Volltext: X. Jahrgang, 1905 (X. JG., 1905)

Nr. 6. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Seite 49. 
Unser heutiges Bauholz. 
(Von J. Frankl.) 
Wer Stuttgart besucht, wird staunen, daß ein nicht 
unbeträchtlicher Teil dieser Residenzstadt aus Holzbauten 
besteht, welche den Unbilden des Wetters seit Jahr¬ 
hunderten trotzen. In Schweden befinden sich noch eine 
große Anzahl hölzerner Kirchen, welche aus dem drei¬ 
zehnten Jahrhundert stammen; in der Provinz Darlekarlien 
steht noch das Haus Ornoes, welches der Schauplatz 
jenes bekannten Ereignisses gewesen ist, bei welchem 
der Name des großen Gustav Wasa figurierte. Ebenso 
findet man in der Schweiz Holzbauten, deren reiche, stil¬ 
volle Ornamentik auf die gotische Zeit deutet und welche 
offenbar schon vor der Reformation entstanden sind. 
Dasselbe ist der Pall in vielen Orten Deutschlands und auch 
Frankreichs. Als vor Jahren in Wien das Starhembergsche 
Palais auf dem Minoritenplatze zur Aufnahme der Staats¬ 
eisenbahndirektion adaptiert wurde, sah Schreiber dieses 
eine Anzahl alter, jedoch gänzlich unversehrter Balken 
auf dem Bauplatze liegen, welche von einigen abgetragenen 
Deckenkonstruktionen im Innern jenes Gebäudes her¬ 
rührten und neuerdings wieder verwendet wurden. Da 
dieses Gebäude aus dem siebzehnten Jahrhundert stammt, 
kann daher mit aller Wahrscheinlichkeit geschlossen werden, 
daß zweckmäßig behandeltes Bauholz, selbst bei der für 
dessen Dauer ungünstigsten Verwendung, nämlich als 
Dippelbäume, durch mehrere Jahrhunderte den mensch¬ 
lichen Zwecken dient. Betrachtet man solch erfreulichen 
Resultaten gegenüber die traurigen Erfahrungen, welche 
mit Bauhölzern, namentlich Deckenkonstruktionen, an 
vielen Orten in neuerer Zeit gemacht worden sind, so 
sieht man sich ernstlich zu der Frage angeregt: wer 
trägt Schuld an jenen höchst bedauerlichen Vorkommnissen, 
welche persönliche Sicherheit und Eigentum in so hohem 
Grade gefährden? Wie kommt es ferner, daß unsere 
Holzschiffe von so geringer Dauer gegen ehemals sind? 
Warum endlich dauern eichene Eisenbahnschwellen kaum 
acht Jahre, wahrend ehedem eingegrabene Säulen viele 
Jahrzehnte der Fäulnis widerstanden ? Die Schuld tragen 
die Flüchtigkeit, mit welcher die Gebäude gegenwärtig 
aufgeführt werden, weshalb das ganze Jahr hindurch 
Holz gefällt werden muß, um nur dem massenhaften 
Verbrauch zu genügen: die Hast, welche eine zweck¬ 
mäßige Behandlung des gefällten Bauholzes, die regel¬ 
rechte Abästung, Abwipflung, Abrindung, Austrocknung 
und eventuell die Auslaugung nicht genügend gestattet; 
die Nachlässigkeit mancher Bauhandwerker, welche bis¬ 
her zu indolent waren, das Verfahren der Eisenbahnwagen¬ 
fabriken nachzuahmen, welche dem von ihnen verwendeten 
Holze alle die Dauerhaftigkeit zu verschaffen verstehen, 
welche der anstrengende Eisenbahndienst erfordert. 
