Volltext: V. Jahrgang, 1900 (V. JG., 1900)

ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Seite 61. 
Nr. 8. 
Zeit Dachplatten aus Cement und Asbest hergestellt, und 
hat sieh diese seine Erfindung in allen Staaten patentieren 
lassen. Wir werden über diese Neuerung demnächst 
Näheres bekanntgeben. 
Einfriedungen. So oft im Frühling die warmen 
Sonnenstrahlen die Schneedecke zum Schmelzen bringen, 
entdeckt man bei näherer Besichtigung der Einfriedungen, 
dass dieselben vielfach vollständig morsch geworden sind. 
Dies kann leicht dadurch verhütet werden, wenn man 
allem Holze, das in die Erde kommt, zuerst einen 
schützenden Anstrich mit Avenarius Carbolineum gibt. 
Ueber dessen sichere Wirkung liegen aus 25jähriger 
Praxis die allerbesten Erfahrungen vor und ist die 
Carbolineum-Fabrik Amstetten, Niederösterreich, die allein 
das echte patentierte Carbolineum erzeugt, gerne bereit? 
diesbezügliche Zeugnisse kostenfrei zu übersenden, sowie 
mit jeder Auskunft zu dienen. 
Technische Neuigkeiten. 
Mitgetheilt vom Internationalen Patentbureau K. Pr. Reichelt in 
Berlin NW. 
Verloren gegangene technische Fertigkeiten. So 
sehr wir auch auf die modernen Errungenschaften der 
Technik stolz sein können, so muss doch zugegeben 
werden, dass wir in mancher Beziehung auf technischem 
Gebiete durch die Leistungen der Alten geradezu be¬ 
schämt werden und gestehen müssen, dass dieselben uns 
in vielem weit voran waren und Leistungen vollbrachten, 
die uns heute in ihrer Vollendung geradezu unbegreiflich 
erscheinen. — Abgesehen von dem hierfür beispielsweise 
fälschlich als Beweis angeführten „guten Mörtel der alten 
Bauhandwerker, der heute noch so vortrefflich festhält“, 
während doch eben nur die lange Zeit ganz allmählich 
die feste Verbindung des den Mörtel darstellenden kiesel¬ 
sauren Kalkes bewirkt, und unsere Bauwerke nach Jahr¬ 
tausenden vielleicht ebenso hinsichtlich ihres trefflich 
festen Mörtels von unseren Nachkommen angestaut 
werden mögen, so sind doch eine ganze Menge antiker 
technischer Leistungen vorhanden, die in der That in 
ihrer Vortrefflichkeit von uns nicht erreicht werden. Dies 
gilt z. B. von den Anstrich- und Malerfarben des Alter¬ 
thums, wie wir sie bei den ägyptischen Gräberfunden, 
in Pompeji und anderen Stellen ihrer noch heute un¬ 
veränderten Frische wegen mit Recht anstaunen. Die 
übliche Redensart „des conservierenden südlichen Klimas“ 
kann über die Thatsache nicht hinweghelfen. Auch von 
den mittelalterlichen Meistern der Malerei gilt das von 
den Farben gesagte: Die Werke Raphaels, des Michel 
Angelo, Rubens z. B. sind heute in ihrer Farbenharmonie 
noch unverändert, während unsere modernen Gemälde 
kaum 50 bis 60 Jahre aushalten. — Der Schriftsteller 
Suetonius berichtet von einem Glasmacher zur Zeit des 
Kaisers Tiberius, welcher dem letzteren einen Glaspokal 
überreichte, der, trotz ganz geringer Glasstärke, auf den 
Boden geworfen, nicht zerbrach — wir haben also hier 
schon die Erfindung des von heute noch nicht wieder 
ganz erreichten sogenannten Hartglases. Aber nicht allein 
unzerbrechlich, sondern auch biegsam und elastisch wie 
Horn soll das Werk des römischen Glaskünstlers gewesen 
sein, dem jedoch seine Erfindung schlechten Lohn ein¬ 
brachte, indem ihn der Kaiser hinrichten liess, „weil seine 
Erfindung die Goldschmiede schädigen könnte“. — So 
nahm der Meister sein Geheimnis mit ins Grab. — Die 
Recepte der furchtbar wirkenden, keine Spur hinter¬ 
lassenden Gifte der Locusta und der Borgia sind — 
glücklicherweise — ebenfals verloren gegangen; das 
griechische Feuer war ebenfalls eine technische Grösse 
der Alten. Die Geigen eines Stradivari, eines Amati und 
anderer alter Meister sind heute trotz aller Bemühungen 
unnachahmbar; Holz, Lack, Bauart sind von den Modernen 
auf das Peinlichste untersucht und nachgeahmt worden, 
aber das Geheimnis der alten Meister verräth sich beim 
Spielen dieser Nachahmungen durchaus nicht. — Ebenso 
gieng verloren die Kunst, Kupfer zu härten und wie Stahl 
anzulassen; die Gräber der alten Mexikaner enthielten 
solche kupferne Schwerter, die den berühmten Damascener- 
klingen völlig ebenbürtig sind. Als ein solches technisches 
Räthsel des Alterthums muss auch der „Essig“ betrachtet 
werden, mit dem Hannibal bei seinem Zuge über die 
Alpen die hinderlichen Felsblöcke weggeätzt haben soll. 
