Volltext: X. Jahrgang, 1905 (X. JG., 1905)

Seite 198. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Nr. 23. 
eines Teiles des Publikums, sich für Heizwesen überhaupt 
zu interessieren, sowie in dem eingewurzelten Vorurteil, 
gut erwärmte Wohnräume nur durch die üblichen mit 
Holz und Kohle geheizten Zimmeröfen erlangen zu können. 
Auch sind die Vorteile, welche die Gasheizung bietet, 
im großen Publikum noch zu wenig bekannt, um gehörig 
gewürdigt zu werden. Die Heizung mit Leuchtgas erzeugt 
bekanntlich weder Rauch, Ruß noch Asche, ist mit 
keinerlei Unsauberkeit verbunden, entbehrt das beschwer¬ 
liche Herbeischaffen von Kohle und Holz und die lästige 
Ofenreinigung fällt ganz weg. Im Auslande ist das anders; 
dort hat man die Nützlichkeit der Gasfeuerung schon 
lange erkannt und es hat sich dafür eine riesige Industrie 
entwickelt, die zur Förderung des Gaskonsums tätig ist. 
Es liegen uns Prospekte vor von Wiener, Berliner 
und englischen Firmen, welche zahlreiche Abbildungen 
von Gasapparaten enthalten, wie sie eleganter und zweck¬ 
mäßiger nicht gedacht werden können. Von diesen Ab¬ 
bildungen greifen wir eine heraus, die wir im folgenden 
erklären wollen. Es ist dies ein kleiner transportabler 
Heizkamin aus Gußeisen. Der Kamin, ein kleines zierliches 
Kästchen von zirka 30 Zentimeter Höhe, wird in einen 
beliebigen Winkel hingestellt und mit einem Gaszuleitungs¬ 
rohr verbunden. Nach vorne hat das Kästchen eine ver¬ 
gitterte Öffnung, die mit Asbeststoff verkleidet ist. 
Sobald das Gas angezündet wird, züngeln die Flammen 
durch das Gewebe und bilden so scheinbar einen reizenden, 
glühenden Feuerherd. 
Und da dieser Kamin gut erwärmt und keiner Be¬ 
dienung bedarf, so bietet er in dem Komptoir eines Ge¬ 
schäftes dem Chef oder Buchhalter desselben ein un¬ 
schätzbares Heizobjekt, für das er, schon wegen der 
Ungestörtheit der Feuererhaltung, keinen Ersatz zu finden 
wüßte. 
Auch die Heizung mit Leuchtgas in Wohn- und 
Wirtschaftsräumen mittelst größerer Kamine bietet An¬ 
nehmlichkeiten, die nicht nur in Bezug auf Reinheit und 
leichte Bedienung ihresgleichen sucht, sondern auch die 
Anschaffungskosten des Brennmateriales auf ein bedeutend 
niederes Niveau stellt, als Holz und Kohle. Was schließlich 
den Heizeffekt der Gasfeuerung anbelangt, so wird der¬ 
selbe mit keinem anderen Feuerungsmateriale erreicht 
und da von dem Ausströmen eines üblen Geruches, 
Befürchtung einer Explosionsgefahr nach dem heutigen 
Stand der Gastechnik nicht mehr die Rede sein kann, so 
dürfte es nicht lange mehr währen, daß die Gasheizung 
täglich mehr Anhänger und Freunde finden wird. Mit 
vorstehenden Zeilen wollen wir bloß bewirken, daß auch 
bei uns die Nützlichkeit eines Gegenstandes verstanden 
werden möge, dessen Bedeutung in ökonomischer und 
hygienischer Beziehung von allen Fachgelehrten bereits 
zugegeben wird. . Kornhoffer. 
Zur Geschichte der öffentlichen Be¬ 
leuchtung. 
i. 
Die Bewohner der meisten großen Städte der Jetzt¬ 
zeit werden sich nicht in jene Zeiten zurückversetzen 
können, in denen es an jeder — oder doch an jeder 
wirksamen — öffentlichen Erleuchtung der Plätze und 
Straßen fehlte und doch liegen jene Zeiten nicht lange 
hinter uns; denn von einer wirksamen öffentlichen Be¬ 
leuchtung kann man doch eigentlich erst seit der Ein¬ 
führung der Gasbeleuchtung reden. 
