Volltext: VIII. Jahrgang, 1903 (VIII. JG., 1903)

ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Seite 99. 
Nr. 13. 
draht. übermässig erwärmt hat, abschmelzen und so die 
im Kurzschluss befindliche Zuleitung zum Stromver¬ 
braucher sofort vom Leitungsnetze und damit von der 
Dynamomaschine abtrennen und stromlos machen. Die 
Sicherungen müssen natürlich genau dimensioniert und den 
Verhältnissen angepasst sein; so wird also der verwen¬ 
dete Bleidraht für die Sicherung von mehreren gleich¬ 
zeitig brennenden Lampen stärker sein müssen, als der 
für die Sicherung von nur einer Glühlampe. 
Auf die näheren Details hier einzugehen, wäre zu 
weit gegriffen, es soll nur darauf hingewiesen werden, 
dass es stets Sache eines Fachkundigen sein muss, die 
Sicherung für eine elektrische Stromleitung zu bestim¬ 
men, da durch zu starke Bemessung einer Sicherung bei 
einem etwa auftretenden Kurzschluss eher der Leitungs¬ 
draht zum Glühen kommen könnte, bevor die Sicherung 
schmilzt, was natürlich unabsehbare Folgen nach sich 
ziehen kann. Da aber leider die wenigsten Laien den 
grossen Wert der richtig bemessenen Sicherungen kennen 
oder erkennen wollen, so findet man oft in der Praxis 
die bewunderungswürdigsten Ersatzstücke für fehlende 
Sicherungen, von denen wohl am beliebtesten die Flaschen¬ 
kapseln aus Zinnfolie, Bleiplomben, allerhand dicke Drähte, 
ja oft auch Münzen, die Rolle einer Sicherung vertreten 
sollen, was natürlich ganz verwerflich und direkt feuer¬ 
gefährlich ist. 
Jeder Besitzer elektrischer Leitungsanlagen sollte es 
sich daher zur gewissenhaften Aufgabe machen, sein 
Hauptaugenmerk auf die Sicherungen zu lenken, von 
keinem Unberufenen an denselben hantieren zu lassen 
und jede Arbeit an den elektrischen Leitungen, aber ins¬ 
besondere die der fachgemässen Montage und Dimen¬ 
sionierung der Sicherungen einem Sachverständigen zu 
überlassen und nicht, wie es leider sehr häufig wahr¬ 
zunehmen ist, von irgend einem Faktotum des Hauses, 
welches sich im Laufe der Zeit zum Elektriker heran¬ 
gebildet haben will, an den Leitungen „herumpfuschen“ 
zu lassen. Dann kann er auch dem so berüchtigten 
„Kurzschluss“ ruhig ins Angesicht blicken. 
Ingenieur Eugen Löivit. 
Die Fabrikation von Sandziegeln. 
i. 
Ueber die Fabrikation von Sandziegeln (Kalksand¬ 
steinen), ein neues Baumateriale, mit dem im Auslande 
schon vielfache günstige Erfolge erzielt wurden, erhalten 
wir aus Zürich folgende interessante Mitteilung: 
Der Sandziegel besteht, wie schon der Name an¬ 
deutet, in der Hauptsache aus Sand, im Gegensatz zum 
Lehmziegel, der aus Lehm resp. Ton hergestellt wird. 
Die Sandziegel werden gewöhnlich in der Form und 
den Grössen der normalen Backsteine hergestellt, es 
lassen sich aber auch jede Art Fagonsteine, Dachfalz¬ 
ziegel u. dgl. bilden, ebenso Steine beliebiger Form in 
grösseren Dimensionen, als es die Normal-Ziegelsteine 
sind, bis zu den grössten Quadersteinen. 
Um den Sandziegel resp. den Kunstsandstein zu er¬ 
zeugen, muss dem Sand zunächst ein Bindemittel bei¬ 
gefügt werden, es wird dann der Mischung des Sandes 
und des Bindemittels durch Pressung die gewünschte 
Form gegeben und aus dem daraus entstehenden Form¬ 
ling der vermauerungsfähige Baustein gewonnen, nach¬ 
dem das Bindemittel erhärtet und somit ein richtiger 
Stein entstanden ist. 
Die angewandten Bindemittel sind vorzugsweise Ze¬ 
ment und Kalk. 