Nebst diesen großen Übelständen sind es auch die 
fühlbare Abnahme unserer Holzbestände und das Steigen 
des lange Lagerung zur Austrocknung verhindernden Holz¬ 
preises, die eine Anwendung von Mitteln wünschenswert 
erscheinen läßt, welche die Holzkonstruktionen verlängert* 
indem sie dieselben gegen die zerstörenden Kräfte der 
Natur widerstandsfähig macht. Das Mittel hierzu besteht 
in der Imprägnierung der Hölzer. Unter den verschiedenen 
Methoden, welche zu diesem Zwecke vorgeschlagen worden 
sind, scheint nach der vor Jahren im niederösterreichischen 
Gewerbeverein vorgetragenen Ansicht Rosthorns, das von 
R. Avenarius in Amstetten erfundene und in Österreich 
patentierte Verfahren allen Anforderungen am meisten zu 
entsprechen. Dasselbe beruht auf der Imprägnierung mittels 
Kreosot- und Karbolsäure enthaltender Produkte, welche 
die fäulniserzeugenden Stoffe im Holz zerstören, durch 
trockene Destillation gewonnen und in Dampfform auf 
das Holz einwirkend gemacht werden. Diese Methode, 
welche seit einer Reihe von Jahren bei den Ausstellungen 
zu Wien, London und Paris prämiiert sowie von Gelehrten 
und Fachmännern als dem angestrebten Zwecke voll¬ 
kommen entsprechend anerkannt worden ist, hat den 
großen Vorzug, daß der Erfinder imstande ist, die Dauer¬ 
haftigkeit seines Verfahrens nunmehr durch vieljährige 
Proben vor Augen zu legen. 
Über Personenaufzüge in Wohnhäusern 
und Fabriken. 
Die immer mehr zunehmende Notwendigkeit, hohe 
Wohnhäuser, Fabriken und Magazine zu bauen, hat auch 
eine immer größere Verbreitung von Aufzügen der ver¬ 
schiedensten Art herbeigeführt. Je nachdem dieselben 
Personen- oder Lastenaufzüge sind, werden an sie in 
bezug auf die äußere Ausführung verschiedene An¬ 
forderungen gestellt, beiden Arten sind jedoch die 
Konstruktionsprinzipien gemeinsam, nur ist bei den 
Personenaufzügen besonderer Wert auf die Anordnung 
im.Bauplan des Gebäudes zu legen, da der bestkonstruierte 
Aufzug, am unrichtigen Orte aufgestellt, seinen Zweck 
gar nicht oder nur unvollkommen erfüllt. In dieser Be¬ 
ziehung gelten für einen Aufzug fast dieselben Be¬ 
dingungen, wie für die Anlage einer Treppe, die er ja 
zum Teil zu ersetzen hat. 
Der Personenaufzug soll sowohl im Parterre wie in 
den Stockwercken leicht und bequem zugänglich sein. 
Der Platz für den Aufzug ist möglichst geräumig und 
licht anzulegen, damit er nicht schon bei Tag beleuchtet 
zu werden braucht, auch ist derselbe nach Möglichkeit 
vor äußeren, besonders vor Witterungseinflüssen zu 
schützen. Diese Bedingungen werden am besten erfüllt, 
wenn der Aufzug im Treppenhaus untergebracht wird. 
Nur die allernotwendigsten Teile des Aufzuges und 
diese in hübscher, stilgerechter Form, werden im Treppen¬ 
hause untergebracht. Bei einem neuen, gut ausgeführten 
Aufzug, sieht man im Treppenhause nichts weiter, als 
ein elegantes Coupe, zwei schlanke, verzierte eiserne 
Führungssäulen und zwei oder drei Stahldrahtseile. Für 
die Sicherheit der Passanten wird dadurch Vorsorge ge¬ 
troffen, daß die Einsteigstellen durch ein etwa 2 Meter 
hohes Gitter abgeschlossen werden. 
Um durch den Einbau des Aufzuges dem Treppen¬ 
hause kein Licht zu entziehen, läßt man den Fahrstuhl 
frei im Hofraume und überdeckt nur die obersten Auf¬ 
zugsteile. Solche Anlagen sind nicht so ungünstig, als 
sie im ersten Augenblicke scheinen, weil man bei Be¬ 
nutzung des Aufzuges es kaum merkt, daß sich der 
Fahrstuhl im Freien befindet. 
Der Fahrstuhl oder das Personencoupe dient zur 
Aufnahme der Fahrgäste; seine Größe richtet sich nach 
der Anzahl der bei einer Fahrt aufzunehmenden Personen, 
oder auch nach dem für den Aufzug stehenden Raumd. 
Für vier Personen genügt eine Fahrstuhlgröße von 
1#50:P60 Meter Breite, 1*20: 1*30 Meter Tiefe und 
2-20 Meter Höhe. Der Schachtraum für einen solchen 
normalen Fahrstuhl soll 1-90 Meter breit und P40 Meter 
tief sein und die Überhöhe bei der obersten Austritts¬ 
stelle mindestens 4 Meter betragen. Der Querschnitt des
	        
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