Volltext: VI. Jahrgang, 1901 (VI. JG., 1901)

Nr. 4. 
ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Seite 27. 
von 1000 bis 6000 fl. per Quadratklafter alle Ursache, 
mit der Mauerdimension zu sparen, um an verwendbarem 
Raum zu gewinnen, der uns per Quadratmeter 100 und 
mehr Gulden per Jahr einträgt. 
Diese wenigen Ausführungen dürften genügen, um 
zu erkennen, dass es allerdings nicht gut wäre, die An¬ 
wendung kleinerer Ziegel, soll damit eine Bauökonomie 
verbunden sein, bedingungslos in jedermanns Hand zu 
geben, der sich berufen fühlt, Häuser zu bauen. Wer 
eine gewisse Sorte von Bauspeculations-Bauten kennt, 
dem schaudert bei dem Gedanken, solchen „Fachmännern“ 
das gefährliche Instrument zu übergeben, welches der 
kundigen, gewissenhaften Handhabung bedarf. 
Wir meinen, dass es aber ebenso verfehlt wäre, dem 
Versuche der Einführung kleinerer Ziegel von vorneherein 
den Weg zu verstellen. Wo wären wir hingekommen, 
wenn die Rathgeber, welche die vormärzliche Bauordnung 
mit ihren meterdicken Mauern geschaffen, beim Worte 
geblieben ? 
Mag sein, dass das Baugewerbe sich dabei besser 
stand und die Bauherren bei den niedrigen Grundpreisen 
doch immer ihre Rechnung fanden. Heute stehen die 
Verhältnisse aber anders. Ein Sinken der Grundpreise 
in den besseren Stadtlagen ist weder zu erwarten, noch 
im Interesse des Besitzers zu wünschen. Die Wohnungs¬ 
preise sind dagegen bereits hoch genug. Eine zulässige 
Oekonomie an Baukosten und Raum anzustreben, darf 
daher nicht als ein Angriff betrachtet werden, dem ge¬ 
schlossen entgegenzutreten Pflicht eines jeden sei. Auf¬ 
gabe der Baubehörde, der ein weitgehendes Inter¬ 
pretationsrecht des Gesetzes eingeräumt ist, muss es 
sein, die Schranken zu ziehen, dass daraus kein Uebel 
erwachse. 
Wer den Fortschritt in der Bauconstruction vom 
Beginne der Stadterweiterung an verfolgte, weiss, was 
wir der technischen Wissenschaft verdanken. Ueberlassen 
wir es auch heute denjenigen, die gelernt, sie zu ver¬ 
werten, in dieser Frage unsere Führer zu sein. Freilich 
wird dies nicht auf der Strasse des Handwerkes allein 
erworben. Es bedarf hiezu mathematischer Schulung, wie 
sie dem heutigen Stande der Bauwissenschaft entspricht. 
Wir rathen der Baubehörde, der Anwendung kleineren 
Ziegelformates Raum zu lassen. Was sollte auch dagegen 
sprechen, dass neben der Masse, welche den breitgetretenen 
Weg gerne geht, eine, wenn auch kleine Schar die anderen 
Wege vorbereite. Wer sich über die Baugesetze unserer 
veralteten Bauordnung hinwegsetzen will, mag durch 
seinen trüglichen mathematischen Oalcül den theoretischen 
Nachweis für seine verbesserten, ökonomischeren Oon- 
structionen erbringen und durch seine bisherigen Leistun¬ 
gen die Garantie bieten, dass Planung und Ausführung 
sich decken. Auf diesem Wege der facultativen Zu¬ 
weisung kleineren Ziegelmaterials wird schrittweise bei 
Anwendung desselben auch für unsere, allerdings von 
den Gepflogenheiten anderer Länder abweichende Bau¬ 
disposition der Versuch zur allgemeinen Regel ausreifen. 
Es bedarf hiezu einer tadellosen Arbeit und vor allem 
eines der geringeren Constructionsstärke entsprechenden 
Bindemittels. Mit der so lange vermissten Wertschätzung- 
besserer Qualitäten, insbesondere des Sandes, wird aber 
auch ein gleich hochstehender Zweck erreicht werden. 
