Volltext: VIII. Jahrgang, 1903 (VIII. JG., 1903)

Seite 132. 
ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Nr. 17. 
erzeugten je 1 Tonne 
(1000 Kilogramm) 
Strass enabfuhr 
300 m2 Maoadam 
400 m2 Granit 
1400 m2 Holz 
3300 m2 Asphalt 
dass also Granitpflaster 81/2mal so viel Kot und Staub 
erzeugte, als Asphalt. 
Bereits im Jahre 1878 äusserte sich die Bauver¬ 
waltung des Berliner Magistrates (Verwaltungsbericht 
Nr. 16), dass durch Verbesserung des. Pflasters eine Er¬ 
sparnis an Erhaltungskosten des Pflasters, sowie der 
Wagen und Pferde von über 6 Millionen Mark jährlich 
erreicht werden könne. In der Tat' ist die Asphaltierung 
der Stadt (es liegen jetzt in Berlin 2,500.000 Quadrat¬ 
meter Asphaltstrassen)*) für dieselbe finanziell — ganz 
abgesehen von der durch die Asphaltierung erzielten 
Verschönerung und den wichtigen hygienischen Vor¬ 
teilen — von grossem Vorteile gewesen, denn im Jahre 
1879 betrug die Abfuhr 106.651 Fuhren, im Jahre 1899 
fast genau so viel, nämlich 105.952. Da man nun berück¬ 
sichtigen muss, dass vor zwanzig Jahren die Strassen- 
reinigung nicht so sorgfältig betrieben wurde, wie jetzt, 
ferner, dass die Bevölkerung abnorm zugenommen und 
der Strassenverkehr jetzt geradezu imposant geworden 
ist, so geben diese authentischen Ziffern jedem Vor¬ 
urteilsfreien genügendes Material zu der unumgänglichen 
Schlussfolgerung, dass die Asphaltierung ein Segen für 
jede Stadt ist. 
In hygienischer Beziehung aber lassen sich die Vor¬ 
teile des Asphaltes nicht direkt in Ziffern, sondern nur 
indirekt durch Verminderung der Nervenerkrankungen, 
sowie Erkrankung der Seh-, Hör- und Atmungsorgane 
nachweisen, und welcher noch so geschickte Statistiker 
könnte dies in verlässlichen Ziffern ausdrücken, welche 
uns auch nur eine annähernde Idee von den Hundert¬ 
tausenden oder Millionen in Geldwert geben würden, 
welche einer Kommune durch derartige Erkrankungen 
jährlich erwachsen. Asphalt ist geräuschlos für den Ver¬ 
kehr, es ist fugenlos und erzeugt keinen Staub und lässt 
sich leicht ab waschen. Wie anders dagegen Granit oder 
Holz. Erster es verursacht betäubenden, nervenerschüttern¬ 
den Lärm und ruft Lungen-, Augen- und Nasenkrank¬ 
heiten in grossem Masstabe hervor, letzteres ist zwar 
geräuschlos, aber hygienisch ebenso verwerflich, wie das 
Granit, weil es Fugen hat, Wasser aufsaugt und einen 
gesundheitswidrigen, mit Fäulniskeimen getränkten Staub 
und Ausdünstungen ab wirft, überhaupt bis jetzt fast 
überall, wo es in grösserem Masstabe eingeführt wurde, 
schliesslich durch Asphalt ersetzt worden ist. Wo es sich 
dennoch behauptet hat, kann man mit Zuversicht an¬ 
nehmen, dass es dasselbe Schicksal ereilen wird. Es 
herrscht in nicht gut informierten Kreisen die falsche 
Idee, dass Asphalt ein teures Pflaster ist, es lässt sich 
aber nachweisen, dass es das billigste Pflaster unter allen 
anderen erstklassigen Pflastermaterialien ist, was direkte 
Kosten der Herstellung und Unterhaltung betrifft. Wenn 
man nämlich einem Pflaster gerecht werden will, muss 
man die Herstellungs- und Unterhaltungskosten auf die 
*) Wie sehr Asphalt das Holzpflaster in den letzten Jahren 
überflügelt hat, geht z. B. aus einer interessanten Zusammen¬ 
stellung des Stadtbauinspektors Pinkenburg („Technisches Ge¬ 
meindeblatt“, Berlin, 5. Juli 1900, „Die Pflasterungsverhältnisse 
der städtischen Strassen im Deutschen Reiche“) hervor. Derselbe 
konstatiert, dass Anfangs des Jahres 1900 die mit Holz gepflasterte 
Strassendammfläche in den berücksichtigten 97 deutschen Gemeinden 
nur 10 Perzent (270.530 Quadratmeter) der mit Stampfasphalt 
belegten Strassendammfläche (2,676.970 Quadratmeter) betrug. 
