Volltext: VII. Jahrgang, 1902 (VII. JG., 1902)

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Nr. 4. 
OBbC RÖSTE II KE IC Hl SCH E li A CZEL'L'UNC. 
Bauordnung die Errichtung von umfangreichen Hinter¬ 
gebäuden sich von selbst verbietet. Die Länge des 
Rechtecks ist so gross als möglich zu machen und nur 
dadurch beschränkt, dass aus Verkehrsrücksichten 
zwischen den einzelnen parallel gerichteten Wohnstrassen 
dann und wann eine Verbindung untereinander geboten 
ist. Mit den Verkehrsverbindungen in den Wohnvierteln 
braucht man es aber nicht zu ängstlich zu nehmen, da 
eine gewisse Abgeschlossenheit für Wohnstrassen geradezu 
erwünscht ist. 
Ich komme jetzt zu der Besprechung der Quer¬ 
profil-Anordnung für einzelne Strassen und zur Wahl 
ihrer Breitenabmessung. Wir haben die beiden Haupt¬ 
gruppen von Strassen unterschieden, nämlich die Verkehrs¬ 
und Geschäftsstrassen einerseits und die Wohnstrassen 
andererseits. Die ersteren kann man nicht breit genug, 
die letzteren nicht schmal genug machen. Die Verkehrs¬ 
und Geschäftsstrasse verlangt, da sie stets eine weitere 
Fortsetzung mit dem Wachsen der Stadt erfahren wird, 
nicht nur eine für die Gegenwart, sondern auch eine für 
alle Zukunft ausreichende Breite. Man muss hiebei vor¬ 
sorglich verfahren und die Abmessungen nicht zu gering 
wählen. In jedem Falle, mag es sich nun um eine Ge¬ 
schäfts- oder um eine Wohnstrasse handeln, thut man 
gut, die Breitenabmessungen nicht nach gewissen all¬ 
gemeinen, rein willkürlichen Feststellungen, womöglich 
nach abgerundeten Zahlen, zu wählen, wie das früher 
oft geschehen ist, sondern zu bestimmen nach Massgabe 
der Querschnittsausbildung, welche man der Strasse 
glaubt geben zu müssen. Da kommt nun für Geschäfts¬ 
strassen in Betracht, dass man vor allem auskömmliche 
Fahrbahnbreiten zu wählen hat, welche zur Anlage von 
Strassenbahnen genügen, dabei gleichzeitig dem durch¬ 
gehenden Fulirverkehr dienen und auch noch gestatten, 
dass einzelne Wagen vor den Geschäftshäusern zum Zwecke 
der Ent- und Beladung längere Zeit stehen bleiben können, 
ohne den Verkehr zu verhindern. Als Breitenmass für jeden 
gleichzeitig nebeneinander die Strasse benutzenden Wagen 
nimmt man gewöhnlich mit 2-5 Meter an. Aber auch für 
die übrigen Arten des Verkehrs muss Sorge getragen 
werden. So werden viele Verkehrsstrassen Reitwege und 
Radfahrwege erhalten müssen, und zwar wird diesen 
Verkehrsarten ein besonderer Streifen zu überweisen sein. 
Die Abgrenzung der einzelnen Strassenstreifen für ver¬ 
schiedene Verkehrsarten wird in vorzüglicher Weise er¬ 
reicht durch Anordnung von Baumreihen. Mit Hilfe 
dieser kann man ganz ausserordentlich mannigfaltige 
Lösungen erreichen, so dass die verschiedenen Verkehrs¬ 
strassen allein durch ihre Querschnitt-Anordnung be¬ 
sonders charakterisiert werden können und nicht nur 
durch die an den Ecken angebrachten Strassenschilder 
von einander zu unterscheiden sind. Namentlich auch 
durch Bepflanzung der Sonnenseite und Fortlassung der 
Bepflanzung an der Schattenseite, durch unsymmetrische 
Profile und dergleichen Hilfsmittel erreicht der geschickte 
Städtebauer die für die Strassenbilder so ungemein 
wünschenswerte Abwechslung. Besonders hervorgehoben 
mag noch werden, dass die Baumreihen stets die ge¬ 
nügende Entfernung von den Häusern haben müssen, 
mindestens 6 Meter, damit bei der künftigen Entwicklung 
der Bäume nicht die Fenster verdunkelt werden. Die 
durch die weite Entfernung der Bäume von den Häusern 
sich ergebenden breiteren Bürgersteige sind in mehr¬ 
facher Beziehung durchaus erwünscht. Einmal dienen sie 
in vollkommenerer Weise dem Fussgängerverkehr, indem 
sie das Stehenbleiben Schaulustiger an den Auslagen der 
Geschäftshäuser gestatten, sodann aber können sie zweck¬ 
mässig benutzt werden zur Unterbringung r der vielen 
unterirdischen Leitungen, deren Zahl immer noch wächst. 
