Nr. 3.
OBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG.
Seite 20.
Fabriksräume. Die Erfahrung lehrt aber, dass die Brände
der Maschinenhäuser einen nicht geringen Prozentsatz
der Fabriksbrände überhaupt bilden; die Entstehungs¬
ursachen des Feuers waren aber später in vielen Fällen
nicht mehr festzustellen. Es dürften darum für Fabriks¬
besitzer und -Leiter wie auch für Maschinisten einige
Ratschläge aus der Praxis von Interesse sein und die¬
selben veranlassen, gerade den Maschinenhäusern be¬
sondere Sorgfalt in Bezug auf die Feuersicherheit zuwidmen.
Ein grosses Gefahrsmoment bilden die als ziemlich
nebensächlich betrachteten Putzlappen. Wie sie nach
mehrmaligem Gebrauch ölgetränkt sind, werden sie leicht
entzündlich oder feuerfangend. In richtiger Erkenntnis
der Gefahr wird es möglichst vermieden, alte Putzlappen
in grösserer Menge anzusammeln. Nun aber bildet, was
nicht so bekannt sein dürfte, auch schon eine geringe
Menge der fettigen Lappen eine erhebliche Gefahr und
zwar wegen zu befürchtender Selbstentzündung. Den
dabei stattfindenden chemischen Prozess zu erklären,
dürfte nicht so einfach sein. Die Hauptgefahr besteht
darin, dass die öligen Stoffe nur lose zusammengepackt
werden und Luft in dieselben eindringen kann. Die im
Inneren entstehende Oxydationswärme kann nicht ent¬
weichen, wirkt destillierend auf das Oel und entwickelt
Gase, die sich beim Hinzutreten der Luft entzünden.
Professor Medem-Greifswald, der eingehende Versuche
mit allen zur Selbstentzündung neigenden Stoffen gemacht
hat, erklärt den Vorgang in der eben angegebenen Weise.
Mag nun der chemische Prozess sich in dieser oder
einer anderen Form abspielen, die Tatsache bleibt be¬
stehen, dass eine Erwärmung stattfindet, die schliesslich
zur Entzündung führt.
Am zweckmässigsten bleibt es darum, nur so viele
Putzlappen vorrätig zu halten, als unbedingt notwendig
sind. Man verwende dazu nur metallene Behälter, die
mit einem festschliessenden Deckel versehen sind. Der
üblichen Angewohnheit vieler Maschinisten, die Putz¬
lappen in irgend einen Winkel zu werfen und dort liegen
zu lassen, muss wegen der Gefahr der Selbstentzündung
gesteuert werden. So manches Feuer, dessen Ent¬
stehungsursache nicht mehr festgestellt werden konnte,
mag auf derartige Nachlässigkeit zurückzuführen sein.
Im Interesse des geregelten Betriebes liegt es ferner,
das Maschinenhaus nicht als Aufbewahrungsraum für
alte Kisten, Packmaterial etc. zu benützen. Dennoch
kann bei Revisionen häufig die Beobachtung gemacht
werden, dass gerade in der Nähe der Feuerungstüren
dergleichen leicht brennbare Gegenstände gelagert
werden, bei denen ein kleines Stückchen glühender
Kohle, das beim Oeffnen der Feuerungstür vielleicht
unbemerkt herausfällt, genügt, einen Brand zu verursachen.
Man sollte sich nur stets vor Augen stellen, dass
ein grösseres Feuer innerhalb des mit vielen brennbaren
Stoffen ausgefüllten Maschinenhauses für die Dampf¬
kessel eine grosse Gefahr bildet, da durch eine starke
Glut natürlich besonders schnelle Dampfentwicklung
verursacht wird, die leicht zur Explosion des Kessels
führen kann. Aber auch schon ein kleineres Feuer kann
die Beschädigung der Kesselarmatur und dadurch eine
Störung des Betriebes veranlassen.
Noch auf einen anderen Punkt haben die Fabriks¬
leiter ihr Augenmerk zu richten; es sind dies die von
den Maschinenhäusern ausgehenden Dampfheizungsrohre.
