Volltext: VI. Jahrgang, 1901 (VI. JG., 1901)

Seite 114. 
ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Nr. 15. 
Steller und Michael Gaffal, Bildhauer Franz 
Stark, Schlosser Mathias Schachermayr, Maler 
und Anstreicher Friedr. Höhnel, Oentralheizungs- 
Anlage E. & B. Körting (Wien), Spengler Georg 
Puchmayr, Zimmermann Paul Reichl, Tischler für 
die Bauarbeiten Franz Kellermayr, Tischler für die 
Lehrzimmer-Einrichtung J. A. Müller, Wasserleitung 
und Closetanlage Johann Herbsthofer, Pflasterer 
Johann Oberhuber, Glaser Friedr. Kinass, Gas¬ 
leitung Al lg. österr. Gasgesellschaft, Schiefer¬ 
decker Georg Schwab, Brettelbödenlegung Karl 
Pogatschnig, Lieferanten für Mauerziegel „OberÖst. 
Baugesellschaft, für Oberalmer Marmorplatten 
Adolf Bergmann, für Cement RichardWildmoser, 
für Thonöfen Bernhard Sc ha dl er, für Traversen 
S. Ehrentletzb erger, für Fagadefarben Ludwig 
Christ, für Goldbuchstaben Anton Büchler (Wien) 
Hauptpolier: Franz W e i g u n y. Eduard Kornhoff er. 
Billige Arbeiterwohnungen. 
Die Bestrebungen, welche darauf abzielen, dass 
hunderttausenden von Arbeitern, deren Beschäftigung 
und Existenzbedingung an den Aufenthalt in den grossen 
Städten oder Industriecentren geknüpft ist, die Möglich¬ 
keit einer entsprechenden Unterkunft durch Errichtung 
von gesunden und billigen Arbeiterwohnungen zu ge¬ 
währen und die früher schon in England, Frankreich, 
Belgien, Deutschland und der Schweiz zutage traten, 
kündigen sich nun auch in Oesterreich an. Die leitende 
Idee ist in allen Ländern die gleiche: Das Wohnungs¬ 
elend der arbeitenden Classen, welches sich nach und 
nach als ein Ergebnis der wirtschaftlichen Lage heraus¬ 
gebildet hat, soll gemildert werden. Dem Arbeiter und 
seiner Familie soll nach modern socialpolitischer Auf¬ 
fassung das Minimum eines „menschenwürdigen Daseins“, 
eine gesunde und nach Massgabe seiner pecuniären 
Verhältnisse erreichbare Wohnung geboten werden. 
Kein Geschenk, sondern eine socialpolitische Reform, 
welche der Nachfrage um gesunde und billige Arbeiter¬ 
wohnungen ein entsprechendes Angebot gegenüber¬ 
stellen will. 
Die Wege, auf welchen man das gesteckte Ziel am 
besten erreichen zu können glaubt, sind verschiedene. 
In England beispielweise durch Gesetze, welche die 
municipalen Behörden zwingen, bei der Vergebung 
städtischen Bodens vor Allem die Wohnungsbedürfnisse 
der ärmeren Classen in Rücksicht zu ziehen, Sanitäts¬ 
gesetze gegen ungesunde und überfüllte Wohnungen, 
locale Bauordnungen u. s. w. Auch Frankreich und 
Belgien haben das Wohnungswesen regelnde Gesetze 
und Verordnungen. Ein reiches Feld auf dem Gebiete 
der Wohnungsreform hat sich bekanntlich die private 
Wohlthätigkeit in England eröffnet. In England haben 
sich in den letzten Jahrzehnten aber auch Associationen 
und Baugesellschaften gebildet, die sowohl in Hinsicht 
auf die Ausdehnung und Vervollkommnung der Arbeiter¬ 
wohnungen, wie andererseits hinsichtlich der Verzinsung 
der aufgewendeten Capitalien ausserordentliche Erfolge 
aufweisen. England zunächst, ist im Deutschen Reiche 
neuerer Zeit Hervorragendes auf dem Gebiete der 
Wohnungsreform, wobei es sich in allererster Linie um 
die Herstellung billiger Arbeiterwohnungen handelt, ge¬ 
leistet worden. Der neu geschaffene „Verein Reichs¬ 
wohnungsgesetz“ entfaltet eine ganz ungewöhnliche 
agitatorische Thätigkeit nach dieser Richtung, und in 
einer grösseren Anzahl von diesem Vereine heraus¬ 
