Volltext: VIII. Jahrgang, 1903 (VIII. JG., 1903)

Seite 52. 
OBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Jahr und länger dem Dienste entzogen sind. Hier liegen 
die Verhältnisse für die elektrische Lokomotive erheblich 
günstiger. Sie ist nicht den zerstörenden Einflüssen von 
Rauch und Dampf ausgesetzt, sie bedarf nicht der fort¬ 
währenden Nahrungsaufnahme durch Wasser und Kohle, 
sie kann frei und ungehindert viele Stunden lang dahin¬ 
eilen und ist jederzeit zum Dienste bereit. Diese Be¬ 
trachtung ergibt, dass die elektrische Lokomotive eine 
viel grössere nutzbare Jahresleistung besitzt, so dass für 
die gleiche Strecke weniger elektrische Lokomotiven 
anzuschaffen sind und das in diesen Fahrzeugen investierte 
bedeutende Kapital besser ausgenützt wird, als beim 
Dampfbetrieb. Da nun die elektrische Lokomotive an 
sich viel weniger Erhaltung bedarf, der Tender ganz 
entfällt und überdies weniger Lokomotiven gebraucht 
werden, so ist es klar, dass sich bei der elektrischen 
Traktion die Kosten für Reparatur und Erhaltung der 
Lokomotiven und für den Werkstättendienst ganz be¬ 
deutend niedriger stellen müssen, als beim Dampfbetriebe. 
Es handelt sich hier um grosse Beträge, denn die Jahres¬ 
kosten für Erhaltung der Lokomotiven und Tender be¬ 
trugen beispielsweise im Jahre 1900 bei den österreichischen 
Bahnen 21*3 Millionen Kronen oder sechs Perzent der 
gesamten Betriebskosten. 
Hier kann also sehr viel erspart werden, ebenso bei 
den Auslagen für das Fahrpersonal auf den Lokomotiven. 
Heute ist b ekanntlich die Dampflokomotive vom Maschinen¬ 
führer und Heizer besetzt, welche angesichts der doppelten 
Arbeit für Maschine und Kessel unbedingt erforderlich 
sind. Die elektrische Lokomotive benötigt aber für die 
wenigen Handgriffe nur einen Mann. Sie bietet dem 
Personal einen bequemen, geschlossenen Aufenthaltsort, 
in dem neben dem Maschinisten als Reserve auch der 
Zugsführer, welcher den Fahrdienst gleichfalls erlernen 
muss, Platz findet. Auf den italienischen Versuchsbahnen 
ist der Dienst bereits so organisiert. Es wird also der 
Heizer vollständig erspart. Die Kosten für das Zugs- 
förderungs-Personal auf den österreichischen Bahnen 
betrugen im Jahre 1900 35*4 Millionen Kronen oder 
10 Perzent der gesamten Betriebskosten, welche sich 
beim elektrischen Betriebe demnach ganz bedeutend 
reduzieren würden. 
Man wird die hohe finanzielle Bedeutung, welche 
in diesen Darlegungen und Ziffern gelegen ist, zu würdigen 
verstehen, wenn man bedenkt, dass die Zugsförderungs¬ 
kosten, welche beim elektrischen Betrieb sich so be¬ 
deutend vermindern, im Jahre 1900 fast 35 Perzent der 
gesamten — 349 Millionen Kronen betragenden — Be¬ 
triebsausgaben der österreichischen Eisenbahnen aus¬ 
machten. Es ist, bevor zuverlässige Erfahrungsresultate 
vorliegen, natürlich nicht möglich, den grösseren oder 
minderen finanziellen Wert der einzelnen, angeführten 
Momente richtig einzuschätzen; man fühlt aber, dass es 
nicht allein die Kohlenersparnisse sind, auf welche die 
Wirtschaftlichkeit des elektrischen Vollbahnbetriebes sich 
stützen soll, dass vielmehr die aus anderen Ursachen 
resultierenden finanziellen Vorteile unter Umständen 
sogar die Höhe der Kohlenersparnisse erreichen könnten. 
Versuche über die Festigkeit von 
Schmirgelrädern. 
Die Berliner technische Zeitschrift „Der Gross¬ 
betrieb“ übersandte uns zur Reproduktion nachstehen¬ 
Nr. 7. 
den Aufsatz in der Anhoffnung, dass derselbe auch 
unseren technischen Kreisen von Interesse sein dürfte. 
