Volltext: VI. Jahrgang, 1901 (VI. JG., 1901)

Nr. 11. 
ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Seite 83. 
Für Neu-, Zu- und Umbauten ist eine zeitliche Be¬ 
freiung von der Hauszinssteuer durch die Allerhöchste 
Entschliessung vom 10. Februar 1835 zunächst nur für 
die Provinzial - Hauptstädte, durch das Gesetz vom 
3. März 1868 allgemein eingeführt worden, und ist während 
der Periode der Steuerfreiheit bloss eine 5°/oige Steuer 
vom Reinerträge dös Gebäudes zu entrichten. Die Dauer 
der zeitlichen Steuerfreiheit beträgt im allgemeinen 10 Jahre 
für Neubauten, 8 Jahre für Zu- und Umbauten, doch 
wurden durch zahlreiche Ausnahmsgesetze längere Steuer¬ 
freiheitsfristen für bestimmte Bauführungen gewährt. 
Ist nun schon die Belastung des Mietzinsertrages 
durch die staatliche Hauszinssteuer eine sehr bedeutende 
— sie beträgt in den grösseren Städten regelmässig 
222/3° o, in den übrigen Gebieten 14° o des Nettozins¬ 
ertrages — so kommt noch weiter zu berücksichtigen, 
dass unser Steuersystem, welches alle ergiebigen Steuer¬ 
quellen vorweg für den Staat in Anspruch nimmt und 
die übrigen öffentlichen Organisationen zwingt, ihren 
finanziellen Bedarf durch Zuschläge zu den Staatssteuern 
zu decken, eine weitere Steigerung der Steuerlast, die 
auf dem Mietzinse ruht, unvermeidlich macht. Es wird 
daher die staatliche Hauszinssteuer noch durch den 
Landeszuschlag, welcher in Niederösterreich 20° 0 der 
Staatssteuer beträgt, und durch den Gemeindezuschlag, 
welcher in Wien 21°/0 der Staatssteuer ausmacht, sehr 
beträchtlich vermehrt. Diese Zuschläge werden auch 
von dem Zinserträge der Gebäude, welche eine zeitliche 
Steuerfreiheit gemessen, und zwar in Wien im Ausmasse 
von 25°/o, beziehungsweise 21°/o von der Idealzinssteuer 
eingehoben. In Wien erhöht sich endlich die Steuer¬ 
belastung des Mietzinses noch um die sogenannten Zins-, 
Schul- und Einquartierungskreuzer, welche im Ausmasse 
von 4V2, 43/4 und ]j100)o vom Bruttomietzinse zur Ein¬ 
hebung gelangen und theils für allgemeine, theils für 
besondere Gemeindezwecke die Deckung liefern. 
Es steht demnach in Wien das Mietzinserträgnis im 
allgemeinen unter der enormen Steuerbelastung von circa 
39°/o (wobei der derzeit geringe Nachlass, der im Per¬ 
sonal-Steuergesetze vorgesehen erscheint, als variabel 
angenommen ist) und damit ist auch die Erklärung für 
die unverhältnismässige Höhe der Mietzinse und die 
Wohnungsnoth der minder bemittelten Bevölkerung ge¬ 
funden. Um diesen Steuerbetrug erhöht sich nämlich 
jedenfalls der zur Befriedigung des Wohnungsbedürfnisses 
erforderliche Aufwand. 
Denn infolge der unausbleiblichen Ueberwälzung 
bewirkt ein solcher Steuersatz eine derartige Steigerung 
der Mietzinäe, dass für alle jene, deren Einkommen das 
Existenzminimum nicht übersteigt — und das ist die 
grosse Mehrzahl der Bevölkerung — die Nothwendigkeit 
entsteht, entweder einen unverhältnismässig hohen Theil 
ihres Einkommens für die Befriedigung des Wohn- 
bedürfnisses zu verwenden oder die letztere unter das 
Mindestmass des Nothwendigen herabzusetzen, beides ein 
schweres sociales Uebel. 
Local-Baunotizen, 
Klosterbau. Der Klosterbau, den der Orden der 
barmherzigen Schwestern des heiligen Borromäus in Prag 
in der Elisabethstrasse in Linz erbauen lässt, ist bereits 
bis zur Parterrehöhe gediehen und verspricht zufolge 
seiner gelungen durchgeführten Fagadeausbildung im 
romanischen Stil ein stimmungsvolles Gebäude zu werden. 
