Volltext: XI. Jahrgang, 1906 (XI. JG., 1906)

Ni*. 3. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Seite 21. 
ment, und wir haben im Rokoko das zweite große Grund 
prinzip aller architektonischen Bildung: „Rahmen und 
Füllung“. Das Rokoko ist ein echter „Rahmenstil“. 
Und zwar ist es der Rahmen selbst, dessen Dekoration 
die Erfindungskraft des Künstlers in Anspruch nimmt, 
weit mehr als die Füllung, welche der .Rahmen umschließt.. 
In letzterem sehen wir ein Spiel der Linien, das, man ge 
radezu für lebend halten möchte — keine Starrheit der 
Formen mehr, sondern ein Schwellen und Treiben, ein 
sich Begegnen und Ausweichen, ein organisches Um 
schlingen und wieder ein neckisches Abspringen, kurz 
eine poesievolle Sprache, die, wenn wir sie wieder völlig 
verstehen lernen, uns einen hohen, ästhetischen Genuß 
verspricht. Wenn wir sie in ihre Einzelheiten zu zerlegen 
versuchen, gleichsam der Grammatik dieser Sprache nach 
spüren, so begegnen uns drei Grundelemente, die freilich 
oft in launenhaften Bildungen, in einander verschmelzen: 
das Akanthusblatt mit seiner Ranke, die Muschel und 
jene, schon der Spätrenaissance eigentümliche geschweifte 
Schildform, welche man Kartusche nennt. Durchsetzt 
finden sich diese drei Zierformen von naturalistischen 
Bildungen, Blumen, Früchten, Vögeln, die scheinbar in 
vollster Naivetät, aber immer am rechten Fleck erscheinen, 
um auch den letzten Gedanken an Pedanterie aus einem 
Stile ferne zu halten, mit dessen anmutig tändelndem 
Charakter alles Pathetische, anspruchsvoll Geordnete, ja 
selbst die allen anderen Stilen so heilige Symetrie so un 
verträglich ist. F. Luttmer. 
Lokale Baunotizen. 
Todesfall. Am 28. Jänner 1. J. verstarb in Linz 
der Ingenieur und Vertreter der Betonbauunternehmung 
von G. A, Weiß & Co. in Wien, Herr; Julius Straß 
burger, im 62. Lebensjahre. Der Verblichene war ein 
tüchtiger Fachmann und hatte durch seine Leutseligkeit 
sich in Oberösterreich viele Freunde erworben, was seinem 
Geschäftshause nur von Nutzen sein konnte. 
Eine Anfrage. Von einem Leser unseres Blattes, 
der eine kleine Oekonomie besitzt, werden wir um An 
gabe zur Herstellung wasserdichter Abortgruben ersucht. 
Wir beantworten die Frage in folgendem: Zur Her 
stellung wasserdichter Abortgruben genügt bis 2 Meter 
Größe, bei gutem Klinkermauerwerk in reinem Zement 
mörtel eine Wangenstärke von 25 Zentimeter. Die Sohle 
stellt man am besten aus einer 30 Zentimeter starken 
Stampfbetonschichte her. Unter der Betonsohle und um 
die Grube herum ist eine fette, 20 Zentimeter starke, 
guteingestampfte Tonschicht erforderlich, nachdem man 
das Mauerwerk vorher mit einem starken Zement-Rapp- 
putz (Mischung 1:1) versehen hat. Die Grube selbst ist 
nnen, einschliesslich der Sohle, mit einem gutgeglätteten 
2 Zentimeter starken Zementputz, in demselben Mischungs 
verhältnis wie beim Rapp-Putz, zu versehen. Bei guter 
Ausführung, wobei namentlich die Tonschicht unter der 
Betonsohle sorgfältig und nicht zu trocken eingestampft 
werden soll, genügen diese Verhältnisse vollkommen, so 
daß man von dem Einbringen einer Tonschichte in der 
weiteren Umgebung der Grube absehen kann. Bei 
schlecht eingestampfter Sohle setzt sich das Mauer werk 
der Grube bei bedeutendem Wasserdrücke. Das Mauer 
werk und die Sohle wird dann brüchig und somit selbst 
verständlich durchlässig. Vorstehendes Verfahren wurde 
schon bei der Herstellung vieler wasserdichter Abort 
gruben angewendet und kann daher bestens empfohlen 
werden. 
