Volltext: XI. Jahrgang, 1906 (XI. JG., 1906)

Nr. 7. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Seite 59. 
Natur des ganzen sozialen Lebens, daß der einzelne 
nicht nur für sich allein zu sorgen hat, sondern daß 
sein Schicksal eng verknüpft ist mit dem der Gesamt 
heit, so daß er auch für das Wohl dieser zu wirken 
und zu arbeiten verpflichtet ist. Insbesondere betrifft 
dies aber jene Männer, welche über eine hohe Schulung 
des Geistes und ein umfangreiches Wissen verfügen. 
Zu diesen muß man gewiß auch uns Ingenieure 
zählen. Wir besitzen überdies für das öffentliche Wirken 
eine besondere Eignung, da unser Lebensberuf eben 
darin besteht, zum Heile der Menschheit „Fehlerhaftes 
zu verbessern, Bewährtes zu erhalten, Neues zu ersinnen“, 
und da der innige Zusammenhang zwischen der Arbeit 
des Ingenieurs und dem Gedeihen der meisten Gewerbe, 
des Handels, der Industrie, der Landwirtschaft und des 
Bergbaues und dem Wohle der gesamten Arbeiterschaft 
nicht negiert werden kann. 
Die nächste Zeit soll uns ein neues, das allgemeine 
Wahlrecht bringen. Alle Völker und Stände harren mit 
Spannung der kommenden Dinge und wappnen sich, um 
neue wirtschaftliche und soziale Vorteile zu erkämpfen. 
Nun ist auch für uns Ingenieure die Zeit gekommen, 
hervorzutreten und in den Kampf der Geister einzu 
greifen. 
Mögen daher alle Ingenieure sich im öffentlichen 
Leben rege betätigen und zu diesem Zwecke in politi 
schen Vereinen als Mitglieder wirken, an der Besprechung 
öffentlicher Angelegenheiten in Wort und Schrift teil 
nehmen und die eigenen Standesinteressen mit allem 
Nachdruck verteidigen. 
Aus den Gemeinderats-Sitzungen in Linz. 
(Sitzung vom 14. März 1906.) 
Gemeinderat E c k 1 referiert über die Regulierung 
der Römerstraße und stellt folgenden Antrag: 
Der Herr Bürgermeister wird ersucht, für die Her 
stellung einer Zufahrt von der unteren Römerstraße in 
der Richtung der verlängerten Anton Dimmelstraße bis 
vor die Flügelhofgasse und von da abzweigend in die 
Römerstraße gegenüber der Martinskirche durch das 
Stadtbauamt ein Projekt samt Kostenvoranschlag aus 
arbeiten zu lassen und mit dem Besitzer der Haider- 
Villa, Herrn Kaßbergef, betreffend die Abtretung des 
hiezu notwendigen Grundes in neuerliche Verhandlungen 
zu treten. Falls ein annehmbares Anbot nicht erreicht 
werden kann, ist auf die zwangsweise Enteignung auf 
Grund des § 7, Alinea 3, der Bauordnung hinzu wirken. 
Gemeinderat Pupp bemerkt, daß mit dem vor 
liegenden Projekte auch die Umlegung der Wasserstiege 
in Verbindung stehe. Durch eine Umlegung könnte 
vielleicht ein wunderschöner Aufstieg und zugleich ein 
prächtiger Aussichtspunkt gewonnen werden. Die Wasser 
stiege sei heute in ziemlich schlechtem Zustande und müßte 
ohnehin einer Reparatur unterzogen werden. Er stellt 
den Antrag: Der Herr Bürgermeister werde ersucht, 
mit der Militärbehörde wegen Ablösung von Gründen 
für die Umlegung der Wasserstiege in Unterhandlungen 
zu treten. 
Nach einer längeren Debatte, an der sich die 
Gemeinderäte Helletzgrüber, Beyer, Scharmüller 
und Dametz beteiligten, wurde-der Antrag des Referenten 
angenommen. 
