Volltext: XI. Jahrgang, 1906 (XI. JG., 1906)

Seite 164. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Nr. 19. 
Gesellschaft zu achtungsvollen Gliedern derselben erziehen. 
Und Gottlob, dieses Bestreben hat sich nicht als leerer 
Idealismus, sondern als lohnende Ausführbarkeit erwiesen. 
Wer, wie die Leiter des Vereines, es nicht verschmäht, 
dem Leben mancher Fabriksarbeiterinnen seine Aufmerk 
samkeit zu schenken, der weiß, in welche Tiefe mensch 
licher Verkommenheit und sozialen Elends das Auge da 
oft schauen muß und wie schwer es ist, sich von solchen 
Bildern nicht schaudernd abzuwenden, sondern zu be 
bemühen, sie freundlicher zu gestalten. 0, möge auch 
für Linz die Zeit herannahen, wo hochherzige Damen 
sich für die Errichtung eines Asyls für Fabriksarbeite 
rinnen erwärmen könnten und wir sind dessen gewiß, 
daß auch die Behörden, Institute und die Arbeitgeber 
der Mädchen mit Beiträgen herantreten würden, denn die 
Nachtstunden sind für diese Geschöpfe die gefähr 
lichsten, wenn sie nicht in einem geschützten Dache 
und unter Aufsicht verbracht werden können. Kornhoffer. 
Die Zukunft fürs Handwerk. 
Der Handwerker, der schon einen guten Grund ge 
legt hat in der Heimat, der nicht an der Scholle klebt 
und hinauszieht in die Fremde, um weitere Erfahrungen 
zu sammeln, wie willkommen ist er überall im Vergleiche 
zu anderen Ständen! Der geschickte Arbeiter, welcher 
für die täglichen Bedfürnisse seiner Nebenmenschen, der 
für die Wohnungen und alles das arbeitet, was zm deren 
Einrichtung und behaglicher Ausstattung gehört, findet 
überall sein Brot, und wenn er gewandert wäre bis an 
die Grenzen der Zivilisation, dahin, wo Kaufleute, Künstler 
und Gelehrte, wie die Erfahrung lehrt, ein fachgemäßes 
Unterkommen nur zu oft* "gar nicht zü finden vermögen. 
Das Handwerk, mit Geschick, Verständnis und Fleiß 
betrieben, ist auch heute noch nicht unlohnender, wie zu 
seiner gesegnetsten Zeit, aber frisch und fröhlich vorwärts 
streben, unverdrossen am Arbeiten bleiben, das gehört 
unerläßlich dazu. Dabei sollen die Schwierigkeiten nicht 
geleugnet werden, die sich schon seit geraumer Zeit dem 
Handwerk entgegenstellen, die Schwierigkeiten, denen 
es in dem ungleichen Kampf mit der Maschine und dem 
Großkapital begegnet. 
Aber von Verzagtheit zeigt es auch und oft hat wohl 
auch die Erkenntnis lückenhafter und den Anforderungen 
der Gegenwart nicht mehr gewachsener Ausbildung Teil 
daran, wenn man, ohne jede Einschränkung, rundweg 
behauptet, das Handwerk könne der Massenproduktion 
der Maschine nicht mehr Stand halten, ja müsse ihr 
gegenüber zugrunde gehen. Ja, allerdings, die gewaltige 
Kraftmaschine hat in vielen Richtungen die Allein 
herrschaft wohl für immer an sich gerissen, hat die 
Arbeitskraft der Bevölkerung ganzer Distrikte zum Teil 
entbehrlich gemacht, sie auf die kärglichsten Löhne herab 
gedrückt und den Rest auf die Stufe von Handarbeitern 
und Taglöhnern, wenns hochkommt, zu Wärtern der 
Maschine heruntergedrückt, mit den Leistungen der 
Kraftmaschine konnte auch die Handgeschicklichkeit 
nicht mehr den Kampf mit Erfolg bestehen. 
Aber der nichtruhende Menschengeist, der Erfindungs 
geist, der gerade unser Jahrhundert auszeichnet, hat uns 
neben der Kraftmaschine auch die Arbeitsmaschine ge 
schaffen und vervollkommnet sie unausbleiblich. Die 
Arbeitsmaschine für den Kleinbetrieb gewinnt immer 
mehr an Verbreitung, nur fehlte die Betriebskraft da, wo 
der geringe Umfang des Geschäfts und mangelnde Kapitals 
kraft die Dampfmaschinenanlage verbot. 