Die Verbesserung unserer Bauweise in hygienischer Be¬ 
ziehung. Guter Mörtel gibt trockene gesunde Wohnungen, 
und dieser bedürfen wir bei der wachsenden Ausdehnung 
unserer Städte täglich dringender. 
Wenn die Ingenieurbaukunst, mathematischer Calcül 
und das Talent Einzelner zu hoher Entwicklung ge¬ 
bracht, warum sollte die Stadtbaukunst nur am Gängel¬ 
bande baubehördlicher Schemen einherwandeln dürfen? 
Von erfahrener Seite geleitet, wird die Einführung 
ökonomischer Constructionsweise auch die Sorge des 
Baugewerbes bannen, den ohnedies kargen Verdienst noch 
weiter zu kürzen und einer gewissenlosen Bauspeculation 
unbeabsichtigt einen guten Nährboden zu überlassen. 
So wie in so mancher anderen Frage, gilt auch hier 
das Wort von der goldenen Mittelstrasse, die den sicheren 
Weg bahnt zwischen den alternden Ansichten und dem 
drängenden wissenschaftlich begründeten Fortschritt. 
Rasche Alterung von Werkhölzern durch 
den elektrischen Strom. 
Für die grosse Zahl von Gewerben, welche Holz 
verarbeiten, bedeutet die Lösung des Problems, ihrem 
Rohmateriale durch künstliche Behandlung in kurzer 
Frist die Eigenschaften zu geben, die es nur in Jahr¬ 
zehnten der natürlichen Trocknung erlangt, eine wahr¬ 
haft wertvolle Errungenschaft. Der elektrische Process 
soll diese Lösung, wie wir dem Artikel eines Fachmannes 
in „La Nature“, Heft 1376, entnehmen, nun in glücklicher 
Weise ermöglicht haben. 
Interessenten wissen, dass die bisher geübten Me¬ 
thoden der Altersgebung für manche Holzarten und 
auch für Stücke von grösserem Volumen mehr als 
problematisch bleiben; denn in den Trockenkammern 
mit wohl ausgeklügelten, stets gleichmässig erhaltenen 
Temperaturen kann man doch sich oft und überraschend 
bildende Sprünge nicht verhüten. Auch die Zuhilfenahme 
des Imprägnierens oder der Injection mit Stoffen, welche 
den auszutreibenden natürlichen Saft zu ersetzen bestimmt 
sind, versagt selbst unter sehr starkem Drucke bei 
Hölzern, welche, wie die Eiche, ein sehr festes Gewebe 
oder, wie Nadelbäume, einen mehr oder minder harzigen 
Saft besitzen. Wohl wird das Imprägnieren in Ermanglung 
eines besseren Verfahrens für Eisenbahnschwellen, Tele¬ 
graphenstangen und Stöckelpflaster angewendet, aber 
schon für Zimmermanns- und Tischlermaterial ist im¬ 
prägniertes Holz wenig geeignet, und gewissenhafte 
Gewerbsleute werden immer solches vorziehen, welches 
durch mindestens fünf Jahre in Austrocknung lag. Clavier- 
und sonstige Saiteninstrumente-Fabrikanten verwenden 
nur Hölzer, die 15 und 20 Jahre oder noch länger ge¬ 
legen haben. Dies bedingt bedeutende Auslagen, Abfälle 
und Feuersgefahr, nebst der Immobilisierung des in den 
Vorräthen angelegten Gapitales. 
Das System Nodon-Bretonneau, welches der Industrie 
Werkholz mit allen Eigenschaften, deren es bisher nur 
durch lange Aufspeicherung theilhaftig wurde, liefern 
soll, basiert im Grunde auf dem Daniel-Experimente, 
das jedermann leicht ausführen kann. In eine an beiden 
Enden aufgebogene Glasröhre giesst man angesäuertes 
Wasser und versenkt in dasselbe ein Tröpflein Queck¬ 
silber; sodann wird die Röhre genau horizontal gestellt 
und ruhen gelassen. Bringt man dann in die beiden 
Endöffnungen die Drähte eines Elementes, so sieht man, 
wie der Quecksilbertropfen in Bewegung vom positiven 
zum negitiven Pole geräth. In gleicher Weise wird der 
Saft aus dem frischen Holze durch den elektrischen
	        
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