Volltext: VIII. Jahrgang, 1903 (VIII. JG., 1903)

Nr. 17. 
ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Seite 133. 
Infolgedessen scheint auch der Wiener Magistrat von 
den Vorteilen einer allgemeinen Trottoir-Asphaltierung 
überzeugt zu sein, denn derselbe hat kürzlich beschlossen, 
dass in Zukunft bei sämtlichen Neuherstellungen von 
Trottoirs Asphalt angewendet werden muss. Bei der 
Normierung eines bestimmten Asphaltierungs-Projektes 
ist es stets ratsam, zuförderst die verkehrsreichen, lang¬ 
gezogenen Strassenzüge des inneren Stadtteiles für 
Asphalt zu reservieren, sowie sämtliche seitlichen An- 
schlusstrassen, damit nicht allzu viel Kot von den seit¬ 
lichen Steinstrassen auf die Hauptasphaltstrassen gelangt. 
Ist einmal eine derartige Hauptverkehrsader asphaltiert, 
so ergeben sich die weiter zu asphaltierenden Strassen¬ 
züge bald von selbst, denn es liegt in der Natur des 
Menschen, auf den Besitz seines Nachbars neidig zu sein, 
und es dauert gewöhnlich nicht lange, bis die Bewohner 
anderer Strassen mit Petitionen um Verbesserung des 
Pflasters an die Stadtgemeinde herantreten. 
Nicht unerwähnt wollen wir die jetzt auch von der 
Neuchätel Asphalte Company eingeführten hydraulisch 
gepressten Stampfasphaltplatten lassen, welche sich 
namentlich für Provinzstädte empfehlen, da dieselben 
leicht verlegt werden können, ohne kostspieligen Trans¬ 
port von Apparaten und Werkzeugen selbst bei schlechter 
Witterung und infolge dessen sich grosser Beliebtheit 
erfreuen. 
Zum Schlüsse stellen wir uns eine ganz mit Asphalt 
gepflasterte Stadt vor und nehmen an, dass der Antrag 
gestellt würde, den Asphalt durch den Stein zu ersetzen. 
Wir überlassen es einem jeden Interessenten, sich über 
den Verlauf einer derartigen Debatte seiner eigenen 
Phantasie hinzugeben. 
So viel steht fest: Keine Stadt ist reich genug, den 
Luxus einer schlechten Strassenpflasterung rechtfertigen 
zu können. 
X X 
X 
Offizielle Beschreibung der Asphaltminen 
der Neuchätel Asphalte Company in Val de 
Travers, Kanton Neuchätel (Schweiz) aus dem „Reise¬ 
berichte über Paris“, herausgegeben vom Magistrate der 
k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien, 1901: „Bericht 
über Strassenbau und Strassenpflege“ von Bauinspektor 
Al. Swetz. 
Der Gefertigte hat auf seiner Reise nach Paris 1901, 
der an die Gemeinde Wien gerichteten Einladung Folge 
leistend, die weltbekannten Asphaltbergwerke der 
Neuchätel Asphalte Company in Val de 
Travers nächst Neuchätel in der Schweiz, unweit der 
französischen Grenze besucht. Der dort gewonnene 
Asphaltstein, ein bitumenhältiger Kalkstein von grosser 
Reinheit, wird fast ausschliesslich zu Asphaltpflasterungen 
verwendet. Das Bitumen, welches organischen Ursprunges 
ist, hat das Gestein derart durchtränkt, dass dieses ein 
vollkommen gleichmässiges Aussehen besitzt. Das ver¬ 
wendbare Gestein enthält 9 bis 11 Perzent Bitumen. Es 
sind nur wenige Orte in Europa bekannt, an welchen 
sich solches mit den entsprechenden Bitumengehalte 
versehenes Gestein vorfindet. Das brauchbare Asphalt¬ 
gestein tritt in Val de Travers in einer Schicht von ver¬ 
glichen 3 Meter Stärke auf, deren Ausdehnung in der 
Längenrichtung des Tales ungefähr 1 Kilometer, in der 
Breitenrichtung nur einige hundert Meter beträgt. Diese 
Schichte liegt nur auf einer, und zwar auf der rechten 
Seite des Tales, beginnt an der Terrainoberfläche, fällt 
aber quer dem Tale entgegengesetzt dem Gefälle der 
Terrainoberfläche ab und endet dann mit einer Ver¬ 
werfung der. Schichten plötzlich. An der gegenüber 
liegenden Talseite tritt das Gestein ebenfalls, jedoch nur 
in geringen Mengen auf. 