gegebener Broschüren wird die Wohnungsfrage nach 
allen Seiten hin beleuchtet. Aus dem Inhalt derselben 
gewinnt man auch ein Bild dessen, was auf dem Gebiete 
der Wohnungsreform in Deutschland schon geleistet 
worden ist. So wird unter Anderem mitgetheilt, dass 
bis zum Jahre 1898 die deutschen Versicherungsanstalten 
bereits über 35 Millionen Mark als Darlehen zur Be¬ 
förderung des Baues von Arbeiterwohnungen hergegeben 
haben. In Oesterreich sind die Dinge leider noch nicht 
so weit vorgeschritten, obgleich es auch bei uns nicht 
an privater Initiative, speciell von Seite einzelner Gross- 
industrieller und industrieller Gesellschaften, auf diesem 
Gebiet gefehlt hat. Auch regierungsseitig wurde durch 
das Gesetz vom 9. Februar 1892 betreffend Be¬ 
günstigungen für Neubauten mit Arbeiterwohnungen 
fördernd eingegriffen. Der mit diesem Gesetze erzielte 
Erfolg war allerdings nur ein sehr geringer. Durch 
dieses, welches in die Kategorie der Steuergesetze ein¬ 
zureihen ist, wurden jene Wohngebäude von der Haus¬ 
zinssteuer befreit, welche zu dem Zwecke erbaut werden, 
um ausschliesslich an Arbeiter vermietet zu werden 
und denselben gesunde und billige Wohnungen zu 
bieten. Die Steuerfreiheit wurde mit 24 Jahren bemessen 
und nur bestimmten, im Gesetze näher bezeichneten 
Körperschaften und Personen eingeräumt. Auch sonst 
wurden Bedingungen und Beschränkungen aller Art 
gesetzlich stipuliert, welche die erfolgreiche Wirksam¬ 
keit des Gesetzes hemmten. 
Diesen Mängeln und Fehlern des alten Gesetzes soll 
nun durch ein neues Arbeiterwohnungs-Gesetz abgeholfen 
werden, dessen Entwurf derzeit der abschliessenden Be- 
rathung von den Ressortstellen unterzogen wird und 
demnächst dem Reichsrathe zur verfassungsmässigen 
Behandlung vorgeigt werden soll. Ein vor Kurzem in 
der „Zeitschrift für Volkswirtschaft, Socialpolitik, und 
Volkswissenschaft“ erschienener Aufsatz über die Reform 
der österreichischen Arbeiterwohnungs - Gesetzgebung, 
welcher den Sectionschef im Ministerium des Innern, 
Freiherrn von Schwarzenau zum Verfasser hat, kann 
gewissermassen als eine Darlegung der Grundsätze und 
Absichten, von welchen sich die Regierung bei Ver¬ 
fassung des Gesetzentwurfes leiten liess, angesehen 
werden. Der Verfasser entwirft ein klares und leicht¬ 
fassliches Bild von dem Aufbau des künftigen Gesetzes, 
als dessen Ziel die Errichtung billiger, gesunder Arbeiter¬ 
wohnungen in genügender Anzahl hergestellt wird. Um 
nur anzudeuten, wie viel nach dieser Richtung in Oester¬ 
reich zu leisten wäre, genügt es, an die seinerzeit von 
Professor von Philippovich veröffentlichte Broschüre 
„Wiener Wohnungsverhältnisse“ zu erinnern, in welcher 
nachgewiesen wird, dass in sechs Städten und 19 Stadt¬ 
gebieten mehr als die Hälfte der ganzen Bevölkerung auf 
kleine und kleinste Wohnräume (ein- und zweiräumige 
Wohnungen) angewiesen ist, darunter Reichenberg (Stadt) 
mit 58 Percent, Reichenberg (Vororte) mit 88 Percent, 
Pilsen mit 67 Percent und Prag (Vororte) mit 70 Percent; 
weiters eine Reihe von Orten Oesterreichs, in denen mehr 
als der dritte Theil, ja mehr als die Hälfte der Bevölkerung 
nicht im Besitze einer Wohnung ist, welche eine eigene 
Küche hat. So hat Linz ungefähr 35 Percent seiner Be¬ 
völkerung in küchenlosen Wohnungen, Urfahr sogar 42 
Percent, Reichenberg (Stadt) über 48 Percent, Reichen¬ 
berg (Vororte) über 76 Percent. Es liegt auf der Hand,
	        
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