Volltext: XI. Jahrgang, 1906 (XI. JG., 1906)

Seite 190. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Nr. 22. 
ist das sogenannte Meisterrecht oder nach deutscher 
Ausdrucksweise, der Befähigungsnachweis. Nach den 
neueren Bestimmungen werden sämtliche Gewerbe in 
Österreich in 54 verschiedene Gruppen einereteilt. Unter 
diese Gruppen sind nur die „handwerksmäßigen“ Gewerbe 
aufgenommen. Nach den Bestimmungen des Gesetzes 
kann der Minister des Innern neue Gewerbegruppen 
dieser Liste einverleiben und sie dadurch erweitern. Dazu 
ist aber die Anhörung bestimmter Gewerbekorporationen 
erforderlich. Die Gesellenprüfung ist obligatorisch, jeder, 
der ein Gewerbe ausüben will, hat sich dieser Prüfung zu 
unterziehen. Die Prüfungskommissionen sind zusammen- 
getzt aus drei Meistern und einem Unparteiischen. Auch 
Frauen, die ein Gewerbe ausüben wollen, sind unter Ein 
schränkungen der Prüfung unterworfen. Handelsgesell 
schaften, welche einen „handwerksmäßigen“ Betrieb 
haben, müssen mindestens zur Hälfte aus geprüften Ge 
sellschaftern bestehen. Auch die Inhaber von Handels 
geschäften dürfen nur dann Bestellungen auf handwerk 
liche Arbeiten übernehmen, wenn die Arbeiten durch 
durch befugte Handwerker hergestellt werden. 
Revision des städtischen Preistarifes in Wien. Von 
mehreren Bauindustriellen wurden wir ersucht, über die 
Revision des Preistarifes für städtische Bauarbeiten in 
Wien näheres bekanntzugeben. Das „Wiener Kommunal- 
blatt“ enthält über diese Angelegenheit nachstehenden 
Bericht: „Der vom Gemeinderate in Wien eingesetzte 
Ausschuß zur Revision der städtischen Preistarife hielt 
kürzlich seine erste Sitzung ab. Nach der Konstituierung 
wurde gleich in die Beratung eingegangen und be 
schlossen, 23 Tarife, bei welchen von keiner Seite Ände 
rungen verlangt wurden, in der bisherigen Fassung zu 
belassen. Bei 9 Tarifen wurden die betreffenden Genossen 
schaften angehört. Die Genossenschaft der Zimmer 
meister hat für Taglöhne und Fuhrwerke (Tarifpost 
1—7) sowie für die Herstellung der Schranken und Ge 
länder (Tarifpost 223—230) eine Erhöhung der gegen 
wärtigen Ansätze, ferner für Nachtarbeiten und Arbeiten 
an Sonn- und Feiertagen eine Erhöhung der Zuschläge 
von 50 auf 100 °/o, dann die Erhöhung der Vergütung für 
einzelne Arbeitsstunden von 10 auf 12 °/o und der Über 
stunden von 12 auf 20°/o verlangt. Den Forderungen 
hinsichtlich der Tarife 1—7 und 223—230 wurde durch 
Erhöhung um 20°/o Rechnung getragen, während die 
übrigen Forderungen abgelehnt wurden. Den Bau 
spenglern wurde für die Verwendung von Zinkblech 
eine Tariferhöhung von 15 °/o der einschlägigen Posten 
bewilligt. Für Dachdeckerarbeiten wurde eine 
lOperzentige Erhöhung der Taglöhne, für Glaser 
arbeiten eine 30perzentige, für Zimmermaler- und 
Anstreicherarbeiten eine löperzentige Erhöhung 
der Taglöhne zugestanden. Die Tischlergenossenschaft 
hatte nur eine Erhöhung der Preise für Eichen 
bretteln verlangt. Es wurde ihr für die bezüglichen 
Posten eine Erhöhung von 25 °/o bewilligt. Das Verlangen 
der Hafnergenossenschaft um Erhöhung der Post 
für Tonöfen wurde mit Rücksicht auf die den gegen 
wärtigen Preisen entsprechenden Tarifansätze abgelehnt.“ 
Aus den Gemeinderats-Sitzungen in Linz. 
(Sitzung vom 31. Oktober.) 
