Volltext: VI. Jahrgang, 1901 (VI. JG., 1901)

Nr. 21. 
OBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Seite 163. 
Bädern ein Zwang, eine religiöse Oeremonie, der sich 
niemand ohne Grund entziehen konnte. An bestimmten 
Tagen und Stunden mussten die Gläubigen die vor¬ 
geschriebenen Bäder nehmen und Gebete verrichten. 
Mohamed hat daher die alte orientalische Sitte der 
warmen Bäder in die Liturgie seines neuen Glaubens 
aufgenommen und mit diesem erwünschten Gesetze all¬ 
gemeine Zustimmung gefunden. Der angeborene Hang 
des Orientalen zur Beschaulichkeit und Trägheit, zum 
ruhigen Sitzen und Liegen, um rauchend zumeist über 
gar nichts nachzudenken, führte dazu, dass diese öffent¬ 
lichen religiösen Bäder auch ausserhalb der vorgeschrie¬ 
benen liturgischen Zeiten sich eines lebhaften Besuches 
erfreuten, zu einer Nothwendigkeit, zur Zerstreuung und 
zu einem Bedürfnisse wurden. Es waren grosse Kuppel¬ 
bauten mit mehreren Sälen zum Entkleiden, für Warm- 
und Kaltbäder, zumeist in der Nähe der Moscheen. Man 
verwendete selbstredend zu diesen Gebäudetypen nur 
die arabischen, später auch maurische und persische 
Bauweisen und wich auch in der ganzen Anlage und dem 
mässigen Innenschmuck wesentlich von den römischen 
Thermen ab, so dass kaum von einem Vergleich oder 
Vorbild die Rede sein kann. Das Bad der Mohamedaner 
oder der von ihnen unterjochten und bekehrten Völker¬ 
schaften war daher eine eigene Bautype von Bädern, 
die auch in Europa Eingang fand. 
Schon zu Zeiten der Römer war das tapfere Misch¬ 
volk der Berber von der Nordküste Afrikas bekannt. 
Es waren dies Bastarden von Schwarzen mit Römern 
und Arabern, die unter den ersten den Glauben Moha- 
meds annahmen. Schon 721 übersetzten sie in das gegen¬ 
überliegende Spanien, dessen südliche Theile sie zu einem 
Königreiche vereinigten und durch mehr als 600 Jahre 
behaupteten. Sie waren eines der ersten OulturVölker 
jener Zeit, wovon ihre Bauten und Kunstwerke, ihre aus¬ 
gezeichneten Dichtungen ein unwiderlegbares Zeugnis 
sind. Die Mauren sind vor der Eroberung von Byzanz 
die einzigen Mohamedaner, die in Europa festen Fuss 
fassten. Zahlreiche vielgenannte und oft beschriebene 
Gebäude sind in Sevilla, Cordoba u. a. erhalten, von 
denen der Königspalast der Alhambra an erster Stelle 
steht und als eines der herrlichsten Baudenkmale der 
Welt genannt wird. Als die Mauren nach jahrhunderte¬ 
langen Kämpfen vertrieben wurden, stürzten sich die 
damals noch einer geringen Cultur erschlossenen Spanier 
auf die maurischen Bauten und Kunstwerke, um die¬ 
selben mit einem unerhörten durch Pfaffenhetzen hervor¬ 
gerufenen Vandalismus zu zerstören. Unter den litur¬ 
gischen Bauten, neben all den zahlreichen Pracht¬ 
moscheen, die mit Ausnahme jener von Cordoba gänzlich 
zerstört wurden, nahmen auch die Badehäuser eine 
hervorragende Stelle ein. Nach vorhandenen Aufzeich¬ 
nungen richtete sich die Hauptwuth der spanischen 
Glaubenseiferer gegen die harmlosen Bäderbauten, die 
man als Stätten der ärgsten Laster und Ausschweifungen 
bezeichnete und daher vom Erdboden vertilgen musste. 
So ist es leider der Dummheit und dem Aberwitz gelungen, 
all die charakteristischen Bauten, die diesem Zwecke 
dienten, derart zu vernichten, dass nicht einmal die be¬ 
scheidensten Baureste vorhanden sind. So fiel eine der 
schönsten Bauepochen der Welt mit ihren herrlichen 
Denkmäler dem religiösen Fanatismus zum Opfer! 
