Nr. 14.
ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITHNO.
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wie er zur Karbidfabrikation verwendet wird; doch ge¬
nügen auch unter Umständen unreinere Qualitäten, die
man bei der Karbidfabrikation nicht mehr verwenden
könnte. Verfügt man über die geeigneten Rohmaterialien,
so bieten sich grössere pekuniäre Chancen für die Fabri¬
kation gegenüber der früher beschriebenen Lufterhärtungs-
Methode, weil der Bindemittelzusatz wesentlich einge¬
schränkt werden kann, weil dieses Bindemittel in der
Regel billiger ist, als Zement oder hydraulischer Kalk,
weil die Fabrikatiönsdauer bis zur Fertigstellung des
Steinös bedeutend kürzer ist und weil verhältnismässig
weniger Arbeitskräfte notwendig sind, 'wenigstens im
Grossbetriebe.
Man unterscheidet beim Dampferhärtungs-Verfahren
die Anwendungsart von Dämpfen ohne Druck und mit
Druck. Die erstere Methode wird meist vorgezogen, wenn
es sich um Verwertung von Abdämpfen aus irgend einem
industriellen Etablissement handelt, z. B. wenn mit einer
schon bestehenden Fabrik eine Sandziegelei kombiniert
und die Erhärtung der Steine durch den vorhandenen,
von Dampfmaschinen, Heizapparaten u. dgl. kommenden
Abdampf geschehen soll. In diesem Falle handelt es sich
meistens um kleinere Einrichtungen. Grössere Anlagen
mit regelmässigem Betrieb und einer Produktion von
10.000 und mehr Ziegeln pro Tag werden am besten mit
Dampf unter Druck arbeiten und zwar am vorteilhaftesten
bei einer Dampfspannung von 8—12 Atm. Die Durch¬
führung der Erhärtung erfolgt unter normalen Verhält¬
nissen in zirka 10 Stunden soweit, dass die Steine ohne-
weiters vermauerungsfähig sind. Man kann also,
Mischung und Pressung mit eingerechnet, in etwa 10
bis 12 Stunden aus dem Rohmaterial fertige Ziegelsteine
hersteilen, während dieser Prozess bei Anwendung mit
Dampf ohne Druck in der Regel 3—4 Tage dauert. Ebenso
wie die Erhärtungsweise, kann auch die Vorbereitung
des Rohmaterials, bevor es durch Pressung geformt wird,
auf verschiedene Arten vor sich gehen. Man kann ent¬
weder den Sand mit dem Kalkzusatz auf kaltem Wege
mischen, die Mischung dann verpressen und die Form¬
linge hernach erhärten. Geschieht die Vorbereitung aber
auf heissem Wege, d. h. wird die Mischung schon vor
der Verpressung und Erhärtung mit heissen Wasser¬
dämpfen behandelt, so dass der später zu erfolgende Er¬
härtungsprozess bereits eingeleitet ist, so lässt sich die
Verpressung zu Formlingen leichter bewerkstelligen, die
unerhärteten Formlinge sind schon haltbarer und ge¬
statten infolgedessen das Abnehmen von der Presse, das
Aufsetzen auf die Steinwagen und den Transport zum
Erhärtungsraum ohne Schwierigkeit, d. h. ohne dass ein
Teil der Formlinge durch Bruch unbrauchbar wird. Von
grossem Vorteil für das Produkt ist es, wenn der Kalk
gut abgelöscht und während des Mischprozesses die ein¬
zelnen Sandkörnchen vollständig und innig mit einer
feinen Kalkschicht umzogen werden, was bei dem ver¬
hältnismässig geringen Zusatz an Kalk nur dadurch zu
erreichen ist, dass ein intensives Aneinderreiben der ein¬
zelnen Teilchen der Mischung, gewissermassen ein Durch¬
kneten derselben in geeigneten Maschinen, z. B. Koller¬
gängen, Flügelmisch- und Knetmaschinen etc. stattfindet.
