Volltext: XI. Jahrgang, 1906 (XI. JG., 1906)

Seite 112. 
Oberösterreichische Banzeitung. 
Nr. 13. 
stock oder die Hobelbank zu stellen. Sie gehen, wie 
uns das Studium der Jahresberichte der Realschulen aus- 
weisen, mit äußerst selten vorkommenden Ausnahmen 
dem Gewerbestand verloren. Wir möchten, daß die Ge 
werbetreibenden namentlich ihren besser begabten Söhnen 
die tiefere geistige Ausbildung sichern, dabei aber auch 
die zur Zeit als Regeln geltenten Wirkungen beseitigen. 
Dies wäre zu erreichen, wenn den jungen Leuten schon 
in den frühen Jahren Liebe zum väterlichen Beruf ein 
geflößt wird und wenn der Erzieher so klug ist, auch 
wahrend des Besuches einer höheren Schule die Ver 
bindung zwischen seinem Sohne und der Werkstätte 
aufrecht zu erhalten. In dieser Weise systematisch er 
zogene junge Leute werden weder die Liebe zur 
praktischen Arbeit, noch das Interesse für den väter 
lichen Beruf in der Zeit des Besuches einer höheren 
Schule verlieren und nach Beendigung ihrer Schullauf 
bahn gern die praktische Tätigkeit fortsetzen. Aus den 
Reihen solcher Meistersöhne würden diejenigen Elemente 
hervorgehen, welche mit tieferer geistiger Ausbildung ge 
sellschaftliche Formen und sicheres Auf 
treten zu verbinden wissen, Eigenschaften, die jetzt 
äußerst selten im Gewerbestande zu finden sind. Das 
Handwerk hat für den, der seine Zeit versteht auch heute 
noch goldenen Boden. Unsere Meister handeln 
daher nur klug, wenn sie in dem von uns 
empfohlenen Sinne ihre Söhne erziehen. 
Über Theaterbau. 
(Schluß.) 
Über die ältesten russischen Hoftheaterbauten wird 
berichtet, daß auf Befehl des Zaren Alexei Michaelowitsch 
aus dem Hause Romanow im Dorfe Preobrashenkoie in 
der Nähe von Moskau ein großer Saal erbaut wurde, wo 
ein Stück geistlichen Inhaltes „Esther“ aufgeführt wurde. 
Das nationale Schauspiel entwickelte sich spät; denn 
dem deutschen Theater unter Peter dem Großen folgte 
die italienische Oper, das französische Drama. Erst 1756 
wird durch Kaiserin Elisabeth in St. Petersburg das rus 
sische Theater begründet und ein eigener Direktor er 
nannt, dem auch das Ballet, die Kammer- und Ballmusik, 
die italienische Oper und das französische Schauspiel zur 
Leitung übertragen wurde. Im Jahre 1806 wurden die 
kaiserlichen Theater in Moskau gegründet. Lange war 
die Verwaltung der Theater in beiden Städten getrennt, 
doch seit 1829 sind alle Theater einem Direktor unter 
Aufsicht des Hofministeriums unterstellt. Die eigent 
liche Baugeschichte der russischen Theaterbauten ist auf 
eine Epoche von ungefähr 35 Jahren beschränkt. Sie 
beginnt mit dem Jahre 1821 und ’endigt nach 1860. 