Gemeind^rat Ec kl berichtet weiter über ein schon 
vor längerer Zeit vom Vororteverein eingebrachtes An 
suchen um Auflassung des offenen Bausystems in Lustenau 
und Waldegg. Der Gemeinderat beschäftigte sich bereits 
wiederholt mit dieser Frage und wünschte, bevor er 
einen definitiven Beschluß faßt, die diesbezügliche Zu 
stimmung der interessierten Hausbesitzer. Nunmehr 
hätten sich fast alle Grundbesitzer dieser Gegend für 
die Auflassung des offenen Bausystems ausgesprochen 
und auch in den Kreisen der Mieter werde dies allgemein 
gewünscht. Der Referent stellt sohin namens des Stadt 
regulierungskomitees folgenden Antrag: 
Der Gemeinderat spricht sich für die Auflassung 
des offenen Bausystems im Stadtgebiete beiderseits der 
Wiener Reichsstraße aus, insoweit es sich auf die Be 
stimmungen der Alinea 2 und 3 des § 62 der Bau 
ordnung bezieht, wonach die Länge der Gebäude oder 
Gebäudegruppen nicht über 50 Meter sein soll und 
Zwischenräume zwischen diesen einzelnen Gebäuden 
oder Gebäudegruppen von 8 Meter vorgeschrieben sind. 
Die Verbauung dieser Zwischenräume zweier benach 
barter Häuser hat gleichzeitig zu erfolgen. Durch diese 
Verbauung darf weder die Licht- und Luftzufuhr zu den 
etwa schon bestehenden Hofgebäuden beeinträchtigt, noch 
die Zufahrt zu denselben abgeschnitten werden. Der Herr 
Bürgermeister wird ersucht, zu veranlassen, daß der 
unter diesem Gesichtspunkte anzulegende Situationsplan 
im Sinne der Bauordnung, § 3, durch sechs Wochen zur 
allgemeinen Einsicht aufgelegt werde. 
Über diesen Gegenstand entspinnt sich ein heftiger 
Kampf für und gegen das offene Bausystem, doch wurde 
zum Schluß der Antrag des Referenten mit großer Majorität 
angenommen. 
Gemeinderat Dr. Pötsch beantragt den Ausbau der 
städtischen Schwimmschule dem Baumeister Herrn Gustav 
Steinberger als Mindestfordernden für K 79.002*76 zu 
übertragen. (Wird angenommen.) Schließlich wird der 
Bericht über die Schlußprüfung des Volksgartensaalbaues 
zur Kenntnis genommen. 
(Sitzung am 28. März.) 
Nach dem Anträge des Gemeinderates Beyer wird 
die Herstellung einer Einfriedung der Museumsanlagen 
bei der Fadingerstraße und, falls nicht gewichtige Gründe 
dagegen sprechen, die. Herstellung eines Einganges zu 
den Anlagen beschlossen; die Kosten per 2700 K werden, 
wenn nötig, in das nächste Präliminare eingestellt. 
Weiter wird die Herstellung eines Rohrkanales in 
der Johannesgasse im Sinne des bezüglichen Bauamts 
berichtes beschlossen. (Referent Gemeinderat Fischer.) 
Einem Ansuchen des G. Krieg und R. Seidenspinner 
um Bewilligung von Adaptierungen im Hause Flügelhof- 
gasse Nr. 7 wird ausnahmsweise Folge gegeben. (Re 
ferent Gemeinderat Zellinger.) 
Gemeinderat Beyer stellt folgenden Antrag: Der 
Gemeinderat genehmige die Situierung des Baues 
für das Pflegerinnenheim des Frauen-Hilfs- 
v er ein es in der Weise, daß der Stiegenvorbau 3 Meter 
von der Straßenflucht zurückliegt und die Gebäude 
stirnfront in der vorgeschriebenen Tiefe von 5 Meter 
hinter der Straßenflucht zu stehen kommt. Die Stundung 
der Trottoirherstellung wird bis zu jenem Zeitpunkte, ab 
welchem die Stadtgemeinde die Herstellung des Trottoirs 
für notwendig erachtet, bewilligt und wird vorläufig 
von der grundbücherlichen Vormerkung abgesehen, 
jedoch behält sich die Stadtgemeinde das Recht vor, 
jederzeit diese Vormerkung verlangen zu können. Dem
	        
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