Nr. 4.
ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG.
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von 1000 bis 6000 fl. per Quadratklafter alle Ursache,
mit der Mauerdimension zu sparen, um an verwendbarem
Raum zu gewinnen, der uns per Quadratmeter 100 und
mehr Gulden per Jahr einträgt.
Diese wenigen Ausführungen dürften genügen, um
zu erkennen, dass es allerdings nicht gut wäre, die An¬
wendung kleinerer Ziegel, soll damit eine Bauökonomie
verbunden sein, bedingungslos in jedermanns Hand zu
geben, der sich berufen fühlt, Häuser zu bauen. Wer
eine gewisse Sorte von Bauspeculations-Bauten kennt,
dem schaudert bei dem Gedanken, solchen „Fachmännern“
das gefährliche Instrument zu übergeben, welches der
kundigen, gewissenhaften Handhabung bedarf.
Wir meinen, dass es aber ebenso verfehlt wäre, dem
Versuche der Einführung kleinerer Ziegel von vorneherein
den Weg zu verstellen. Wo wären wir hingekommen,
wenn die Rathgeber, welche die vormärzliche Bauordnung
mit ihren meterdicken Mauern geschaffen, beim Worte
geblieben ?
Mag sein, dass das Baugewerbe sich dabei besser
stand und die Bauherren bei den niedrigen Grundpreisen
doch immer ihre Rechnung fanden. Heute stehen die
Verhältnisse aber anders. Ein Sinken der Grundpreise
in den besseren Stadtlagen ist weder zu erwarten, noch
im Interesse des Besitzers zu wünschen. Die Wohnungs¬
preise sind dagegen bereits hoch genug. Eine zulässige
Oekonomie an Baukosten und Raum anzustreben, darf
daher nicht als ein Angriff betrachtet werden, dem ge¬
schlossen entgegenzutreten Pflicht eines jeden sei. Auf¬
gabe der Baubehörde, der ein weitgehendes Inter¬
pretationsrecht des Gesetzes eingeräumt ist, muss es
sein, die Schranken zu ziehen, dass daraus kein Uebel
erwachse.
Wer den Fortschritt in der Bauconstruction vom
Beginne der Stadterweiterung an verfolgte, weiss, was
wir der technischen Wissenschaft verdanken. Ueberlassen
wir es auch heute denjenigen, die gelernt, sie zu ver¬
werten, in dieser Frage unsere Führer zu sein. Freilich
wird dies nicht auf der Strasse des Handwerkes allein
erworben. Es bedarf hiezu mathematischer Schulung, wie
sie dem heutigen Stande der Bauwissenschaft entspricht.
Wir rathen der Baubehörde, der Anwendung kleineren
Ziegelformates Raum zu lassen. Was sollte auch dagegen
sprechen, dass neben der Masse, welche den breitgetretenen
Weg gerne geht, eine, wenn auch kleine Schar die anderen
Wege vorbereite. Wer sich über die Baugesetze unserer
veralteten Bauordnung hinwegsetzen will, mag durch
seinen trüglichen mathematischen Oalcül den theoretischen
Nachweis für seine verbesserten, ökonomischeren Oon-
structionen erbringen und durch seine bisherigen Leistun¬
gen die Garantie bieten, dass Planung und Ausführung
sich decken. Auf diesem Wege der facultativen Zu¬
weisung kleineren Ziegelmaterials wird schrittweise bei
Anwendung desselben auch für unsere, allerdings von
den Gepflogenheiten anderer Länder abweichende Bau¬
disposition der Versuch zur allgemeinen Regel ausreifen.
Es bedarf hiezu einer tadellosen Arbeit und vor allem
eines der geringeren Constructionsstärke entsprechenden
Bindemittels. Mit der so lange vermissten Wertschätzung-
besserer Qualitäten, insbesondere des Sandes, wird aber
auch ein gleich hochstehender Zweck erreicht werden.