Auch hier kam der Erfindungsgeist dem Handwerk 
entgegen durch Beschaffung der Gaskraftmaschine, der 
Heißluftmaschine und schon sind wir nicht mehr fern 
davon, auch das Petroleum für die kleine Arbeitsmaschine 
als Betriebskraft wirken zu sehen. Diese Motoren für den 
Kleinbetrieb in Verbindung mit den Arbeitsmaschinen 
mit ihren beschleunigten exakten Leistungen, sie sind 
imstande, dem Kleingewerbe die verloren gegangene Zu 
versicht wieder zu geben, sich konkurrenzfähig zu machen 
und zu erhalten, denn solche Hilfsmittel, eine Vervoll 
ständigung im Ersatz des bisher üblichen Handwerkszeugs, 
sind auch dem Kleingewerbe nicht unerschwinglich. 
Nach dieser Seite ist also die Gewähr gegeben für 
die gedeihliche Fortentwicklung des Kleingewerbes; der 
unentbehrlich gewordenen Großindustrie tritt die Klein 
maschine in Verbindung mit der dabei mehr zur Geltung 
kommenden, das Geschaffene mehr veredelnden Hand 
geschicklichkeit zur Seite und sichert dem Gewerbsmann 
seinen berechtigten Anteil an der Deckung des allgemeinen 
Bedarfs. Das mag für den wohl unbequem erscheinen, 
der sich von den althergebrachten Anschauungen nicht 
losmachen mag, unsere Zeit fordert daher — und man 
darf sie darum nicht schelten — Rührigkeit und Geschäfts 
verständnis. Nur wer zugreift mit kräftiger und geschickter 
Hand, ist unserer Zeit gewachsen, ist der rechte Mann, 
der Aussicht hat auf Erfolg für Mühe und Arbeit. 
Was jahrelanges Üben, Schaffen und Erfinden auf 
dem Gebiete des Handwerks ausprobiert und bewährt 
gefunden, liegt offen vor aller Welt und steht allen zur 
Ausnutzung zu Gebote. 
Zugreifen gilt es, aber mit geschickter Hand, mit 
-hellem Auge und festem* ausdauernden, auf das Fach mit 
Liebe gerichtetem Willen. Diese drei Dinge bilden die 
nimmerwankende Grundlage gedeihlichen Fortkommens. 
Über Badeanstalten und Bäder. 
ii. 
Folgende Beschreibung paßt auf die griechischen 
und römischen Bäder zugleich. Das ganze länglich ge 
staltete Gebäude hatte zwei Abteilungen, die eine für 
Männer, die andere für Frauen. In jeder konnte man 
kalt und warm baden. Die warmen Bäder in beiden 
Abteilungen stießen an einander, der Heizung wegen. 
In der Mitte des ganzen Gebäudes befand sich im Sou 
terrain das Heizzimmer, durch welches sowohl das Wasser 
zum Baden heißgemacht, als auch bisweilen der Fußboden 
der anliegenden heißen Badestuben erwärmt wurde. 
Diese letztere Heizung geschah mittels schwebender 
Fußböden (Suspensurae caldariorum), deren Erfinder 
Sergius Orata war. Vitruv beschreibt ihre Einrichtung 
folgendermaßen: 
„Man belege zuerst den Fußboden mit anderthalb- 
füßigen Ziegeln und mit einer Neigung gegen den Feuer 
herd, so daß, wenn man einen Ball hineinwirft, derselbe 
nicht darin bleibe, sondern wieder nach dem Feuerherde 
zurückrolle. Dadurch wird die Flamme sich leichter 
unter dem schwebenden Boden verbreiten. Alsdann er 
richte man aus achtzölligen Ziegeln kleine Pfeiler in 
solcher Entfernung von einander, daß man sie mit zwei 
füßigen Ziegeln überdecken kann. Die Pfeiler mache 
man zwei Fuß hoch und verbinde sie mit Töpferton, der 
mit Tierhaaren gemischt ist. Die darüber gelegten zwei
	        
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