In dem Bau kommen folgende Räume zur Anlage: Im 
Parterre: mehrere Arbeitszimmer der Pensionärinnen und 
Ordensschwestern, ein grosser Schlafsaal, das Refectorium, 
Kochküche, Badezimmer, Speisekammer, Spülküche und 
Wohnung für die Pförtnerin. Im ersten Stock: Die durch 
das erste und zweite Stockwerk reichende Kapelle mit 
Oratorium und Orgel - Empore, zwei Zimmer für Unter¬ 
richt, Wohnung der Oberin und Badezimmer. Im zweiten 
Stock: grosser Festsaal, 60 Quadratmeter Fläche ein¬ 
nehmend, zwei kleine Studierzimmer und Badezimmer. 
In jedem Geschoss werden Aborte und ein Waschzimmer 
untergebracht. Im Keller befindet sich die grosse 
Waschküche und verschiedene andere Localitäten für 
die Hauswirtschaft. Das Gebäude wird noch dieses Jahr 
unter Dach gebracht. 
Zum Umbau des Linzer Hauptpostgebäudes. Aus 
Wien wird uns berichtet, dass der Umbau des Hauptpost¬ 
gebäudes in Linz erst dann zu erwarten steht, bis die 
Verhältnisse es gestatten, den Kostenbetrag von mehr 
als 200.000 Kronen, welcher laut den vorliegenden Plänen 
für den Umbau erforderlich ist, in das Budget des 
Handels-Ministeriums einzustellen. 
Arbeiterwolmungs - Gesetzgebung. Das k. k. Mini¬ 
sterium des Innern hat, wie das Verordnungsblatt 
meldet, im Einvernehmen mit dem k. k. Finanz- 
Ministerium den Entwurf eines Gesetzes betreffend 
die Steuerfreiheit für Neubauten mit 
gesunden und billigen Arbeiterwohnungen 
ausgearbeitet. Derselbe wird dermalen im Schosse aller 
betheiligten Centralstellen einer mündlichen Berathung 
unterzogen und soll ehestens zur verfassungsmässigen 
Behandlung im Reichsrathe eingebracht werden. 
Wasserwerksbau in Urfahr. Nach Erledigung der 
Angelegenheit von Seite der k. k. Statthalterei erfolgt 
sofort die Ausschreibung für die Uebernahme der Her¬ 
stellung des Wasserwerkes in der Stadt Urfahr, da die 
Wasserversorgung schon Anfang des Jahres 1903 ins 
Leben treten soll. 
Errichtung einer Schutzhalle. Wie wir vernehmen, 
wurde von mehreren Persönlichkeiten in Linz und 
Urfahr bei der k. k. priv. Dampfschiffahrts-Direction 
in Wien eine Eingabe gemacht, dieselbe wolle für das 
reisende Publicum bei der Station Wilhering eine 
Schutzhalle errichten lassen, da es doch nicht länger 
angeht, dass die Passagiere, welche auf das unsicher 
eintreffende Passauer Schiff warten, oftmals bei Sturm 
und Regen ein bis eineinhalb Stunden ohne den geringsten 
Schutz im Freien zu campieren haben. 
Brand in Roithners Variete-Theater. Sonntag den 
19. Mai, vormittags 10 Uhr, ist in Roithners Variete- 
Theater, Ecke der Walterstrasse und Steingasse, ein 
Brand ausgebrochen, der die ganze Bühne mit ihren 
Einrichtungen, sowie die angrenzenden Garderoben- und 
Nebenräumlichkeiten total einäscherte. Merkwürdiger¬ 
weise blieb das Auditorium vom Feuer gänzlich verschont, 
was nur unserer tapferen Feuerwehr zuzuschreiben ist, 
die in diesem Raume Aufstellung nahm und durch Ein¬ 
dringen grosser Wasserstrahlen den Feuerherd verhinderte, 
sich bis zum Zuschauerraume auszudehnen. Herr Roithner 
war wohl bei der „Riunione adriatica“ versichert, erleidet 
aber einen so grossen Schaden, dass an eine Wieder¬ 
herstellung des Theaters kaum mehr gedacht werden 
kann. 
Asphaltierung in der Herrenstrasse. Auf mehrere 
Anfragen, wann die Asphaltierung in der Herrenstrasse 
vorgenommen wird, machen wir bekannt, dass erst am
	        
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