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Oberösterreichische Bauzeitung.
Nr. 22.
die Abschaffung der Lizitationen und die Einführung der
schriftlichen Submission mit geheimer Offerte. Die
Regierungen mußten diesem Drängen endlich nachgeben
und so erschienen denn im Laufe der Sechzigerjahre die
auf diesen Forderungen basierenden allgemeinen Vor
schriften zur Vergebung der Staatsbauarbeiten. Diese in
den verschiedenen Staaten Deutschlands vor etwa 40 bis
50 Jahren erlassenen Submissionsvorschriften sind zum
Teil heute noch in Geltung. Mit dieser Einrichtung glaubte
man das Beste erreicht zu haben, denn man hatte keine
Ahnung, daß die Handwerker durch die Preisherab-
drückung sich selbst den größten Schaden zufügen werden,
weshalb man jetzt allerorts darangeht, ein Verfahren zur
Regelung der Arbeiten und Lieferungen zustande zu
bringen, wobei nicht der Mindestfordernde, sondern der
Offerent den Zuschlag erhält, der Preise vorlegt, aus
denen zu ersehen ist, daß er auch gute reelle Arbeit
dafür sichern kann. L. M.... d.
Die Untersuchungen der technischen
Eigenschaften des Holzes.
Die technischen Eigenschaften des Holzes und die
hierauf Einfluß übenden Verhältnisse sind, trotz aller
Fortschritte der Forstwissenschaft und Technologie, noch
immer nur in sehr ungenügender Weise bekannt. Gewisse
Erfahrungssätze über die zulässigen Mindestmaße der
Bauhölzer sind die einzigen Anhaltspunkte für den
Architekten; im Holzhandel und bei den sonstigen Ver
wendungen des Hölzes spielen häufig unbegründete Vor
urteile die Hauptrolle. So ist z. B. die Weißtanne im
Handel weit weniger beliebt als die Fichte, obwohl exakte
vergleichende Versuche über die Güte beider Holzarten
noch kaum vorliegen und die vorhandenen zugunsten
des Weißtannenholzes bei der Verwendung als Kantholz
sprechen. Ob das Harzer Fichtenholz besser sei als das
böhmische, bildete vor etwa 20 Jahren den Gegenstand
eines lebhaften Streites, ohne daß es möglich gewesen
wäre, ihn in beweiskräftiger Weise zu entscheiden. Unter
suchungen über die technischen Eigenschaften des Holzes
wurden allerdings schon seit dem Anfang des XVIII. Jahr
hunderts ausgeführt; allein sie haben bis vor etwa
20 Jahren kein befriedigendes Ergebnis geliefert, weil
einerseits die Untersuchungsverfahren noch nicht ge
nügend ausgebildet waren, sowie anderseits das Zu
sammenwirken forstlicher und mechanischer Sachver
ständigen notwendig ist, um die in Betracht kommenden
Fragen planmäßig in Angriff zu nehmen. Weiter er
schwert der Umstand, daß die Bäume als organische
Naturerzeugnisse selbst bei anscheinend ganz gleichen
äußeren Bedingungen (z. B. zwei Bäume desselben Be
standes) große individuelle Schwankungen aufweisen,
diese Arbeiten noch bedeutend, denn es wird hierdurch
notwendig, mit großen Zahlen zu arbeiten, um die zu
grunde liegenden Gesetze zu erforschen. Für den ein
zelnen Forscher entstehen hiedurch fast unüberwindliche
Schwierigkeiten. Schließlich ist noch hervorzuheben, daß
man vielfach auf Abneigung stößt, sich mit diesen Fragen
zu beschäftigen, indem behauptet wird, daß Holzhandel
und Technik sich schon längst ihre Ansichten gebildet
hätten, gegen welche man doch nicht aufkommen könne-
Erscheint dieser Pessimismus schon an und für sich
nicht gerechtfertigt, so wäre es doch noch mehr zu be
dauern, wenn man sich mit solchen Untersuchungen
nicht beschäftigen wollte, weil diese jedenfalls im Laufe
der Arbeit für Wissenschaft und Praxis gleich wichtige
Ergebnisse liefern können und werden. So haben z. B. die
noch zu berührenden preußischen Untersuchungen ge
zeigt, daß das Rotbuchenholz den Höchstwert seiner
Güte etwa im 100jährigen Alter erreicht und von da ab
rasch und erheblich nachläßt. Hieraus ergibt sich u. a.