Soweit nur Abdampf durch die Röhren geht und in
dieser Weise zur Erwärmung der Räume benützt wird,
besteht für die in der Nähe der Röhren befindlichen
Holzteile und sonstigen anliegenden Gegenstände, wie
die Erfahrung lehrt, keine Gefahr; desgleichen, wie ver¬
schiedene Versuche ergeben haben, bei Niederdruck-
Dampfheizungen. Man frage aber einmal die Maschinen¬
meister, was sie unter Niederdruck-Dampfheizung ver¬
stehen; bei Inspizierungen der Fabriken wird man ge¬
wöhnlich zur Antwort bekommen, dass die Heizung
eine Niederdruckheizung sei und auf die Frage nach
dem Druck erhält man zur Antwort „3—4 Atm.“, weil
die Maschinisten der Ansicht sind, dass darunter wirklich
eine Niederdruck-Dampfheizung zu verstehen ist, während
bekanntlich der Druck nicht grösser als 0*5 Atm. sein darf.
Heizungen-mit über 05, Atm. sind Hochdruckheizungen.
Es ist im allgemeinen eine Kleinigkeit, dieser Gefahr
zu begegnen, indem einfach überall da, wo die Heizrohren
oder -Körper den Fussboden oder irgendwelche Holz¬
konstruktionen berühren, der nötige Abstand gehalten
wird. Ebenso kann durch Anbringen von Gittern ein
Gegenlehncn oder Auflagern von brennbaren Gegen¬
ständen verhindert und dadurch die Feuersicherheit
erhöht werden.
Für die Beleuchtung der Maschinenhäuser, soweit
dabei Petroleum oder Gas in Frage kommen, ist beob¬
achtet worden, dass im allgemeinen mit der nötigen
Vorsicht vorgegangen wird und der erforderliche Abstand
der Flamme von Holz und Balkendecken gehalten wird.
Anders ist es bei elektrischem Licht. Man findet häufig,
dass gerade in den Maschinenhäusern die Leitungen für
die Glühlampen mit grosser Sorglosigkeit verlegt werden.
Jeder Maschinist glaubt auch der geborene Elektro¬
techniker zu sein und wenn eine Glühlampe einen ihm
nicht genehmen Platz hat, so verlegt er sie auf eigene
Faust. Die elektrische Beleuchtung an sich wird für
Fabriken die sicherste und beste Anlage sein und vor
Gas- und Petroleum-Beleuchtung den Vorzug verdienen;
dieser Vorzug besteht aber nur dann, wenn die Leitung
auch in richtiger und sachgemässer Weise verlegt ist
und die vom Verbände deutscher Elektrotechniker heraus¬
gegebenen Installations-Bestimmungen befolgt sind. Viel¬
fach betrauen die Fabriksleiter auch ihre Maschinisten
mit kleinen Aenderungen an der elektrischen Leitung;
aus dem eben angeführten Grunde kann nicht genug
darauf hingewiesen werden, dass hier Sparsamkeit übel
angebracht ist.
Diese Hinweise werden vielleicht dazu beitragen,
der Feuersicherheit der Maschinenhäuser die erforderliche
Aufmerksamkeit zuzuwenden. Dass damit nicht sämt¬
liche Entstehungsursachen der Brände angeführt sind,
ist selbstverständlich und dürfte darum im übrigen den
Maschinenhäusern dieselbe Aufmerksamkeit geschenkt
werden wie den anderen Fabriksräumen.
„Feuerpolizei
Der elektrische Betrieb auf Vollbahnen.*)
Unter Zugrundelegung der elektrischen Traktionsversuche
in Italien.
Von Ingenieur Fritz Golvig.
I.
Am 4. September 1902 wurde eine elektrische Bahn
dem regulären Betriebe übergeben, deren Fertigstellung
von den technischen Kreisen aller Kulturländer mit
grosser Spannung erwartet wurde. Es ist die bisher mit
*) Reproduziert mit Bewilligung des Verfassers aus der
„Neuen Freien Presse“ vom 4. und 11. November 1902.