Dauer von zwanzig Jahren berechnen. Die Maximum- 
Lebensdauer von Holzpflaster, selbst bei bedeutenden 
Reparaturen, ist bekanntlich acht Jahre, die Lebens¬ 
dauer von Asphalt 16 bis 20 Jahre, bei geringen Repa¬ 
raturen. Wir ersehen also, dass in zwanzig Jahren Holz 
mindestens zweimal ganz neu hergestellt werden muss, 
Asphalt aber nur einmal. Ausserdem ist heutzutage der 
Herstellungspreis für Holzpflaster per Quadratmeter schon 
an und für sich gewöhnlich höher als für Asphalt. Granit 
kommt bei einer-modernen Pflasterung überhaupt nicht 
in Betracht, es verbleibt also, nur die Wahl zwischen 
Holz und Asphalt, Es ist von Fachmännern nachgewiesen 
worden, dass die Gesamtkosten einer Asphaltpflasterung, 
auf zwanzig Jahre berechnet, um zirka 30 Perzent ge¬ 
ringer, sind, als die einer Holzpflasterung. Kein Wunder, 
dass schon aus dieser Rücksicht allein — abgesehen von 
seinen vielen anderen Vorteilen — Asphalt schliesslich 
immer seinen Vorrang behauptet, leider in einigen be¬ 
kannten Fällen erst, nachdem mit anderen Materialien 
traurige und kostspielige Erfahrungen gemacht wurden. 
Die Gegner der Asphaltierung : behaupteten lange 
Jahre hindurch, dass Asphalt zu schlüpfrig sei, um all¬ 
gemeine Anwendung zu finden. Diese Behauptung ist 
gänzlich widerlegt worden, schon allein durch die Aus¬ 
dehnung, welche Asphalt in den Gressstädten erreicht 
hat. Die Strassensäuberung muss aber mit derselben Hand 
in Hand gehen, denn wenn Asphalt rein gehalten wird, 
so ist es gewissermassen nicht nur nicht mehr, sondern 
weniger schlüpfrig als Granit oder Holz. Wenn ein Pferd 
auf Granit zu Fall kommt, trägt es sicherlich bedeutende 
Verletzungen davon, dass aber ein Pferd durch einen 
Fall auf Asphalt erheblich verletzt wurde, ist eine so 
grosse Seltenheit, dass es schwer wäre, einen derartigen 
Fall anzuführen. Dies beweist auch die Erfahrung der 
Feuerwehr in New-York, Berlin und anderen Städten, 
wo selbst bei dem schärfsten Galopp durch die Strassen 
ein Ausgleiten eine Seltenheit ist. Colonel Haywood, als 
Oberingenieur der Londoner City, sagte vor vielen Jahren, 
dass, wenn einmal ein Pferd auf Asphalt ausgleitet, viel 
mehr Aufsehen davon gemacht wird, als wenn zehn 
Pferde auf Granit stürzen, da man an letzteres ja schon 
so gewöhnt sei, dass man es gar nicht bemerke. Der 
schon oben erwähnte Verwaltungsbericht des Berliner 
Magistrates für das Jahr 1899 konstatiert, dass nach den 
dortigen Erfahrungen Holz viel schlüpfriger ist, als 
Asphalt. Diesen offiziellen Aeusserungen gegenüber werden 
derartige Bemängelungen des Asphaltes gegenstandslos. 
Wir haben bis jetzt nur die Asphaltierung von Fahr¬ 
strassen behandelt, doch bietet die Asphaltierung der 
Gehwege und Trottoirs dieselben Vorteile. Paris besitzt 
die ausgedehnteste Asphalt-Trottoirfläche irgend einer 
Grosstadt, nämlich 3,500.000 Quadratmeter. Bauinspektor 
P. Kortz vom Wiener Stadtbauamte berichtete anlässlich 
seines letztjährigen offiziellen Besuches von Paris behufs 
Studiums des Pariser Strassenverkehrswesen: „Dass 
dieser Massenverkehr aber stattfinden kann, ohne viel 
zu belästigen, und dass das stundenlange Lustwandeln 
auf den Trottoirs wirklich ein Vergnügen macht, ist 
hauptsächlich den Strassenanlagen und den Strassen- 
Befestigungsmitteln zu danken. Die grossen Trottoir¬ 
breiten von 10 Meter und mehr auf den Boulevards und 
von 6 bis 8 Meter in den meisten Haupt Strassen, die 
schönen Alleen, vor allem aber der angenehme Asphalt 
auf allen Fussteigen und Alleen ermöglichen einen längeren 
Spaziergang in der Stadt, ohne zu sehr zu ermüden. “
	        
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