Die Ausbeutung des Asphaltgesteines reicht bis zum 
Anfänge des 18. Jahrhunderts zurück. Damals wurde 
daraus ein Zement erzeugt, ferner; ein Oel gewonnen, 
welches als Medikament gedient hat. Erst im 19. Jahr¬ 
hundert wurde der Betrieb in grösserem Masse aufge¬ 
nommen ; 1850 wurde begonnen, Mastic zu erzeugen und 
den Stein an Ort und Stelle zu pulverisieren. Zu dieser 
Zeit hat man auch angefangen, Asphaltpulver zur Maka- 
damisierung der Strassen zu verwenden. Seither hat der 
Abbau immerfort zugenommen. 
Während in älterer Zeit die Gewinnung vom Tage 
aus erfolgte, wird dieselbe nunmehr schon lange wegen 
der grossen. Tiefenlage des Gesteines bergmännisch be¬ 
trieben. Das Bergwerk hat bereits eine bedeutende Aus¬ 
dehnung erreicht. Die Länge der aufgeschlossenen Stollen 
soll zirka 35 Kilometer betragen. Der Betrieb wird derart 
geführt, dass eine vollständige Ausbeutung des Lagers 
ermöglicht wird und Setzungen des überlagerten Erd¬ 
reiches vermieden werden. Die ausgebeuteten Stellen 
werden deshalb wieder mit minderwertigem, an der 
Terrainoberfläche gewonnenem Gestein und mit Erd¬ 
materiale ausgeschlichtet, was allerdings mit beträcht¬ 
lichen Kosten verbunden ist. Zu diesem Behufe werden 
die Stollen so angelegt, dass zwischen diesen Pfeiler von 
18 X18 Meter verbleiben. Die letzteren werden dann 
nach und nach in einzelnen Partien weggenommen und 
die ausgebeuteten Teile sofort wieder zugeschüttet. Die 
in die Grube zurückkehrenden Wägen werden benützt, 
um Ausschlichtungs-Materiale zuzuführen. Der Asphalt¬ 
stein wird mit Pulver gesprengt, das Bohren geschieht 
mit der Hand, die Förderung wurde bis jetzt mit Pferden 
bewerkstelligt; in letzterer Zeit ist hiefür eine elektrische 
Betriebsanlage mit einem Kostenaufwande von 400.000 K 
hergestellt worden. Bei Besichtigung war diese schon 
beinahe fertig, jedoch noch nicht in vollem Gange. Zur 
Erzeugung des elektrischen Stromes wird Dampfkraft 
verwendet, da für alle Zeiten ausreichende Wasserkräfte 
der Gesellschaft nicht zur Verfügung stehen. Zur Wasser¬ 
förderung dienen 6 Maschinenanlagen mit einer Leistungs¬ 
fähigkeit von 1,680.000 Liter per Stunde, wovon drei 
elektrisch, die anderen mit Dampf getrieben werden. Der 
Betrieb des Bergwerkes wird Tag und Nacht fortgesetzt. 
Der zu Tage geförderte Asphaltstein wird teils als 
Rohprodukt, und zwar sogleich oder nach vorgenommener 
Mahlung versendet und zu diesem Behufe direkt in 
Eisenbahnwägen verladen, teils zu Asphaltpflasterplatten 
oder durch Erhitzung und Zusatz von einem leichter 
flüssigen, möglichst reinen Asphalte (Trinidad-Asphalt) 
zu Mastic verarbeitet und dann erst verschickt. Die Ver¬ 
sendung erfolgt nach allen Teilen der Erde. 
Am Bestimmungsorte wird das Material bekanntlich, 
wenn dies noch nicht geschehen ist, pulverisiert, dann 
erhitzt und zu Stampfasphalt verwertet oder in Mastic 
umgewandelt und als solcher zu Gussasphalt verwendet. 
In Oesterreich, wohin aus Zollrücksichten nur Rohmaterial 
gelangt, geschieht die Verarbeitung in der Wiener Fabrik 
der Gesellschaft. Diese vorangeführten Materialien werden 
im Gegensätze zu künstlichen Produkten als Naturasphalt 
bezeichnet. 
Die Produktion des Asphaltbergwerkes zur Zeit der
	        
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