Die Verbesserung unserer Bauweise in hygienischer Be¬
ziehung. Guter Mörtel gibt trockene gesunde Wohnungen,
und dieser bedürfen wir bei der wachsenden Ausdehnung
unserer Städte täglich dringender.
Wenn die Ingenieurbaukunst, mathematischer Calcül
und das Talent Einzelner zu hoher Entwicklung ge¬
bracht, warum sollte die Stadtbaukunst nur am Gängel¬
bande baubehördlicher Schemen einherwandeln dürfen?
Von erfahrener Seite geleitet, wird die Einführung
ökonomischer Constructionsweise auch die Sorge des
Baugewerbes bannen, den ohnedies kargen Verdienst noch
weiter zu kürzen und einer gewissenlosen Bauspeculation
unbeabsichtigt einen guten Nährboden zu überlassen.
So wie in so mancher anderen Frage, gilt auch hier
das Wort von der goldenen Mittelstrasse, die den sicheren
Weg bahnt zwischen den alternden Ansichten und dem
drängenden wissenschaftlich begründeten Fortschritt.
Rasche Alterung von Werkhölzern durch
den elektrischen Strom.
Für die grosse Zahl von Gewerben, welche Holz
verarbeiten, bedeutet die Lösung des Problems, ihrem
Rohmateriale durch künstliche Behandlung in kurzer
Frist die Eigenschaften zu geben, die es nur in Jahr¬
zehnten der natürlichen Trocknung erlangt, eine wahr¬
haft wertvolle Errungenschaft. Der elektrische Process
soll diese Lösung, wie wir dem Artikel eines Fachmannes
in „La Nature“, Heft 1376, entnehmen, nun in glücklicher
Weise ermöglicht haben.
Interessenten wissen, dass die bisher geübten Me¬
thoden der Altersgebung für manche Holzarten und
auch für Stücke von grösserem Volumen mehr als
problematisch bleiben; denn in den Trockenkammern
mit wohl ausgeklügelten, stets gleichmässig erhaltenen
Temperaturen kann man doch sich oft und überraschend
bildende Sprünge nicht verhüten. Auch die Zuhilfenahme
des Imprägnierens oder der Injection mit Stoffen, welche
den auszutreibenden natürlichen Saft zu ersetzen bestimmt
sind, versagt selbst unter sehr starkem Drucke bei
Hölzern, welche, wie die Eiche, ein sehr festes Gewebe
oder, wie Nadelbäume, einen mehr oder minder harzigen
Saft besitzen. Wohl wird das Imprägnieren in Ermanglung
eines besseren Verfahrens für Eisenbahnschwellen, Tele¬
graphenstangen und Stöckelpflaster angewendet, aber
schon für Zimmermanns- und Tischlermaterial ist im¬
prägniertes Holz wenig geeignet, und gewissenhafte
Gewerbsleute werden immer solches vorziehen, welches
durch mindestens fünf Jahre in Austrocknung lag. Clavier-
und sonstige Saiteninstrumente-Fabrikanten verwenden
nur Hölzer, die 15 und 20 Jahre oder noch länger ge¬
legen haben. Dies bedingt bedeutende Auslagen, Abfälle
und Feuersgefahr, nebst der Immobilisierung des in den
Vorräthen angelegten Gapitales.
Das System Nodon-Bretonneau, welches der Industrie
Werkholz mit allen Eigenschaften, deren es bisher nur
durch lange Aufspeicherung theilhaftig wurde, liefern
soll, basiert im Grunde auf dem Daniel-Experimente,
das jedermann leicht ausführen kann. In eine an beiden
Enden aufgebogene Glasröhre giesst man angesäuertes
Wasser und versenkt in dasselbe ein Tröpflein Queck¬
silber; sodann wird die Röhre genau horizontal gestellt
und ruhen gelassen. Bringt man dann in die beiden
Endöffnungen die Drähte eines Elementes, so sieht man,
wie der Quecksilbertropfen in Bewegung vom positiven
zum negitiven Pole geräth. In gleicher Weise wird der
Saft aus dem frischen Holze durch den elektrischen