Volltext: VIII. Jahrgang, 1903 (VIII. JG., 1903)

Nr. 1. 
Seite 3. 
OBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Erstens wenn die Mittelpunkte der Zapfen und der 
Klöppelkrampe mit einander zusammenfallen, ist es 
augenscheinlich, dass man dem Klöppel keinen Anstoss 
geben und derselbe überhaupt nicht der Glocke nach¬ 
fliegen kann. Zweitens kann die Entfernung zwischen 
diesen Mittelpunkten so gross sein, dass der Winkel, 
den der Klöppel zu durchlaufen hat, so gross gemacht 
wird, dass kein noch so kräftiger Anstoss ausreicht, ihn 
bis an die hohe Seite der Glocke zu schleudern. Er 
schlägt folglich an der niederen Seite an und zwar zur 
Unrechten Zeit und schlägt also, technisch gesagt, falsch 
— ein Umstand, der nachteilig für die Glocke und von 
dem Läuter schwer zu überwinden ist. Der Winkel, 
welchen die beiden geraden Linien einschliessen, die 
vom Mittelpunkte der Krampe durch die Mitte des 
Klöppels in seinen beiden entgegengesetzten Lagen ge¬ 
zogen werden, darf, um einen guten Schlag zu erzielen, 
60° nicht überschreiten. Wenn das Glockenseil selbst 
an den Klöppel gebunden und schräg über die Grund¬ 
rolle unter beträchtlichem Winkel gegen den gehörigen 
Weg des Klöppels gezogen wird, so ist das Resultat 
davon das, dass das Seil sich warm- und durchreibt und 
das Klöppelgehäuse die Krampe unregelmässig abnutzt 
und so dem Klöekel gestattet, die Glocke ebenso leicht 
an dem Unrechten wie an dem rechten Teil des Laut¬ 
bogens zu treffen. Wenn dies einige Zeit angedauert 
hat, ist es unsicher, die Glocke zu läuten, da das Seil 
in jedem Augenblick durchreissen kann, oder der Klöppel 
dadurch, dass er an der Unrechten Stelle die Glocke 
trifft, diese zersprengt. Viele schöne alte Glocken sind 
auf diese Weise zugrunde gegangen. Wenn Glocken 
in ähnlicherWeise geläutet werden müssen, sollten andere 
Seile und andere Grundrollen verwendet werden, so dass 
der Klöppel in seiner gehörigen Richtung schwingen 
kann; besser würden immer ein Paar Ellaeombe’scher 
Läuthämmer sein. Der Turm selbst und die Haupt¬ 
balken, welche den Glockenstuhl tragen, gehören mehr 
in den Bereich des Architekten als des Glockengiessers; 
aber sehr oft müssen die Glocken dem Turm angepasst 
werden, wenn der Turm nicht dazu eingerichtet war. 
Um das bei neuen Türmen zu vermeiden, sollte der 
Architekt stets vorher über die Zahl und Grösse der 
Glocken, die er unterzubringen hat, Bescheid wissen. 
Ein Geläute von acht Glocken erfordert einen vier¬ 
eckigen Turm, dessen Durchmesser viermal so gross ist 
als der Durchmesser der Hauptglocke, und ein Geläute 
von sechs Glocken einen S^mal so grossen Durchmesser; 
z. B. müsste für ein Achtglockengeläute mit vierfüssiger 
Tenorglocke der Turm 5/5 Meter Seite erhalten, um die 
Glocken in der gehörigen Weise auf hängen zu können. 