Bau von sanitätswidrigen oder feuergefährlichen 
Objekten in der Nähe von Kasernen und sonstigen 
militärischen Etablissements. Das Reichs-Kriegsmini 
sterium hat in einem Erlasse folgendes verlautbart: „In 
neuerer Zeit wurde wiederholt die Wahrnehmung gemacht, 
daß gelegentlich der Erteilung von Baubewilligungen an 
Private oder Körperschaften die Interessen der Heeres 
verwaltung als Nachbar, Anrainer oder sonst an dem 
betreffenden Baue interessierten Faktor nicht in aus 
reichendem Maße gewürdigt wurden, beziehungsweise 
auf Grund der Bestimmungen der bezüglichen Bau- und 
Gewerbeordnungen nicht entsprechend gewahrt werden 
konnten. Auf diese Weise wurde es zum Beispiel in 
einzelnen Fällen möglich, daß die erteilten Bewilligungen 
zum Baue von sanitätswidrigen oder feuergefährlichen 
Objekten in der Nähe von Kasernen oder sonstigen mili 
tärischen Etablissements nicht nur zustande gekommen 
sind, sondern daß auch die dagegen gerichteten Rekurse 
erfolglos blieben. Um ähnliche Vorkommnisse für die 
Zukunft womöglich hintanzuhalten, findet das. Reichs- 
Kriegsministerium folgendes zu bemerken : Nach § 25 der 
Gewerbeordnung ist die Genehmigung der Betriebsanlage 
unter anderem bei allen Gewerben notwendig, welche 
durch gesundheitsschädliche Einflüsse, durch die Sicher 
heit bedrohende Betriebsarten, durch üblen Geruch oder 
durch ungewöhnliches Geräusch die Nachbarschaft zu 
gefährden oder zu belästigen geeignet sind. Der § 26 
der Gewerbeordnung schreibt vor, dass für Kirchen? 
Schulen, Krankenhäuser und andere öffentliche Anstalten 
und Gebäude aus derlei Gewerbsanlagen keine Störung 
erwachsen dürfe. Wenn nun auch hier der Kasernen 
und sonstigen Etablissements der Heeresverwaltung nicht 
besonders Erwähnung geschieht, so dürfte es wohl keinem 
Zweifel unterliegen, daß diese unter „die anderen Öffent 
lichen Anstalten und Gebäude“ zu subsumieren sind. 
In der Praxis werden die von Mietern und Pächtern der 
in der Sphäre der projektierten Anlage befindlichen 
Liegenschaften erhobenen Einwendungen anstandslos 
der meritorischen Ueberprüfung zugeführt. Da weiters 
nach allen geltenden Bauordnungen überhaupt nur in 
sanitätspolizeilicher Beziehung vollkommen einwandfreie 
Bauten aufgeführt und in feuerpolizeilicher Hinsicht die 
Herstellung der Bedachung mit nicht feuersicherem 
Material nur unter der Bedingung angewendet werden 
darf, daß für die Nachbargebäude daraus keine Gefahr 
entstehen kann, so erscheint in allen Fällen die Hand 
habe geboten, die in Betracht kommenden Interessen der 
Heeresverwaltung wirksam zu vertreten.“ Das Korps 
kommando hat die Kasernen- (Haus-, eventuell Militär- 
stations-)Kommanden daher angewiesen, der Ausführung 
von Bauten und der Errichtung von der gewerbebehörd- 
lichen Genehmigung unterliegenden Betriebsstätten, 
welche der Nachbarschaft und daher auch dem Kommando 
zumeist schon im vorhinein bekannt sein müssen, die 
notwendige Aufmerksamkeit zuzuwenden und gegebenen 
falls dem Korpskommando rechtzeitig die Meldung zu 
erstatten. 
Elektrische Beleuchtung. Die Bierbrauerei von 
Lehn er, Grub er und Konsorten in Enns beabsich 
tigt, in ihren Fabrikslokalitäten die elektrische Beleuch 
tung einführen zu lassen. Zu dieser Anlage müßte aber 
die Gemeindeverwaltung die Erlaubnis erteilen, da die 
Stromführung auch städtisches Gebiet in Anspruch nimmt
	        
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