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Nr. 2.
OB E ft ÖSTERREICH] S(JH E BAU ZEIT UNO.
und die Herstellung von Betonfundamenten, Holz¬
verschalungen, die Beschaffung von eisernen Trägern
und vielen anderen Sachen in grossem Umfange ge¬
schehen musste.
Das Gebäude bedeckt eine Fläche von etwa 3700
Quadratmeter. Der Hauptraum desselben ist eine
Maschinenhalle von etwa 100 Meter Länge bei 14 Meter
Breite. Diese Halle hat einen Laufkrahn erhalten, der
die ganze Länge derselben entlang laufen und schwere
Maschinen an jede beliebige Stelle transportieren kann.
Ein Viertel der Halle ist mit Betonfundamenten für die
Aufstellung von Maschinen und Dynamos versehen.
Diese Halle wird nur zur Demonstration benützt werden,
während die Kraft und Heizung von der alten Kraft¬
station geliefert werden. Von der Maschinenhalle geht
zwecks Transportes von Maschinen ein Geleise nach
einem Hörsaal, in dem 400 Zuhörer Platz haben. Es be¬
finden sich ausserdem in dem Gebäude verschiedene
kleinere Räume zum Studium für die Schüler, ein kleiner
Hörsaal, sowie eine Werkstätte, um den Gebrauch der
Werkzeuge und Geräte beim Zusammensetzen und Be¬
arbeiten von Maschinen zu zeigen. Auf einer anderen
Seite sind neun Klassenzimmer, ein grosser Hörsaal, ein
Raum für Lichtmessungen, eine Bibliothek, ein Studier¬
zimmer, ein grosses Laboratorium und vier Zimmer für
die Professoren der Abteilung. Alles in allem besitzt
das Gebäude 47 Räume. Das Dach hat 70 Oberlichten,
die ein schönes Nordlicht geben. Für Ventilation und
Heizung sind ausreichende Installationen vorgesehen. Die
Heizung erfolgt durch Dampfheizschlangen, wmhrend die
Beleuchtung elektrisch ist.
Um diesen Bau scharf überwachen zu können, er¬
richtete Mr. Gilbreth auf einer Seite des Baues zunächst
ein Gerüst, das als Hauptquartier mit Telephon, Sprach¬
rohren und Feldstechern versehen war. Von hier aus
leitete der Baumeister mittelst der genannten Instrumente
die Arbeit. Als die Mauern seine Plattform erreichten,
etablierte sich Mr. Gilbreth auf dem Dache eines be¬
nachbarten Hauses, von welchem aus die Arbeiten be¬
obachtet und geleitet wurden. Das Rammen der Pfähle
nahm 13 Tage in Anspruch, nach 7 weiteren Tagen
waren die Fundamente fertig, 8 Tage später waren die
Mauern hoch und ein grosser Teil des Daches aufgesetzt,
nach 35 Tagen war das Gebäude unter Dach und Fach.
Wodurch wird das Ansehen des
Handwerkerstandes geschädigt ?
Von Alfred Halfpaap, Techniker, St. Johann-Saarbrücken.
Es ist eine nie auszurottende böse Eigenschaft der
Menschen, sich für mehr auszugeben, als sie im täg¬
lichen Leben vorstellen, sie verleugnen dadurch sozu¬
sagen ihren Beruf und schädigen diesen dadurch. Dies
gilt nun speziell vom Handwerker, der hauptsächlich in
grösseren Städten sich sehr oft als etwas anderes ausgibt
als er in Wirklichkeit ist. Man frage nur einmal Leute,
denen man auf den ersten Blick manchmal den ar¬
beitenden Handwerker schon ansieht; die richtige Ant¬
wort als: Schlosser, Bäcker, Tischler, Schuhmacher etc.
wird man da selten erhalten, desto mehr aber Monteur,
Elektrotechniker, Maschinenmeister, Werkmeister etc. etc.
und gar oft noch das Wort: Kaufmann. Dies ist doch
sehr traurig ; denn dadurch stellt der Handwerker seinem
Stande ein schlechtes Zeugnis aus, er tut gewissermassen
so, als wenn er sich seines Standes schämen müsste. Die
Folge davon ist, dass das Ansehen des gesamten Hand¬
werkerstandes dadurch schwer verliert, ein Stand, der
vor einigen Jahrhunderten noch als erster tonangebender
Stand in allen Städten mit allen Ehrenämtern belehnt
und betraut Lwurde, der also gesellschaftlich und auch
materiell eine grosse Rolle spielte. Die Handwerker
wahrten aber auch damals ihre Rechte und hielten ihren
Stand hoch, nahmen keinen in ihre Reihe auf, der nicht
berufen schien, ihrem Handwerkerstand zu nützen und
diesen zu fördern.