Die Erhärtung des Formlings geschieht durch den 
Einfluss der freien Luft; es kann dieser Prozess aber 
sehr beschleunigt werden durch die Anwendung von 
heissen Wasserdämpfen, wenn das Rohmaterial die be¬ 
sonderen Eigenschaften hat, welche diese letztere Fabri¬ 
kations-Methode bedingt. Als einfachere Fabrikationsweise 
ist diejenige mit Zement als Bindemittel und Erhärtung 
an der Luft zu nennen. Man kann in dieselbe Kategorie 
auch noch die Fabrikation unter Verwendung von solchem 
Kalk aufnehmen, der hydraulische Eigenschaften hat und 
deshalb in der Wirkung dem Zemente ähnlich ist; hier¬ 
bei sind die Eigenschaften resp. die chemische Zusammen¬ 
setzung des Sandes weniger wichtig für den Fabrikations¬ 
effekt; hauptsächlich auf die genügende Härte des Sandes 
kommt es an, der übrigens auch ziemlich unregelmässig 
und grobkörnig sein darf, weil der verhältnismässig hohe 
Zusatz von Zement oder hydraulischem Kalk die Flächen 
trotzdem glättet. 
Die Wirkung dieses Bindemittels ist bei dieser Ver¬ 
wendungsart eine mehr mechanische, d. h. das Bindemittel 
umschliesst die einzelnen Sandteilchen wie ein Netz und 
formt so einen festen Stein nach der Luft-Erhärtung, 
welche hierbei in der Regel zur Anwendung kommt. Es 
vergehen je nach der Beschaffenheit des Bindemittels 
Tage, Wochen oder Monate, bis die Erhärtung soweit 
vorgeschritten ist, dass die Steine vermauerungsfähig 
sind. Sie werden gewöhnlich in einem Schuppen in ge¬ 
eigneter Weise (meist auf Holzgestellen) aufgestapelt, der 
Luft von allen Seiten Zutritt bietend. 
Die auf diese Weise hergestellten Steine werden bei 
Verwendung eines guten Bindemittelmaterials sehr hart 
und eignen sich auch vorzüglich zu Wasserbauten, da 
Zement oder hydraulischer Kalk unter Wasser an Härte 
zunimmt. Dem Einfluss des Meerwassers widerstehen 
diese Steine weniger gut, als die nach später beschrie¬ 
bener Dampferhärtungs-Methode hergestellten. 
Die Fabrikationsweise ist eine ziemlich einfache. Man 
muss zuerst den Sand mit dem Bindemittel mischen, 
entsprechend dem Vorgang der Mörtelbereitung. Diesen 
resp. die Mischung stellt man je nach den qualitativen 
und quantitativen Ansprüchen von Hand- oder mit geeig¬ 
neten Spezialmaschinen her. Die Verformung der Misch¬ 
masse resp. Bildung der Formlinge geschieht in speziellen 
Formen und kann sowohl auf Handpressen als auch mit 
motorischer Kraft betriebenen Pressen bewirkt werden. 
Diese Art der Steinfabrikation wird hauptsächlich 
angewandt in Fällen, wo es sich weniger um kuranten 
Fabrikationsbetrieb handelt und wo die Muster resp. die 
Dimensionen und Arten der herzustellenden Steine resp. 
Steingebilde häufig ändern. Man wird z. B. mit einer 
solchen Einrichtung im Kleinbetrieb vorteilhaft arbeiten, 
wenn man, wie dies in landwirtschaftlichen oder auch 
in manchen industriellen Betrieben vorkommt, die Arbeiter 
nicht ununterbrochen voll beschäftigten kann und solche 
in der freien Zeit zur Herstellung von Sandziegeln, Dach¬ 
falzziegeln, Bodenplatten, Zementröhren u. dgl. verwendet. 
Ein Vorteil aus derartiger Fabrikations weise bietet sich 
ferner häufig für den Baumeister, der an dem Ort, wo 
er gerade zu bauen hat, kein Steinmaterial und auch 
keine billig liefernde Ziegelei in der Nähe vorfindet. Er 
kann sich, sofern ihm das Rohmaterial zur Verfügung 
steht, im Handapparat oder auf einer Handpresse die 
für seinen Bau notwendigen Steine selbst anfertigen.
	        
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