgekehrt wächst 
bei Nägeln, welche sich nach der Spitze zu verjüngen, 
also annähernd pyramidale oder kegelförmige Gestalt 
haben, die Haltbarkeit starker als die Tiefe, bis zu 
welcher eingeschlagen wird. Bei doppelter Länge beträgt 
bei ihnen die Haltbarkeit nicht das Doppelte, sondern 
nahezu das Dreifache, bei dreifacher Länge das Sechs 
fache, bei sechsfacher Länge häufig das Vierzehnfache. 
Es geschieht häufig, namentlich wenn man mit hartem 
Holze arbeitet und keine zu schweren Nägel anwenden 
darf oder will, daß die Nägel sich umbiegen, stauchen 
oder gar spalten. In solchen Fällen hilft man sich not 
gedrungen dadurch, daß man dem einzuschlagenden 
Nagel ein Loch vorbohrt. Es fragt, sich nun, kann man 
dies tun, ohne die Haltbarkeit des Nagels zu beeinträch 
tigen, und bis zu welcher Grenze darf man dies tun? Es 
ist klar, daß das vorgebohrte Loch nicht so tief und 
breit sein darf wie der Nagel s.elbst; anderseits ist 
aber auch klar, daß, wenn jeder Nagelteil dem nach 
folgenden ohnehin die Öffnung vorher macht, man einen 
Teil dieser Arbeit auch einem Bohrer übertragen kann 
und so den Nagel schont. Aus Versuchen hat sich er 
geben, daß die Haltkraft eines Nagels, der nach der 
Spitze zu sich verjüngt, nicht wesentlich beeinträchtigt 
wird, wenn eine Öffnung vorgebohrt wird, deren Tiefe 
gleich der Hälfte der Länge des Nagels und deren Weite 
die Hälfte des mittleren Querschnittes des Nagels ist. 
Bei zylindrischen Stiften und überhaupt bei Nägeln, 
welche sich nicht verjüngen, ist es nicht ratsam, über 
ein Drittel in der Tiefe und Weite hinauszugehen. 
Aus dem Ganzen dürfte sich somit ergeben: 1. kantige 
Nägel sind den runden vorzuziehen; 2. von den kantigen 
Nägeln haben die dreikantigen die größte Haltkraft; bei 
vierkantigen Nägeln ist die rechteckige Form der qua 
dratischen vorzuziehen; 4. die Haltkraft ist quer zur Faser 
größer als der Faser entlang; 5. Nägel, welche der Spitze 
zu sich verjüngen, haben größere Haltkraft, als unter 
gleichen Umständen solche mit überall gleichem Quer 
schnitt; 6. das Vorbohren eines Loches schädigt die 
Haltbarkeit nicht, wenn seine Tiefe und Weite bei sich 
verjüngenden Nägeln die Hälfte, bei den übrigen ein 
Drittel der Länge und Dicke des Nagels nicht über 
schreitet. „Osten'. Werkm.-Ztg “ 
Das Baugewerbegesetz. 
Mehrfache Mißstände, die sich bei Durchführung des 
Baugewerbegesetzes herausgestellt haben sollen, veran- 
laßten das Handelsministerium, dieses Gesetz einer Revi 
sion zu unterziehen. Um gutächtliche Äußerungen der 
fachlichen Vereinigungen zu erlangen, wurden dieselben 
von der Statthalterei angegangen, ihre diesfälligen Er 
fahrungen bekannt zu geben. Eine solche Einladung er 
hielt auch der „Verband der Wiener Bauinteressenten“ 
und hat dementsprechend der Vorstand des Verbandes 
in einer am 4. April 1. J. abgehaltenen Sitzung be 
schlossen, die folgende Eingabe an die Statthalterei zu 
richten: 
Hohe k. k. Statthalt er eil 
Mit Erlaß vom 16. November 1905 wurde der Verband 
der Wiener Bauiuteressent.en aufgefordert, die Erfahrungen, 
welche er bei Handhabung des Baugewerbegesetzes ins 
besondere mit Rücksicht auf die gegenwärtige Ab 
grenzung der Befugnisse der einzelnen Baugewerbe, 
beziehungsweise auf das Ineinandergreifen derselben ge 
macht hat, der hohen k. k. Statthalterei mitzuteilen. 
Dieser Aufforderung entsprechend muß der Verband vor 
allem konstatieren, daß der seit 1893 stetig fortschreitende 
Niedergang nicht nur des Baumeistergewerbes, sondern 
auch aller bei Bauten beschäftigten Gewerbe nicht zu 
leugnen ist. Es wäre aber sehr irrig anzunehmen, daß 
das Baugewerbegesetz oder die in demselben normierte 
Abgrenzung der Befugnisse der einzelnen Baugewerbe 
irgendwie daran die Schuld trage. Welch immer andere 
Abgrenzung dieser Befugnisse läge nicht im Interesse 
der Allgemeinheit, am allerwenigsten im Interesse des 
bauführenden Teiles der Bevölkerung, sondern höchstens 
im Interesse eines einzelnen Gewerbes, keinesfalls könnte 
sie aber dazu beitragen, die Bautätigkeit zu heben und 
das Baugewerbe als solches lohnender zu gestalten. 
Die Ursachen des Niederganges aller bei Bauten be 
schäftigten Gewerbe sind in ganz anderen Verhältnissen 
zu suchen. Einen wesentlichen Druck auf die lukrative 
Gestaltung derselben übt in erster Reihe die Art und 
Weise wie öffentliche Bauten sichergestellt werden. Da 
ist die Vergebung der betreffenden Arbeiten und Liefe 
rungen an den Mindestfordernden Prinzip geworden, was 
einen maßlosen Konkurrenzkampf liervorgerufen hat, 
welcher nicht nur für den Ersteher oft verhängnisvolle 
Folgen hat, sondern naturgemäß auch die Qualität der 
geleisteten Arbeit herabdrücken muß. Derselbe Konkur 
renzkampf spielt sich aber auch bei der Privatbautätig 
keit ab und nachdem der allgemeine wirtschaftliche 
Niedergang es auch dem privaten Bauherrn vorteilhaft 
erscheinen lasser* muß, von diesem Konkurrenzkämpfe 
ausgiebigen Gebrauch zu machen, ist „Billig wenn auch 
schlecht“ zur Devise geworden. Diese Verhältnisse können 
dem Baugewerbe nicht förderlich sein, aber ebensowenig 
eine andere Abgrenzung der Befugnisse der Baugewerbe.
	        
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