Architekten wmren Russen, Engländer, Italiener und 
Deutsche, die in kaiserlichen Diensten standen. Die 
stilistische Richtung dieser Zeit w r ar keine im Formen 
wesen streng ausgesprochene, es war ein Übergangsstil 
der klassischen Renaissance eines antikisierenden Stils 
mit vielfacher Anwendung von dekorativen Säulen 
stellungen zur italienischen Kunst des'Cinquecento. Die 
Hoftheater sind ohne Unterschied des Autors dieser für 
Theaterbauten so geeigneten Bauweise gefolgt und können 
als imposante Gebäude monumentalen Charakters be 
zeichnet werden. Das auf dem Alexanderplatz in Peters 
burg befindliche große Theater wurde vom Architekten 
Rossi im Jahre 1832 erbaut. Das mit einer eisernen Dach 
konstruktion ausgestattete Theater bedeckt eine Fläche 
von 3745 Quadratmeter und hat einen Inhalt von 103.585 
Kubikmeter. Der Zuschauerraum ist 22 Meter tief, 
21 Meter breit und 18 Meter hoch. Die Bühne hat eine 
Tiefe von 26*5 Meter, eine Breite von 21*5 Meter und 
eine Höhe von 28Meter. Die Unterbühne hat bei 6*5 Meter 
Gesamthöhe, 3 Stockwerke. Beim Abschluß unserer Be 
sprechung über Theaterbauten gelangen wir in das Land, 
wo ebenfalls wie in Italien das Theatervergnügen nicht 
ein Privilegium der besitzenden Klassen, sondern für das 
allgemeinste Publikum bildet, nämlich nach Spanien, 
wo das Volkstheater in jeder kleinen Stadt vertreten ist 
und zumeist gute Geschäfte macht. Als hervorragend 
unter den großen Theatern ist zu bezeichnen das „Gran 
Teatro del Liceo“ in Barcelona an der Rambla del Centro 
gelegen. Es wurde 1847 an Stelle des Trinitarier-Barfüßer- 
klosters erbaut, brannte jedoch 1861 ab. Dieses prächtige 
Gebäude mit einer imposanten Steinfassade im romanischen 
Stile zählt zu den größten und schönsten Opernhäusern 
und ist durch seine ausgezeichnete Akustik berühmt ge 
worden. Von den von mächtigen Rundbogen gebildeten 
Arkaden, die vor der Fassade einen breiten Balkon tragen, 
gelangt man in ein großes dreischiffiges Vestibül, welches 
im pompejischen Stile dekoriert ist. Eine Prachttreppe 
aus Marmor führt in das erste, mehrere Nebentreppen 
in die anderen Stockwerke des Zuschauerraumes, so daß 
kein Anstauen der Menschenmassen, eine Hemmung beim 
Verlassen des Theaters eintreten kann. Der Zuschauerraum, 
baut sich in fünf Galerien auf, deren letzte als ein Amphi 
theater mit guter Aussicht erscheint. Logen befinden sich 
auf drei Galerien und im Parterre, deren Brüstungen, um 
die Toiletten der Damen wahrzunehmen, aus fein 
gegliederten Eisengittern gebildet sind, eine nachahmens 
werte Einrichtung, die auch in den Logen der übrigen 
Ränge eingeführt wird. Wir schließen .unseren Artikel^ 
Zyklus über „Theaterbauten“ und glauben, denjenigen 
Lesern unseres Blattes, dem die Lösung der Theaterbau 
frage in Linz nicht gleichgültig ist, einen kleinen Hinweis 
über die Anlage, Ausschmückung und Einrichtung von 
Theatern im Auslande geliefert zu haben und werden 
nicht ermangeln, sobald obenbenannte Theaterangelegen 
heit reif wird, auch unsere Ansichten über ein vorliegendes 
Projekt an dieser Stelle hier kund zu geben. J. B. 
Aus den Gemeinderats-Sitzungen in Linz. 
(Sitzung vom 20. Juni 1906.) 
Über Antrag des Gemeinderates Dr. Pötsch wird 
die schon seit 5 Jahren geplante Einführung von Feuer- 
und Unfall-Meldeautomaten bei der Feuerwehr beschlossen. 
Es werden in Linz 4 Automatenzonen eingerichtet und 
in diese 4 Ringleitungen 26 Automaten eingeschaltet. Die 
Aufstellung dieser Automaten, welche auf 11.500 Kronen 
veranschlagt ist, wurde der Firma Siemens & Halske in 
Wien übertragen, welche die Verpflichtung übernommen 
hat, die Anlage auf eigene Kosten zu entfernen, falls sie 
den gestellten Ansprüchen nicht genügen würde. 
Nach dem Anträge des Gemeinderates Beyer be 
willigt der Gemeinderat die definitive Herstellung und 
Entwässerung der Straße bei den der Oberösterreichischen 
Baugesellschaft gehörigen Gründen auf den Stockbauern 
gründen und werden für diese Herstellungen 3500 Kronen 
bewilligt. Die Planierung und Beschotterung dieser 
Straße hat die Oberösterreichische Baugesellschaft auf 
eigene Kosten zu besorgen. Die Umlegung des Druck
	        
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