Wesentlich abweichend von den römischen Bädern 
war die Badeordnung in den' türkischen Bädern. Die 
Badegäste wurden entkleidet und in wollene Mäntel ge¬ 
hüllt. Um die Füsse gegen den heissen Fussboden zu 
schützen, erhielten dieselben Holzschuhe und wurden 
dann in die eigentlichen Badezimmer geführt, so in das 
Dampfzimmer, wo man solange blieb, bis eine grosse 
Schweissabsonderung erfolgte. Hierauf wurde derSchweiss 
im kalten Wasserbassin abgewaschen, die Haut mit 
wollenen Tüchern tüchtig abgerieben und der Körper 
gesalbt. Eine Erfindung der Türken ist auch das Körper¬ 
kneten, das Massieren, das in unserer Zeit so vielfache 
Anwendung findet. Nach dem Kneten folgt neuerlich 
eine Abreibung mit einem groben Wolltuch, Salben und 
Parfümieren, Schneiden der Haare und des Bartes und 
dann längere Ruhe. Der Badeprocess währte bei zwei 
Stunden. Die mohamedanischen Städte Europas, Asiens 
und Afrikas weisen in den Bäderbauten keinen monu¬ 
mentalen Charakter auf. Es sind gewöhnliche Nutz¬ 
bauten, welche die vielgenannte Pracht des Orients voll¬ 
kommen vermissen lassen. Auch die hohen Würdenträger 
und Reichen, die in den eigenen grossangelegten Häusern 
Baderäume für sich und " die grosse Zahl ihrer Weiber 
besitzen, verzichten bei der bekannten Apathie der 
Türken für Malerei und Plastik auf eine künstlerische 
Ausgestaltung. Sind daher die Bäderbauten des Orients 
in der Hauptsache als liturgische Bauten aufzufassen, so 
tritt wie bei den Moscheenbauten der Mangel einer 
kirchlichen Kunst specieller decorativer Formen klar 
zutage. Auch Neubauten von Bädern werden in der 
grössten Einfachheit ausgeführt. — In Ungarn, nament¬ 
lich in Ofen, sind einige während der jahrehunderte¬ 
langen Türkenherrschaft erbaute Bäder erhalten, die 
noch heute in Benützung stehen (Kaiserbad, Bruckbad). 
Bilk. 
Aus den G-emeinderaths-Sitzungen in Linz. 
In der am 23. October abgehaltenen Sitzung des Ge- 
meinderathes in Linz wurden folgende Bauangelegen¬ 
heiten erledigt: 
Gemeinderath Beyer berichtet im Namen der I. und 
II. Section in Angelegenheit der Erbauung eines 
neuen Volksgarten-Salons. Der von den Sectionen 
zur Annahme empfohlene Entwurf wurde vom Stadtbau¬ 
amte ausgearbeitet und dürfte der nach diesem Entwürfe 
auszuführende Bau hinsichtlich der Grösse und Ein- 
theilung der verschiedenen Räumlichkeiten allgemeinen 
Beifall finden. Wie der Referent mittheilt, wird der 
grosse Saal einen Flächeninhalt von 600 Quadratmeter 
besitzen. (Der Flächeninhalt des jetzigen Volksgarten- 
Salons beträgt 450 Quadratmeter.) Es: werden sich an 
den Saal die verschiedenen nothwendigen Nebenräume 
(Garderobe u. dgl.) anschliessen. Die Küche wird eben¬ 
erdig, und nicht wie ursprünglich geplant im Souterrain, 
angelegt. Ferner ist für eine Wandelbahn Sorge ge¬ 
tragen. Im grossen Saale wird eine Gallerie angebracht 
und anschliessend an dieselbe an der Westseite des Ge¬ 
bäudes ein Speisezimmer, welches für die Galleriebesucher 
bestimmt ist. Der Neubau wird an Stelle des alten Ge¬ 
bäudes errichtet und nur mehr an die Strasse gerückt. 
Dadurch wird nur ein geringer Theil von den bisherigen 
Gartenanlagen in Anspruch genommen und es kann der 
jetzige Restaurationsgarten mit den Bäumen und Anlagen 
neben demselben verbleiben. Beim Neubaue wird auch 
eine entsprechende Terrasse angelegt, welche den 
Besuchern mancherlei Annehmlichkeiten bieten wird. Die 
Gesammtkosten des Neubaues sind mit rund 400.000 K 
veranschlagt. Der Referent bemerkt hiezu, er habe das
	        
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