Gemeinderat Dr. Pötsch bespricht in längeren 
Ausführungen den vom Bauamte ausgearbeiteten und 
vom Gemeinderate bereits genehmigten Regulierungsplan 
für die Gründe der oberösterreichischen Baugesellschaft 
am Bauernberg und teilt mit, daß gegen den Plan nur 
ein einziger Rekurs einlief, der aber bereits abgewiesen 
wurde. Die Gesellschaft sucht nun um Parzellierung des 
gesamten sogenannten Stockbauern-Grundkomplexes an 
und legt einen diesbezüglichen Plan vor. Der Referent 
beantragt namens der zweiten Sektion: 1. Der Gemeinde 
rat erteile dem Regulierungsplane für die Gründe der 
oberösterreichischen Baugesellschaft die abschließende 
Genehmigungsklausel, nachdem der Plan durch sechs 
Wochen zur allgemeinen Ansicht aufgelegen ist, der 
einzige dagegen gerichtete Rekurs abgewiesen wurde und 
der Plan als in Rechtskraft erwachsen zu betrachten ist. 
2. Zugleich genehmige der Gemeinderat das Gesuch der 
Gesellschaft betreffs Parzellierung der Stockbauerngründe 
unter näheren Bedingungen, die sich auf unentgeltliche 
Überlassung mehrerer Grundstreifen an die Gemeinde 
und auf die Nichtverbauung einzelner Parzellen beziehen. 
Vizebürgermeister Ec kl spricht sich dagegen aus, 
das man eine so ausgedehnte Parzellierung (über 63 Joch 
Grund) auf einmal bewilligt. Es mache den Eindruck, 
daß man die Gründe nur deshalb parzellieren will, um 
sie günstiger verkaufen zu können; dies gehe schon 
daraus hervor, daß für einen öffentlichen Platz keine Rück 
sicht genommen sei. Er stellt den Gegenantrag: „Der 
Gemeinderat beschließe, nur für jene Teile der Stock 
bauerngründe die Zustimmung zur Parzellierung zu er 
teilen, welche bereits verbaut sind oder in absehbarer 
Zeit verbaut werden sollen. Der Gemeinderat spricht 
die Erwartung aus, das bei Ausmittlung der übrigen Par 
zellen mehr auf Anlage öffentlicher Plätze Rücksicht ge 
nommen wird. 
Nach einer längeren Debatte, an der sich die Ge 
meinderäte Sedlacek, Dametz, Pupp und Beyer 
beteiligten, wurde der erste Teil des Referentenantrages 
sowie der Antrag Ec kl angenommen. 
Für die neue Schule am Römerberg wird an die Firma 
Ritz die Lieferung einer Turmuhr mit arabischen Ziffern 
für 2406 K übertragen. (Referent Gemeinderat Gr über.) 
(Sitzung vom 6. November.) 
Nach dem Anträge des Gemeinderat Beyer wird be 
schlossen, die Professionistenarbeiten und Materialliefe 
rungen für den städtischen Haushalt pro 1907 |in der 
üblichen Weise auszuschreiben und als Endtermin für 
die Einreichung der Offerte den 1. Dezember, 12 Uhr 
mittags, festzusetzen. 
Vizebürgermeister Ec kl teilt mit, daß im Vorjahre 
vom Hausbesitzerverein eine Zuschrift an die Gemeinde 
gerichtet wurde, worin der Verein ersucht, daß die 
Kellerwohnungen, welche aus der Zeit vor dem Insleben- 
treten der gegenwärtigen Bauordnung (also vor dem 
Jahre 1887) bestehen, auch dann bewohnt werden dürfen, 
wenn sie den Bestimmungen dieser Bauordnung nicht 
entsprechen. Der Referent bemerkt, daß die frühere Bau 
ordnung keine Bestimmungen betreffs der Bewohnung 
von Kellerräumen enthält. Die Gemeinde müsse sich dem 
vorliegenden Ansuchen gegenüber auf den Standpunkt 
stellen, daß die Wohnungen von Fall zu Fall unter 
sucht und danach die Entscheidungen getroffen werden. 
Eine allgemein geltende Zusage solle nicht gegeben 
werden, da man die Bestimmungen der jetzigen Bau 
ordnung stets vor Augen halten müsse. Bei Beurteilung 
alter Kellerwohnungen für die Bewohnbarkeit soll dann 
der Gemeinderat sowohl dem Hausbesitzer als auch dem 
Inwohner gegenüber das größte Wohlwollen walten lassen.
	        
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