Beim Vorbereiten der Rohmaterialien auf kaltem Wege
wird der Kalk in der Hauptsache schon vor der Mischung,
also für sich allein, abgelöscht, d. h. ein Kalkbrei oder
ein trockenes Kalkhydratpulver hergestellt und dann mit
dem Sand in irgend einem Misch- oder Knetapparat ver¬
mengt. Bei der heissen Aufbereitung kann man dasselbe
Verfahren anwenden und während der Mischung und
Knetung den Mischbehälter mittels Dampf, heissen Wassers
oder mit direktem Feuer heizen. Vorteilhafter und für
den Effekt der Aufbereitung günstiger ist es, den natur¬
feuchten Sand direkt mit frischem Aetzkalk zu ver¬
mischen und von der Einwirkung der bei der Ablöschung
sich entwickelnden Hitze auf die Mischmaschine zu pro¬
fitieren. Für Gegenden, die einen strengen Winter auf-
Wreisen, ist in allen Fällen die heisse Vorbereitung zu
empfehlen, sofern während der kalten Jahreszeit über¬
haupt fabriziert werden soll. Aeusserst wichtig ist auch
die Regulierung des Feuchtigkeitszusatzes während des
Mischprozesses, damit die Mischung immer möglichst
gleichmässig feucht in die Presse kommt; denn bei Feuch¬
tigkeitsschwankungen in der Mischung werden auch
Differenzen in Jer Stärke der Pressung entstehen und
die Steine infolgedessen in der Härte und ebenso in der
Wetterbeständigkeit variieren.
Das in dieser Hinsicht vollkommenste Aufbereitungs¬
system ist dasjenige von Schwarz, weil hiebei der ganze
Prozess der Mischung und Aufbereitung in einer einzigen
Maschine erledigt wird und zwar auf heissem Wege bei
gleichzeitigem intensiven Durchkneten der Masse und
genauester Feuchtigkeits-Regulierung. Für grössere An¬
lagen und bei den hohen Ansprüchen an die Qualität
des Fabrikates ist die Einrichtung nach System Schwarz
sehr zu empfehlen, wie aus den nachstehenden Press¬
stimmen hervorgeht.
Der Zusatz von Zement beim Lufterhärtungs-Ver-
fahren beträgt durchschnittlich 15 Prozent und erhöht
sich bei Anwendung von hydraulischem Kalk bis zu
35 Perzent; bei Mischung von Zement und hydraulischem
Kalk durchschnittlich 20 bis 25 Perzent. Der Zusatz von
Fettkalk beim Dampferhärtungs-Verfahren schwankt da¬
gegen zwischen 5 bis 10 Perzent. Die Festigkeit der
Ziegel variiert zwischen 100 und 300 kg pro cm2. Bei
Lufterhärtungssteinen mit reichlicher Anwendung von
gutem Bindematerial werden, wie aus den Mitteilungen
der Materialprüfungs-Anstalt am Schweizer Polytechnikum
Zürich, I. Heft, Seite 134—143 ersichtlich, Druckfestig¬
keiten bis 300 kg pro cm2 erzielt, die jedoch nach der
Frostbeständigkeitsprobe oft erheblich heruntersinken.
Für dampferhärtete Steine wurden in der eidgen.
Materialprüfungs-Anstalt in Zürich und in der chemisch¬
technischen Versuchsanstalt Charlottenburg ähnliche
Festigkeitswerte festgestellt, mit dem Unterschiede, dass
die im hochgespannten Dampf erhärteten Steine durch¬
schnittlich die grössere Festigkeit und Frostbeständigkeit
aufweisen. Im Grunde genommen bilden die weit über
200 kgjcm2 ansteigenden Druckfestigkeitsziffern in Prüfungs¬
zeugnissen, mit welchen zu Zwecken der Geschäfts¬
reklame paradiert wird, durchaus keinen zuverlässigen
Masstab für die Beurteilung des Fabrikations Verfahrens.
Es wird derartigen „Prüfungssteinen“ vielfach durch
einen ungewöhnlich hohen Kalkzusatz oder Beimischung
von etwas Portlandzement, ferner durch sehr starke und
sorgfältige Pressung bei reichlicher Materialauffüllung in
den Formkästen der Presse eine erstaunliche Festigkeit
verliehen; diese das Publikum blendenden Festigkeits¬
werte sind aber illusorisch, weil die Anforderungen des
praktisch regulären Betriebs, also technische und öko¬
nomische Gründe, eine Fabrikationsweise verbieten, welche
bei Herstellung solcher Prüfungssteine meistenteils Ver¬
wendung findet. Das untrügliche Merkzeichen einer in
abnormaler Weise erreichten hohen Festigkeit der Steine