Volltext: VI. Jahrgang, 1901 (VI. JG., 1901)

Seite 44. 
OBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Nr. 6. 
Bei der ökonomischen Verwendung von Material ist 
man nur wenig in der Lage, die Form zu beeinflussen, 
da diese durch andere Momente bestimmt wird; anders 
bei der Farbe. In der Farbe insofern, als sich durch die 
Wahl anders gefärbter Materialien beabsichtigte Wirk¬ 
ungen erzielen lassen, ohne zu unechten Farbenanstrichen 
Zuflucht nehmen zu müssen. — Die Echtheit des 
Materials ist, so will mir scheinen, die höchste Stufe des 
guten Geschmackes. 
Was nun die Vertheilung von Licht und Schatten 
anbetrifft (Licht, Schatten und Halbschatten), so wirkt 
jedes für sich monoton, nur im Wechselspiele desselben 
liegt der Reiz, den uns jede plastische Darstellung ge¬ 
währt. Das Betonen eines dieser drei Momente gibt uns 
die Grundstimmung: weiss, grau oder schwarz. Jede 
senkrecht von den Sonnenstrahlen getroffene Fläche ist 
Licht, jeder scharfwinkelige Rücksprung ist Schatten 
(auch * Schlagschatten); alle geneigten Flächen, oder 
solche, die Reflexlicht erhalten, bilden den Halbschatten. 
Die Combination dieser drei Elemente bietet die Mittel 
zur Wirkung, die ja, wie auf der Hand liegt, eine un¬ 
endliche Mannigfaltigkeit gestatten; man braucht nur 
dafür zu sorgen, den Wechsel derselben untereinander 
ökonomisch zu verwerten. Der Wechsel von Licht und 
Schatten allein wirkt hart, ohne Hinzufügung des Halb¬ 
schattens als Uebergang, sei es durch die geneigte, ab¬ 
gerundete oder geschweifte Fläche. Zu häufiges Auf¬ 
treten von Halbschatten wirkt weichlich oder gar ver¬ 
schwommen; ein feines Masshalten mit diesen Mitteln 
erfordert das ganze Können des Künstlers; ist er doch 
in der Lage, mit den einfachsten Mitteln den Eindruck 
auf den Empfindenden (leicht, zierlich, mässig, schwer 
oder plump) allein durch Gruppierung seiner Gliederungen 
im Verhältnis zum Ausbau zum Ausdruck zu bringen. 
Weite Ausladung mit kräftigem Schlagschatten wirkt 
schwer, reine Silhouette mit wenigem Halbschatten leicht 
und zierlich. 
Wendet man die eben besprochenen Verhältnisse 
auf unsere Tischlerarbeiten an, so ist zunächst zu be¬ 
denken, dass eine Arbeit je billiger, ausgeführt werden 
kann, je weniger Abfall an Material und je geringer der 
Aufwand von Arbeit ist. Das ist der Fall bei allen voll¬ 
kantigen Hölzern, bei denen es sich nur um den Hobel- 
stoss handelt. Setzt man unsere Profile aus gängigen 
Holzabmessungen, wie jeder Arbeitsmarkt sie liefert, 
zusammen, d. h. legt man dem Entwurf gängige Ab¬ 
messungen zuzüglich des Hobelstosses zugrunde, um so 
weniger Abfall an Material und Arbeit tritt ein. Natürlich 
kann ein Aufbau von Profilen nicht nur aus vollkantigen 
Hölzern bestehen, es müssen auch gebrochene und runde 
Ecken oder geschweifte zwischengeschaltet werden. Die 
gebrochenen Ecken und die runden erfordern ein Minimum 
von Arbeit gegenüber den geschweiften, die auch mehr 
Holzaufwand erfordern. Man muss also in der Lage sein, 
geschweifte, besonders bei weiter Ausladung, durch ab¬ 
gerundete und halbrund ausgekehlte, vielleicht mit 
Zwischensetzung einer geraden Platte zu ersetzen, um 
die gleiche oder ähnliche Wirkung wie geschweifte zu 
erzielen. 
Ich will nun in kurzem andeuten, wie man bei 
Tischlerarbeiten, die verhältnismässig, das Theuerste am 
ganzen Bau sind, erheblich sparen kann. 
