Volltext: VI. Jahrgang, 1901 (VI. JG., 1901)

Seite 82. 
OBKROSTERKEICHISCHE ßaU^EITUNG. 
Nr. 11. 
Meinung, dass das Gebäude ganz frei ohne jede 
Bepflanzung sein müsste, damit kein Theil 
der Pagade verdeckt werde. Unserer Ansicht nach 
aber gehören Gebäude, deren künstlerischer Totaleindruck 
dies verlangt, in rein städtische Verhältnisse 
hinein; denn dieselben würden in landschaftlicher Um¬ 
gebung auf baumlos gehaltenen Plätzen nur einen kalten, 
vereinsamten Eindruck hervorrufen. In neuerer 
Zeit ist man deshalb bestrebt, in der Nähe der Gebäude 
ganz grosse Bäume zu pflanzen, da man erkannt 
hat, dass ein villenartiger Bau durch das Grün der 
ihn umgebenden Bäume und Gruppen am wirkungs¬ 
vollsten erscheint und eine geschickte Verwendung 
der Pflanzen die Hauptpartien der Fagade gerade 
am allerschönsten zur Geltung kommen lässt. 
Es sollte demnach im Pr oje ct des Gebäudes hierauf 
genügend Rücksicht genommen werden, und es müssten, 
vor Inangriffnahme des Baues, Architekt und 
Landschaftsgärtner sich darüber verständigen, auf 
welche Weise das Gebäude am zwe ckmässigs ten und 
zugleich landschaftlich am schönsten placiert werde, 
so dass es mit der Anlage sich zu einem harmonischen 
Gesammtbilde vereinigt, in welchem der Bau in¬ 
mitten der Pflanz e ngruppieru ngen als aus dem 
Organismus des Ganzen hervorgegangen erscheint. 
Ist dies nach der Vollendung nicht erreicht, dann 
haben eben Architekt und Landschaffsgärtner 
nicht verstanden ihre Aufgaben zu lösen. 
Leider wird der Letztere aber gewöhnlich erst ge¬ 
rufen, nachdem der Bau schon begonnen, oder gar 
fertig ist, und es stellt sich dann oft heraus, dass 
gerade dort keine Fenster oder Wohn räume sich 
befinden, wo der Terrainverhältnisse wegen, die schönsten 
Bilder vom Hause aus gesehen, zu schaffen wären, was 
manchmal leicht hätte geändert werden können, wenn 
der Landschaftsgärtner rechtzeitig zu Rathe ge¬ 
zogen worden wäre. Indem wir hier schliessen, würden 
wir den Zweck dieser Zeilen als erreicht ansehen, wenn 
es uns gelungen wäre, die Anforderungen, welche das 
Publicum an die Landschaftsgärtnerei in unserer Zeit 
zu stellen berechtigt ist, klar gelegt zu haben. 
Die Hauszinssteuer. 
(Referat und Beschluss des 3. Oesterr. Städtetages.) 
I. 
Zu den unentbehrlichen Lebensbedürfnissen des 
Menschen gehört auch das Wohnungsbedürfnis. Jede 
Einschränkung desselben unter das Mindestmass des 
Nothwendigen bedeutet eine Verkümmerung des ganzen 
Menschen in gesundheitlicher, in ethischer und in socialer 
Beziehung und schädigt deshalb nicht bloss den Einzelnen, 
sondern die Allgemeinheit. 
Unter unseren wirtschaftlichen Verhältnissen ist - nun 
die Befriedigung des Wohnungsbedürfnisses für den 
grössten Theil der Bevölkerung und insbesondere für 
die städtische Bevölkerung nicht anders möglich, als in 
der Form der Wohnungsmiete, und es ist daher für die 
Art der Befriedigung dieses Bedürfnisses die Höhe des 
Mietzinses im Verhältnisse zur Höhe des Einkommens 
des Wohnungsbedürftigen von massgebender Bedeutung. 
