Volltext: XI. Jahrgang, 1906 (XI. JG., 1906)

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XI. Jahrgang, Nr. 18. 
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Linz, 15. September 1906. 
Öberösterreichische Banzeitung 
Zeitschrift für Bauwesen 
Organ des „Vereines der Baumeister in Oberösterreich“. 
Redaktion und Administration: Buchdruckerei C. KOLNDORFFER, LINZ, Domgasse Nr. 5. 
Man pränumeriert auf die OBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG: 
| ganzjährig mit K 20.- ( ganzjährig mit . K 16 
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5.— i vierteljährig . . „ 4 
* vierteljährig 
Erscheint am 1. und 15. 
jedes Monat. 
INSERATE und OFFENER SPRECHSAAL laut aufgelegtem billigsten 
Tarif werden angenommen: Bei der Administration der „Ober 
österreichischen Bauzeitung“, Linz, Domgasse Nr. 5, ferner bei 
allen größeren Annoncen-Expeditionen des In- u. Auslandes. Eventuelle 
Reklamationen und Beschwerden direkt an uns erbeten. 
Inhalt. Zum Beginn der Schulzeit. — Über Badeanstalten und Bäder. 
— Für Besucher Roms. — Heizwert der Kohle. — Lokale Baunotizen. — 
Aus den Gemeinderats-Sitzungen in Linz. — Vermischtes. — Patentliste. 
— Vergebung von Bauarbeiten und Lieferung von Baumaterialien. — An 
meldung für Wasserbezug aus dem städtischen Wasserwerke. — Inserate. 
Zum Beginn der Schulzeit. 
Die Zeit ist herangerückt, da tausende von Knaben 
aus dem hegenden Kreise, aus dem Frieden der Familie 
hinaus müssen in die weite und kalte Welt. Das sind 
Wochen schwerer Sorgen, ernsten Fragens und Bangens 
für die Elternherzen. Sie sind vor eine Entscheidung 
gestellt, deren Verantwortung unendlich schwer ist. Was 
soll der Knabe werden? Die Frage bewegt in diesen 
Wochen wohl manches Vater- und Mutterherz. Sie zu 
erörtern liegt nahe. Je heftiger der Kampf ums Dasein 
entbrennt, je heftiger die tolle Hast nach dem roten 
Golde geworden ist, je mehr der Mittelstand zwischen 
den großkapitalistischen Betrieben vernichtet und zer 
rieben wird, je geringer die Aussichten auf eine wirt 
schaftliche Selbständigkeit sind, um so ernster wird 
die Frage, um so schwerer deren Beantwortung. Zur 
Zeit unserer Väter war es in der Regel des Vaters sehn 
lichster Wunsch, den Knaben seinem eigenen Berufe zu 
zuführen. Das war die Zeit, wo der Mann sich noch wohl 
und sicher fühlte in seinem Stande, da er stolz darauf 
war, das zu sein, was er war, wo er weder neidisch 
nach oben, noch herrisch nach unten blickte, sondern 
sich genügen ließ mit einer schlichten aber gesicherten 
Existenz. Das war die Zeit, wo das Handwerk noch einen 
„goldenen Boden“ hatte. Der Knabe wurde zu keinem 
anderen Berufe erzogen, kaum daß der Gedanke je in 
ihm auftauchte, etwas anderes zu werden, als der Vater 
war. Dem Narrenturm unserer jetzigen Zeit mag solche 
Selbstbeschränkung kleinlich und kastenmäßig erscheinen, 
für uns hat sie etwas Großes, etwas Edles, etwas Er 
hebendes, denn sie war nur möglich, weil der Einzelne 
eine in sich geschlossene Persönlichkeit war, weil in den 
Ständen und Berufsgruppen noch stolzes Selbstbewußtsein 
und märkisches Kraftbewußtsein herrschten. Daher kam 
es, daß jene Zeit weniger an verfehlten Existenzen, an 
verkommenen und nirgends heimischen Allerweltmenschen 
krankte, als die unsere. Mag ihre Vorbildung weniger 
umfassend gewesen sein, mag die Beschränkung auf den 
gewissermaßen ererbten Beruf den Gesichtskreis verengt 
haben, in dieser Beschränkung wurden Meister groß und 
die verhältnismäßige Enge des Gesichtskreises machte 
die Augen scharf und erhielt sie gesund. Heute ist es 
anders geworden. Heute setzt der Vater einen Stolz 
darein, seinen Sohn mehr — scheinbar mehr werden 
zu lassen, als er selbst ist. Diese Anschauung ist nicht 
möglich ohne Verachtung und Unterschätzung des 
eigenen Berufes, die ja tief bedauerlich ist. Es ist ja an 
sich natürlich, daß der Vater das Geschick seines Kindes 
so freundlich und friedlich, so sicher und geschirmt ge 
stalten mochte, wie es nur irgend möglich ist; aber daß 
er zu diesem Zwecke einen anderen „höheren“ Beruf 
suchen zu müssen glaubt, beweist eben, daß er die Zu 
friedenheit mit dem eigenen verloren und vergessen hat. 
Das Höherhinauswollen hat aber eine schlimme Folge 
auch für die Gesamtheit. Der Mensch haftet doch mit 
allen Wurzeln seines Seins in dem Boden, wo er ge 
boren und großgeworden ist. Kraftnaturen können alte 
Wurzelfasern lösen, aber nur diese. Von denjenigen, die 
über ihren Wurzelboden weit hinausgehoben werden, 
finden nur die wenigsten einen Beruf, den sie voll aus 
füllen und der sie voll befriedigt. Viele werden in dem 
neuen Stande weder warm noch heimisch; sie kommen 
sich immer fremd und wie Eindringlinge vor. Die Zahl 
derer, die in den sogenannten „höheren“ Berufen Unter 
kunft und Auskommen suchen, vergebens suchen, wird 
immer größer, die meisten vermehren das sogenannte 
Proletariat, das zu den unerfreulichsten und gefährlichsten 
Erscheinungen unserer Zeit gehört. Wie viele, die heute 
als untergeordnete Arbeiter in irgend welcher wissen 
schaftlichen oder Beamtenlaufbahn weder von anderen, 
noch von sich selbst recht geachtet werden, würden ein 
auskömmlicheres, ein befriedigenderes Sein sich errungen 
haben, wenn sie in der Werkstatt, im heimischen Hofe 
geblieben wären. Und wie oft täuschen sich nicht zärt 
liche Eltern, wohlmeinende Lehrer über die Befähigung 
eines Knaben, wie oft reicht sie doch nicht aus, um das 
zu erreichen, was damit erreicht werden sollte. Und dann 
wird dieser Mangel der Grund zu einem unzufriedenen, 
dumpfen, sonnenlosen und sorgenvollen Dasein. Wenn 
doch jeder Vater überlegen wollte, daß wirklich vor 
handene, tüchtige Befähigung, zu der nicht bloß geistige, 
sondern auch sittliche Kraft gehört, überall zur Geltung 
kommt, in jedem Berufe, sei es der scheinbar niedrigste 
oder der scheinbar höchste. Dann würden die leidigen 
Klagen über das Hochhinauswollen, über den Mangel an 
Handwerkslehrlingen, über die Überfüllung der gelehrten 
Berufe mit einem Schlage verstummen. Mache man sich 
doch endlich einmal von der törichten Anschauung frei, 
als ob sich der Wert der einzelnen Berufe nach dem 
bestimme, was sie für Vorkenntnisse erfordern und für 
Einkommen bringen. Jede ehrliche Arbeit ist nicht nur 
des Lohnes, sondern auch ihrer Stellung wert. Die Zeit-
	        
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