Tischlerarbeiten sind um so solider, je mehr jeder 
einzelne Theil aus einem Stück gefertigt ist; je mehr 
das Aufeinandersetzen von Leisten vermieden wird; denn 
das Holz ist mehr oder weniger dem Eintrocknen aus¬ 
gesetzt und macht sich solches, mit je breiteren Ab¬ 
messungen wir es zu thun haben, um so mehr geltend; 
das Gleiche gilt von dem Werfen desselben, das um so 
leichter eintritt, je dünner die Hölzer sind. Um diese 
Uebelstände zu vermeiden, ist es, wenn man solide 
Arbeiten ausführen will, also nicht nöthig, unter be¬ 
stimmte Stärken herunterzugehen. Man wird also gut 
thun, um bei ökonomischem Holzverbrauch doch die 
nöthige Wirkung zu erzielen, von einer Aneinanderreihung 
von Profilen abzusehen und dafür besser Schattenwirkung 
durch vertiefte Linienführung zu erreichen suchen, und 
hierbei werden sich wiederum die Linienführungen am 
billigsten stellen, die durch die ganze Brettlänge durch- 
gestossen werden. Als Beispiel will ich reichere Thür- 
und Fensterbekleidungen anführen. Werden dieselben 
z. B. in mehrfacher Abplattung (architravartig) mit auf¬ 
gesetzter äusserer Kehlleiste und innerem Rundstab an¬ 
geordnet, so wird entweder die letzte innere Abplattung 
so schwach, dass das Holz sich leicht wirft, oder das 
ganze Holz muss so stark genommen werden, dass dieses 
verhindert wird. Alle derartigen Abplattungen schliessen 
einen erheblichen Material- und Arbeitsverlust in sich 
ein. Viel billiger und ebenso wirkungsvoll, wenn nicht 
noch reicher in der Wirkung würde z. B. eine Umrahmung 
sein, bei der man mehrere Geisfuss- oder Hohlkehllinien, 
deren Wechsel erhebliche Verschiedenheiten in der Aus¬ 
führung zulässt, anwendet und das Verkleidungsbrett an 
beiden Seiten nur fasst; statt der Längsornamentierung 
kann man in bestimmten Abständen hindurchgestossene 
Quer- oder Diagonallinien mit zwischengesetzten vertieften 
Punkten oder aufgesetzten Knöpfchen anwenden, die so 
Bänder bilden; die Fassung bricht dann natürlich jedes¬ 
mal vor dem so entstehenden Querband ab. Auch Kerb¬ 
oder Sägeschnittumrahmungen mit eingebohrten Löchern 
im erhabenen Dreieck sind wirkungsvoll (besonders als 
oberer Abschluss mit darüber hingelegten Längsstössen). 
Bei solchen Umrahmungen kann die Linienführung sich 
in den Ecken auf Gehrung zusammenschneiden oder 
gegen einen Spiegelquader anlaufen. 
Der Vortheil, der bei solcher Ornamentierung ent¬ 
steht, ist, dass die Holzstärke schwächer gewählt werden 
kann, die Ausführung solider und doch wirkungsvoll und 
eine erheblich grössere Mannigfaltigkeit der Verzierung 
möglich ist, als die langweilige Aneinanderreihung von 
Profilen, wie man sie in jedem Hause immer und immer 
wieder antrifft. 
Ich möchte hier der vermehrten Anwendung ver¬ 
tiefter Ornamente durch Hobelstoss gegenüber aufge¬ 
setzten Kehlleisten, als solider, das Wort reden. Für 
Anwendung dieser bieten uns manche Bauten aus der 
guten gothischen Periode und die Moderne sehr lobens¬ 
werte Vorbilder, die hervorgegangen sind aus dem 
Grundsätze der Solidität, nicht aus Sparsamkeitsgründen. 
Diese Andeutungen mögen genügen und für jeden 
denkenden Architekten sowie Handwerker den Fingerzeig 
geben, wie im einzelnen Falle fortschrittlich zu ver¬ 
fahren ist. 
Bei Flächenbehandlung für einfachere Verhältnisse 
(Holzverkleidungen) am Aeusseren von Gebäuden werden 
meist bei uns nur verticale Brettverkleidungen verwandt, 
entweder auf Nuth und Feder mit angestossener Fase 
oder Rundstab oder aufgesetzter Deckleiste, aus dem 
Grunde, um ein besseres Ablaufen des Wassers zu 
sichern. Aber auch horizontale Brettführungen haben
	        
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