Man kann ja auch die Menschen der heutigen Zeit
nicht mit denen der sogenannten guten alten Zeit ver¬
gleichen, denn heute ist alles anders geworden; was da¬
mals langsam in gleichmässigen, doch gutem, gesunden
Tempo vor sich ging, geht heute nervös, hastig, ober¬
flächlich, elektrisch und oft in schlechtem, krankhaftem
Zustande vor sich, wenn nur der äussere Lack, mit dem
alles heutige sozusagen umgeben ist, recht schön und
neu aussieht. Zur genaueren Besichtigung hat man ja
heute — keine Zeit mehr.
Was nun so im Anfang dieser Zeilen vom Handwerks¬
gesellen gesagt wurde, gilt nun leider auch vom Hand¬
werksmeister. Man gehe nur einmal die Hauptstrasse
einer grösseren Stadt entlang und suche zwischen den
prunkhaften Schildern nach solchen, dessen Besitzer
sich als Handwerksmeister zu erkennen gibt; man wird
solche nur sehr spärlich finden oder ganz vermissen.
Ein leichtgläubiger Beurteiler wird nun keinen Hand¬
werksmeister in den Hauptstrassen finden und wird
dann diesen Stand als armselig betrachten, wenn er
nur in kleinen Strassen und Gässchen vereinzelt das
Schild eines Handwerksmeisters erblickt, denn wenn
der Meister in diesen Strassen ein etwras grösseres
Geschäft betreibt, ist er nicht mehr Handwerksmeister,
sondern „Fabrikant“, seine Werkstatt ist eine „Fabrik“.
Und doch gibt es auch auf den vorhergenannten Haupt¬
strassen Handwerksmeister. Angenommen, man betritt
den Laden einer „Hutfabrik“ (wie es draussen angegeben
stand) und findet nur immer einen gutsituierten Hutmacher¬
meister oder dessen Familienmitglieder vor, während sich
die Fabrik in Nebenräumen im Hinterhause oder gar im
Keller in Gestalt von 1 bis 3 Gesellen und einigen
Lehrlingen entpuppt, die das Aufgarnieren und Fertig¬
machen von vielleicht aus „England“ in Deutschland
bezogenen Hutfassons zu verrichten haben oder sonstige
Reparaturen an Hüten ausführen. Man hat es also doch
hier mit einem offenbaren Handwerksbetriebe zu tun,
doch schämt sich sein Inhaber, sich als Hutmacher¬
meister zu erkennen zu geben. Das ist ja nach seinen
Begriffen eine zu kleinliche Bezeichnung, er ist „Fabrikant“
oder „Kaufmann“. Das klingt nach seinem Begriffsvermögen
viel besser. Und so könnte man noch viele Beispiele auf¬
zählen, wo sich ein Schneidermeister als Inhaber eines
„Herrenbekleidungs-Instituts“, ein Schuhmachermeister
als Inhaber eines „Schuhgeschäftes“, ein Sattlermeister
als Inhaber eines „Sattler- und Polstergeschäftes“, ein
Tischlermeister als Inhaber des grössten „Möbel¬
lagers und Fabrik“, ein Bäckermeister, dessen Haupt¬
verdienst in der Herstellung von Brot und Semmeln
besteht, aber noch nebenbei einige Back- und Konditor¬
waren herstellt, und auch vielleicht noch das Neben¬
stübchen zum Gemessen seiner Fabrikate zur Verfügung
stellt, schreibt draussen an: „Konditorei und Cafe“ u. s. w.
Wie sehr nun dadurch dem so sehr dem Nieder