Namentlich diejenigen Leitungen, wie Gasleitung, Wasser¬ 
leitung, Elektricitätsleitung u. s. w., welche die Häuser 
versorgen und an denen erfahrungsgemäss häufige Auf¬ 
grabungen nicht zu vermeiden sind, liegen sehr gut im 
Bürgersteig. Denn erstens wird hiedurch der Anschluss 
verkürzt und daher billiger gemacht, zweitens werden 
die Fuhrwerke durch die Aufgrabungen nicht behindert, 
drittens sind die Kosten der Aufgrabung geringer, weil 
die Bürgersteig-Befestigungen viel leichter und weniger 
kostspielig hergestellt werden können, als die Fahrbahn- 
Befestigungen. 
Vorgärten in den Geschäftsstrassen sind zu vermeiden, 
da sie das Betrachten der Schaufensteranlagen er¬ 
schweren. Dahingegen eignen sich Vorgärten ganz vor¬ 
züglich für Wohnstrassen. Zunächst hat man es durch 
Anordnung entsprechender Tiefe für die Vorgärten in 
der Hand, die eigentliche Strasse, Bürgersteige und 
Fahrbahn, sehr schmal zu machen, dabei aber doch den 
Häuserreihen einen genügenden, Licht und Luft in reich¬ 
lichem Masse zulassenden Abstand von einander zu geben. 
Ein weiterer Vortheil der Vorgärten besteht darin, dass 
man mit Hilfe derselben Höhenunterschiede ausgleichen 
kann, welche bei hügeligem Gelände zwischen der ge¬ 
wählten Höhenlage der Strasse und dem angrenzenden 
Bauterrain sich ergeben. Der Grundstücksbesitzer kann 
nämlich durch Anlage geeigneter Rampen oder Treppen 
in den Vorgärten die sonst nöthige Abtragung der Bau¬ 
stelle bis zum Niveau der Strasse herab vermeiden. 
Ueberdies erzielt er noch durch Höherlegung seines 
Hauses eine bessere ästhetische Wirkung. Weitere Vor- 
theiLe, welche die Vorgärten gewähren, sind die Abhaltung 
von Geräusch und Strassenstaub von den Häusern, sowie 
Schaffung eines besseren, behaglicheren Aussehens der 
ganzen Strassenanlage. Unter gewissen Umständen hat 
auch die Anlage von Vorgärten noch den Vortheil, dass 
man in der Lage ist, durch ihre Beseitigung jederzeit 
auf verhältnismässig billige Weise eine etwa erforderliche 
Strassenverbreiterung nachträglich vorzunehmen. Dieser 
Fall würde eintreten, wenn aus einer als Wohnstrasse 
angelegten später einmal durch Verschiebung gewisser 
Verhältnisse dennoch eine Geschäftsstrasse werden sollte. 
Schliesslich sei noch hier hervorgehoben, dass sich die 
Vorgartenstrasse, auch wenn die Strasse selbst sehr 
schmal ist, dennoch gut zur Bepflanzung mit Baumreihen 
eignet, weil die Bäume bei ausreichender Tiefe der Vor¬ 
gärten stets einen genügenden Abstand von den an¬ 
grenzenden Häusern haben. 
Die Strasse selbst legt man bei Wohnstras&on, wie 
ich oben schon erwähnt, möglichst schmal an; in den 
weitaus meisten Fällen wird eine Fahrbahnbreite von 
5 bis 5*5 Meter, bei welcher sich zwei der grössten Wagen 
einander noch bequem begegnen können, vollkommen 
ausreichend sein. Für die beiderseitigen Bürgersteige 
wird das Mass von L5 bis 2 Meter genügen. Man erhält 
also eine Breite der Strasse zwischen den Vorgärten von 
8 bis 9 Metern. Durch Verringerung der Strassen Oberfläche 
vermindert sich auch die staubbildende Fläche und vor 
allem die Strassenausbaukosten, was als ein weiterer 
bedeutender Vortheil der hier empfohlenen * Art ‘von 
Wohnstrassen hervorgehoben sein mag. 
Nachdem ich mich im Vorigen über die Lage der
	        
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