Hier an unseren Essig denken zu wollen, ist einfach 
widersinnig, obgleich die Mär jedes Jahr in jeder Schule 
von neuem aufgetischt wird. Wahrscheinlich war es auch 
ein Sprengmittel, das zufällig die Bezeichnung „Essig“ 
tragen mochte, gerade wie die Kanoniere des Mittelalters 
das Schiesspulver Kraut nannten, woraus man dann nach 
Jahrtausenden auch so merkwürdige Schlüsse wie über 
Hannibals „Essig“ machen dürfte. — Und so dürfte noch 
manches gewesen sein, was überhaupt spurlos vorüber¬ 
gegangen und von uns heute noch nicht erreicht, oder, 
wenn wiedererfunden, jedenfalls mit sehr complicierten 
Mitteln erzielt wurde, während die Alten höchst wahr¬ 
scheinlich auf sehr einfache Weise zu ihren oft so 
vollendeten Resultaten kamen. 
Schon mancher, der von Maschinen von 10 oder 
100 Pferdekräften sprechen hörte, mag sich verwundert 
gefragt haben, warum man wohl eine so unbestimmte 
Grösse, wie es die Kraft eines Pferdes ist, zur Messung 
mechanischer Arbeit verwende. Die erste Anwendung 
dieser Bezeichnung stammt von James Watt, dem Erfinder 
der Dampfmaschinen. Eine seiner ersten Maschinen war 
in einer englischen Brauerei zur Aufstellung gelangt, wo 
sie an Stelle von Pferden, die bisher dazu verwendet 
worden waren, ein Pumpwerk antreiben sollte. Um zu 
bestimmen, welchen Gewinn er aus der Neuerung ziehen 
könne, liess der Besitzer der Fabrik ein kräftiges Pferd 
acht Stunden hindurch unter beständigem Antreiben mit 
der Peitsche an dem Wasserhebewerk arbeiten. Die so 
erzielte Tagesleistung war eine sehr hohe, etwa zwei 
Millionen Kilogramm Wasser, was einer Förderung von 
75 Kilogramm auf einen Meter Höhe pro Secunde gleich¬ 
kommt. — Watt behielt diese Zahl und den sie be¬ 
zeichnenden Ausdruck „Pferdekraft“ als Mass der 
Maschinenleistung bei, obwohl die dadurch ausgedrückte 
Leistungsfähigkeit eines Pferdes der Durchschnittsleistung 
keineswegs entspricht. In Wirklichkeit ist, wie durch 
genaue Versuche mit 250 Pferden festgestellt wurde, die 
Leistungsfähigkeit im Durchschnitte auf 30 Kilogramm¬ 
meter in der Secunde zu bemessen, also weniger als die 
Hälfte des angenommenen und noch heut allgemein ge¬ 
bräuchlichen Masses. 
Aus der Fachliteratur. 
Im Verlage von Gerhard Küthmann in Dresden ist 
soeben erschienen: Architektonische Raumlehre, Entwicklung 
der Typen des Innenbaues in zwei Bänden von Gustav Ebe, 
Architekt in Berlin. — Der jetzt herausgegebene erste Band
	        
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