Die Hauptbalken sollten stets von hinreichender Stärke 
und Steifigkeit sein, welch letztere auf verschiedene 
Weise zu erreichen ist. Sie sollten auch stets hoch genug 
liegen, um die Schwellhölzer des Glockengehäuses direkt 
daran anbolzen zu können. Ihre Enden können in die 
Turmmauern eingreifen, wenn geeignete Löcher dazu 
ausgespart sind, so dass ein genügender Luftraum die¬ 
selben umspielt und ihre Entfernung resp. Erneuerung 
erleichtert wird. Der Glockenstuhl muss entweder sehr 
fest gegen die Mauern gestützt oder ganz frei von ihnen 
stehen. Bei einem verschobenen Stuhl ist es fast un¬ 
möglich, zu verhindern, dass ein nachteiliges Schwanken 
dem Turm mitgeteilt wird, ob seine Seiten dabei die 
Mauern berühren oder nicht. Die Läutestube muss hoch 
liegen und die Höhe derselben von ihrem Fussboden 
bis zu den Glocken hinreichend sein, um noch einen 
Zwischenboden zu verlegen. Wenn das nicht zu erlangen 
ist, kann die Unterseite der Hauptbalken zum Tragen 
eines Fussbodens hergerichtet werden, auf welchen eine 
Lage Sägespäne oder Kies, 30 bis 50 Zentimeter hoch, 
gebracht wird, um den Schall der Glocken nach den 
Läutmannschaften hin zu dämpfen. Wenn die Läutestube 
unmittelbar über einem Teile des Innern der Kirche 
liegt, sollte die Unterseite des Bodens ähnlich bepackt- 
sein, um den Schall der Fussbewegungen der Läut- 
mannschaften abzuhalten. Die Fenster der Glockenstube 
müssen gross sein und die Glocken über die Brüstungen 
hängen. Bei einem Achtergeläute mit vierfüssiger Tenor¬ 
glocke müssen die Fenster wenigstens 3 25 Meter hoch 
und P50 bis P60 Meter breit sein. Wenn Jalousien ver¬ 
wendet werden, müssen sie nicht zu eng sein. Ä. v. W. 
Unser heutiges Bauholz. 
Gewiss wird es vielen Lesern unseres Blattes von 
Interesse sein, Ausführliches über die Natur des Holzes 
und dessen Bearbeitung zu Bauzwecken zu vernehmen. 
In dem Querschnitt jedes rohen Baumstammes lassen 
sich drei wesentlich von einander verschiedene Teile er¬ 
kennen, die Rinde, der Splint und das Holz oder der Kern. 
Die Wurzeln mit ihren sich weit ausbreitenden und 
fein zerteilten Verästelungen saugen aus der Erde die¬ 
jenigen Teile auf, welche der Baum zu seiner Ernährung 
bedarf: kohlensaures Kali, schwefelsaure Salze (nament¬ 
lich Schwefelsäuren Kalk, Gips), Salpeter und salpeter¬ 
saure Salze, Kieselerde, Tonerde, Wasser etc. Diese 
Nahrungsteile werden durch die Leitfasern des Stammes, 
Bündel von dünnen, länglichen, oben und unten in eine 
feine Spitze endigenden Zellengefässen, empor bis in die 
Wipfel und durch alle Aeste und Zweige den Blättern 
zugeführt. Letztere bestehen ebenfalls aus länglich 
dünnen, vielfach verzweigten und verschlungenen Leit¬ 
fasern, oft von bewunderungswürdig schöner Zeichnung, 
zwischen welchen andere, mehr kugelförmige oder viel¬ 
eckige grünlich gefärbte Gefässe abgelagert sind. Diese 
sind es, welchen die Nahrung zugeführt, von welchen 
die letztere durch Einwirkung des Sonnenlichtes ver¬ 
arbeitet und umgestaltet, namentlich zu Kleber, Eiweiss¬ 
stoff etc. umgewandelt wird, und aus welchen die so 
umgebildete Nahrung durch andere Zellengefässe wieder 
dem Stamme zugeführt wird. Dieser Kreislauf der 
Pflanzensäfte, von der Erde durch den Stamm in die 
Blätter, und von diesen zurück nach dem Stamme, wird 
zum Teil durch die Rinde, ganz besonders aber durch 
Gefässe bewirkt, welche zwischen der Rinde und dem 
Holze, in demjenigen Teile des Stammes sitzen, welchen 
wir eben den Splint nennen. Jener Kreislauf erfolgt im 
Frühjahr und im Spätsommer, bevor die Blätter welk 
werden und abfallen, und die länglichen Zellen, welche 
den Saft leiten, behalten diese Fähigkeit nicht für immer, 
sondern nur 1—2 Jahre ; ein Teil dieser Zellen, und zwar 
die nach dem Mittelpunkt gelegenen, verliert alljährlich 
diese Fähigkeit, stirbt ab, verholzt, es bilden sich dadurch 
nach innen zu die sogenannten Jahresringe, Holzringe, 
von denen sich alljährlich einer bildet und nach welchen 
man daher das Alter jedes Baumes berechnen kann, 
während sich nach aussen zu alljährlich neue Leitzellen 
bilden. 
Diese kurze Beschreibung von dem Leben der Bäume 
und der Pflanzen überhaupt genügt zur Erklärung der 
Art und Weise, wie das Holz später verwendet wird.
	        
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