für die brennende Frage der Verwendung des Rotbuchen
holzes zu Schwellen die wichtige Folgerung, daß man
nicht, wie es vielfach geschieht, zu diesem Zweck die
überalten 180- bis 200jährigen Bäume, sondern vorwiegend
mittelalte Hölzer verwenden soll. — Die Konstruktion
der Material-Prüfungsmaschinen, die von Professor
R. Hartig und Bauschinger in München nachgewiesene
Tatsache, daß das spezifische Trockengewicht einen vor
züglichen Maßstab für die Festigkeit des Holzes bietet,
und daß die Druckfestigkeit einen Rückschluß auf die
übrigen Arten von Festigkeit gestattet, sowie die Organi
sation der forstlichen und mechanisch-technischen Ver
suchsanstalten haben ermöglicht, in neuester Zeit die
Lösung dieser Frage tatkräftig und mit Aussicht auf
Erfolg in Angriff zu nehmen. Der beste Beweis für die
praktische Bedeutung dieser Arbeiten dürfte wohl darin
zu finden sein, daß in den Vereinigten Staaten von Nord
amerika eine umfassende Untersuchung der zahlreichen
dort vorkommenden Holzarten geplant wird. Außer dem
vorzüglichen Plan für diese Untersuchungen ist bis jetzt
das Ergebnis der Erhebungen über das Pitch-pine-Holz
(Pinus australis) veröffentlicht worden.
Professor R. Hartig in München arbeitet eifrig an
dieser Aufgabe vom vorwiegend wissenschaftlich-anato
mischen Standpunkt aus. In Österreich hat die forstliche
Versuchsanstalt in Mariabrunn vor Jahren die Unter
suchungen über die technischen Eigenschaften des Holzes
in umfassender Weise in Angriff genommen. Innerhalb
Deutschlands hat man bisher in Preußen der praktischen
Seite dieser Frage die größte Aufmerksamkeit zugewandt,
Bei der Hauptstation des forstlichen Versuchswesens in
Eberswalde beschäftigt sich der Dirigent der forstlichen
Abteilung, Professor Dr. Schwappach, bereits eifrig mit
solchen Untersuchungen, vom Jahre 1904 ab beteiligt sich
auch die mechanisch-technische Versuchsanstalt in
Charlottenburg unter Leitung der Professoren Martens
und Rudeloff an den Untersuchungen. Zwischen beiden
Anstalten ist eine Arbeitsteilung in der Weise durchge
führt, daß die forstliche Versuchsanstalt das Unter-
suchungsmaterial bei ihren sonstigen Arbeiten sammelt,
die nötigen Beschreibungen des Standorts etc. liefert und
spezifische Gewichtsbestimmungen vornimmt, während
die mechanisch-technische Versuchsanstalt von den ihr
übergebenen Probestücken die Druckfestigkeit ermittelt.
Bis jetzt haben sich diese Arbeiten hauptsächlich auf
die Kiefer, als die wichtigste Holzart des preußischen
Staates erstreckt. Fast 150 Stämme aus den verschiedensten
Waldgebieten der östlichen Provinzen sind untersucht
worden und die Ergebnisse werden seinerzeit veröffent
licht werden. Ebenso liegen die Ergebnisse der Unter
suchungen über die Eigenschaften des Rotbuchenholzes
aus Hannover und Westfalen bereits vor. Im Gange be
finden sich die Ermittlungen für Weimuthskiefer und
Fichte. Für Fichte kommt die Vergleichung der
wichtigsten Waldgebiete Schlesien, Thüringen und Harz
in Betracht, außerdem soll auch der Vergleich mit dem
Weißtannenholz durchgeführt werden. Für die Weimuths
kiefer, eine waldbaulich außerordentlich wertvolle und
aussichtsvolle Holzart, haben die ausgedehnten Altbe-