Es ist aber eine notorische Thatsache, dass die 
Mietzinse bei uns, namentlich in den grösseren Städten, 
so hoch sind, dass sie einen unverhältnismässig grossen 
BruchtheildesGesammteinkommens der minderbemittelten 
Classen der Bevölkerung in Anspruch nehmen. Diese 
Bevölkerungskreise sind daher gezwungen, entweder in 
der Befriedigung ihres Wohnbedürfnisses unter das 
Mindestmass des Nothwendigen herabzugehen, oder die 
Befriedigung dieses Bedürfnisses auf Kosten und durch 
Verkümmerung anderer, ebenfalls unentbehrlicher Be¬ 
dürfnisse zu bewirken. Gewöhnlich bleibt ihnen nur der 
letztere Ausweg, da die Befriedigungsmittel des Wohn¬ 
bedürfnisses nicht in gleicher Weise theilbar und ab- 
•stufbar sind, wie andere Unentbehrlichkeiten, man ist 
daher genöthigt, die Wohnungen zu nehmen, wie sie 
eben vorhanden sind. Höchstens in mittelbarer Weise 
lässt sich die Befriedigung des Wohnbedürfnisses unter 
das Mass der vorhandenen Wohnungen noch herab¬ 
drücken, nämlich in der Weise, dass man Mitbewohner 
in Aftermiete nimmt, so weit dies möglich und statt¬ 
haft ist. 
Es ist somit die Höhe der Wohnungsmietzinse eine 
notorische Calarnität für den grössten Theil der städtischen 
Bevölkerung und bleibt nur noch zu untersuchen, aus 
welchen Gründen die Wohnungszinse eine solche unver¬ 
hältnismässige Höhe erreichen. 
Ohne Zweifel spielt auch hier das Gesetz von An¬ 
gebot und Nachfrage, das Verhältnis des Bedürfnisses 
und der vorhandenen Befriedigungsmittel seine Rolle. 
Und zwar hat man es hier sogar mit jener Art der 
Preisbildung zu thun, welche auf dem Monopolcharakter 
der Befriedigungsmittel beruht. Es können nur die 
innerhalb eines bestimmten räumlichen Gebietes vor¬ 
handenen Befriedigungsmittel in Betracht kommen, und 
wenn auch dieses Gebiet durch Verkehrsverbesserungen 
erweitert und damit der Monopolcharakter abgeschwächt 
werden kann, ganz beseitigen lässt er sich nicht. 
Diese Natur des Befriedigungsmittels des Wohn¬ 
bedürfnisses bedingt aber allein die unverhältnismässige 
Höhe der Mietzinse noch keineswegs. Denn die Con- 
currenz des Verwendung suchenden Capitals wird gewiss 
in normalen Zeitläuften immer bewirken, dass der Ertrag 
von Mietgebäuden den durchschnittlichen Ertrag anderer, 
gleich sicherer Anlagen nicht wesentlich übertrifft. Lässt 
sich aber die Höhe der Mietzinse nicht aus allgemeinen 
Gesetzen der Volkswirtschaft ableiten, so muss sie in 
besonderen künstlichen Massregeln von allgemeiner und 
dauernder Wirkung begründet sein, welche die regel¬ 
mässigen wirtschaftlichen Gesetze der Preisbildung nicht 
zur Geltung kommen lassen. Und solche künstliche 
Massregeln sind thatsächlich hier im. Spiele, nämlich die 
Gesetze über die Mietzinssteuern. 
Seit dem kaiserlichen Patente vom 23. Februar 1820, 
mit welchem die staatliche Gebäudesteuer zuerst dauernd 
eingeführt wurde, ist diese Steuergattung immer mehr 
ausgedehnt und der Steuersatz immer mehr gesteigert 
worden. Gegenwärtig erfasst die staatliche Hauszins¬ 
steuer nach dem Gesetze vom 9. Februar 1882, R-G.-Bl. 
Nr. 17, alle Gebäude in den Ortschaften, in denen 
wenigstens die Hälfte der Gebäude und die Hälfte der 
Wohnungsbestandtheile einen Zinsertrag durch Ver¬ 
mietung abwirft und ausser diesen Ortschaften alle durch 
Vermietung benützten Gebäude und beträgt der Steuer¬ 
satz für die Landeshauptstädte und ihre Umgebung, 
sowie für einige andere Ortschaften 262/3°/o des Zins¬ 
ertrages nach Abzug einer 15°/oigen Erhaltungs- und 
Amortisierungsquote. Für alle übrigen Gebiete 20°/o des 
Zinsertrages nach Abzug einer 30°/oigen Erhaltungs- und 
Amortisierungsquote; letztere Abzugsquote gilt auch 
für Czernowitz und Zara.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.