In der „Zeitschrift des Vereines Deutscher Ingenieure“ 
veröffentlicht Professor M. Grübler in Dresden die Resul¬ 
tate seiner Versuche, welche er anstellte, um die Festig¬ 
keit von Schmirgel- und Karborundumscheiben zu er¬ 
mitteln. Der technisch-wissenschaftliche Ausschuss des 
„Vereines Deutscher Ingenieure“ hatte angeregt, der¬ 
artige Versuche anzustellen, um die zulässigen Grenzen 
für die Umlaufsgeschwindigkeiten von Schleifsteinen zu 
finden und der Verein Deutscher Ingenieure hatte die 
Mittel dazu bewilligt. Diese Versuche wurden mit Schleif¬ 
rädern von je 500 mm Durchmesser, 50 mm Dicke und 
50—80 mm lichter Weite der Bohrung vorgenommen; 
zehn deutsche und amerikanische Firmen hatten 54 
Schmirgelscheiben und 3 Karborundumscheiben zur Ver¬ 
fügung gestellt. 
Professor Grübler teilte die Schleifsteine nach ihrer 
Herstellungsweise ein in solche von vegetabilischer 
Bindung (gewöhnlich aus Kautschuk bestehend), mine¬ 
ralischer Bindung (zumeist ein Magnesia-Zement) und 
keramische Bindung (schamott- oder porzellanartige 
Masse; und die Scheiben sind in Weissglühhitze ge¬ 
brannt). 
Die Zugfestigkeit des Materials war im allgemeinen 
am grössten bei den Steinen von vegetabilischer Bindung. 
Die absolut grösste Zugfestigkeit von sämtlichen 57 Proben 
hatte ein Stein der Firma Naxos-Union (Julius Pfungst) 
Frankfurt a. Main, indem dessen Zugfestigkeitszahl = 287 
betrug. Welche Unterschiede in den Festigkeitszahlen der 
verschiedenen Fabrikate Vorkommen, ist daraus zu ersehen, 
dass der vegetabilisch gebundene Stein einer anderen 
Firma nur 134*3 Festigkeit hatte. Bei den Steinen von 
mineralischer Bindung (Magnesia-Zement) hatte die Firma 
Vereinigte Schmirgel- und Maschinenfabriken A.-G. 
Hannover-Hainholz die höchste Zugfestigkeitszahl näm¬ 
lich 189.2. Bei den Schmirgelsteinen von keramischer 
Bindung (in Weissglühhitze gebrannt) hatte wiederum 
die Firma Naxos-Union (Julius Pfungst) Frankfurt a. M. 
die höchste Zugfestigkeitszahl mit 137*2, während die 
amerikanischen Schmirgelsteine von keramischer Bindung 
(der Firma Norton Emery Wheel Oy., Worcester, U. S. A.) 
nur die Zugfestigkeitszahl von 97*4 hatten. Dieses letztere 
Ergebnis ist von besonderer Wichtigkeit, weil im Publikum 
vielfach noch die Ansicht verbreitet ist, dass die Amerikaner¬ 
scheiben mehr Sicherheit böten als die deutschen. 
Die Versuche von Professor Grübler werden jeden¬ 
falls dazu führen, dass die ministeriellen Vorschriften 
über die zu gestattende Höhe der Umlaufsgeschwindig¬ 
keiten bei Schleifrädern eine Aenderung erfahren. Die 
Festigkeit nahezu sämtlicher Fabrikate hat sich als so 
bedeutend erwiesen, dass sich eine so einschneidende 
Beschränkung, wie sie speziell die preussischen ministeri¬ 
ellen Vorschriften enthalten, wohl nicht mehr länger be¬ 
gründen lässt. 
Lokale Baunotizen. 
Zubau. Die Lebensmittelanstalt der k. k. Staatsbahn¬ 
angestellten auf der Wiener Reichsstrasse erhält einen 
stockhohen Zubau, der vom Baumeister Herrn Gustav 
Steinberger zur Ausführung gebracht wird. 
Aufbau eines zweiten Stockwerkes. Bekanntlich 
hat der hiesige Spenglermeister Herr Paul Papinsky 
das ehemalige Steinmetz Homerische Haus auf der Land-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.