Bis dahin mühte man sich allerdings in vielfachen, 
aber nahezu vergeblichen Versuchen ab, der Nacht, „die 
keines Menschen Freund ist“, die unbeschränkte Herrschaft 
in den großen Sammelpunkten der Bevölkerung, wo großer 
Reichtum und große Armut nur zu oft zu Taten der 
Gewalttätigkeit, des Übermutes und des Verbrechens Anlaß 
gaben und geben, streitig zu machen. 
In den großen Städten des Altertums scheint man 
in dieser Beziehung gar wenig geleistet zu haben; in 
Rom hatte zwar der Stadtdirektor (prsefectus urbi), unter 
ihm der Nachtwächterdirektor (prasefectus vigiluno) seit 
Augustus sieben Kohorten von Nachtwächtern, von denen 
jede zwei Stadtquartiere vor und in Feuersgefahr zu behüten 
und zu retten, auch Raub und Einbruch verhindern sollte. 
Die Einwohner mußten, wie die modernen Haus¬ 
besitzer, ihren Feuereimer halten; aber von Erleuchtung 
der Straßen, sei es auch nur durch ausgehängte Laternen 
der Privatens, findet sich unseres Wissens keine Spur. 
Wie in Rom, so scheint es auch Jahrhunderte hindurch 
in Paris gehalten zu sein. Zwar mußten nach alten 
königlichen Ordonanzen und Parlamentsbefehlen, die 
namentlich in unruhigen Zeitläufen erlassen wurdeil, 
die Einwohner Licht an ihre Fenster und einen Eimer 
voll Wasser an ihre Türe stellen. Jedoch scheint nur die 
letztere Vorsicht einigermaßen befolgt worden zu sein, 
während die erstere stets erneuert werden mußte. Im 
Jahre 1558 schlug man ein abweichendes Verfahren ein, 
es sollte an jeder Straßenecke eine Pechfackel (falot) von 
10 Uhr abends bis 4 Uhr morgens brennen; reichte jedoch 
eine Fackel bei der Länge der betreffenden Straße nicht 
aus, um dieselbe von einem Ende bis zum andern zu 
erleuchten, so sollte noch eine zweite Fackel in der 
Mitte der Straße aufgestellt werden. 
Die Einrichtung dieser Falots war sehr einfach ; in 
einem großen eisernen Topfe, der an einer Kette von 
einem hölzernen Pfahle herabhing, wurde eine größere 
Masse Pech und Werg angezündet. 
Die politischen Wirren der Ligue (in den Jahren 
1576 bis 1596) machten dieser Einrichtung ein Ende. 
Mehrere Jahrzehnte wurde nicht mehr an eine Er¬ 
leuchtung der Straßen gedacht, obwohl die Sicherheit 
in Paris besonders auch bei den Unruhen der Fronde 
(1648—1654) viel zu wünschen übrig ließ. Im Jahre 1662 
endlich fand sich ein sinnreicher neapolitanischer Flücht¬ 
ling, Abbe Laudati Oaraffa, welcher sich dieser traurigen 
Zustände im Interesse des Gemeinwohles und seines Geld¬ 
beutels annahm und sich von Ludwig XV. das nachstehend 
beschriebene Privilegium auf die Dauer von 20 Jahren 
erteilen ließ. 
Er stellte auf seine Kosten Fackelträger (porte 
flambeaux) und Laternenträger (porte lanternes) auf, 
welche das Publikum auf nächtlichen Gängen gegen 
eine im voraus zu entrichtende Gebühr begleiteten. Die 
Art und Weise, wie diese Gebühr bemessen und über¬ 
haupt die ganze Einrichtung näher geregelt wurde, ist 
nicht uninteressant. Die Fackeln durften nur von den 
Pariser Epiciers bezogen werden, mußten 11/2 Livres 
wiegen, aus gutem gelben Wachs bestehen und mit dem 
Wappen der Stadt gestempelt werden. Sie waren in 
10 gleiche Teile eingeteilt; beim Gebrauch der Fackel 
wurde jeder dieser Teile mit 5 Sous bezahlt'; angebrochene 
Teile galten für voll. Die Laternenträger, welche posten¬ 
weise von 800 Schritt zu 800 Schritt aufgestellt waren 
und über deren Posten eine gemalte Laterne als Er¬ 
kennungszeichen sich erhob, hatten Laternen mit sechs
	        
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