Volltext: V. Jahrgang, 1900 (V. JG., 1900)

Nr. 23. 
ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Seite 181. 
Technische Neuigkeiten. 
Mitgetheilt vom Internationalen Patentburean K. Fr. Reiclielt in 
Berlin NW. 
Die Erschliessung Sibiriens. Die Aussichten, die 
die Erschliessung Sibiriens in Bezug auf seinen Reich¬ 
thum an Naturproducten bietet, sind geradezu glänzend 
zu nennen. Die sibirische Bahn wird dort Schätze zutage 
fördern, von deren Existenz man bisher in der Aussen- 
welt nichts geahnt hat. Schon jetzt ist die Zahl reicher 
Fundstätten von Mineralien und Kohle eine überaus 
grosse. Allein in dem District um Tomsk breiten sich 
ungeheure Kohlenlager aus, an deren Ausbeutung man 
bisher wegen Mangel an Transportmitteln noch nicht 
denken konnte. Sie bedecken ein Areal von 60.000 km2; 
die dort gefundene Kohle soll höchst wertvolle Eigen¬ 
schaften besitzen. Im Osten des Landes sind schon 
heute nicht weniger als 400 Goldlagerstätten bekannt, 
die ebenso wie die zahllosen Graphit-, Lapis-, Lazuli- 
und Eisensteinminen nur auf die nöthigen Arbeitskräfte 
zu ihrer Aufschliessung und Ausbeutung warten. Auch 
Silber findet sich über ganz Ostsibirien verstreut in 
reichen Lagern. 
Um eine Zeichnung schnell und in genauester Weise 
zu copieren, wendet man ein ebenso sicheres wie ein¬ 
faches Mittel an. Man legt neben das abzuzeichnende 
Blatt einen weissen Bogen und stellt zwischen beiden 
eine Glasscheibe aufrecht hin. Sieht man nun schräg durch 
die Glaswand hindurch auf den leeren Bogen, so erblickt 
man dort die Umrisse der Zeichnung wiedergespiegelt 
und braucht denselben nur mit dem Bleistift zu folgen, 
um eine getreue Oopie der Zeichnung zu erhalten. Freilich 
stellt diese Oopie das Spiegelbild des Originales dar, bei 
unsymetrischen Zeichnungen ist also rechts und links 
vertauscht. Für viele Zwecke wird das Spiegelbild genügen. 
Wünscht man nun aber eine Wiedergabe der Zeichnung 
in richtiger Stellung zu erhalten, so verfährt man fol- 
gendermassen. Man spannt die Zeichnung auf ein Brett¬ 
chen, das man aufrecht so vor sich hinstellt, dass der 
Rücken des Brettchens dem Zeichner zugekehrt ist. Vor 
die Zeichnung stellt man einen schrägstehenden, um 45° 
geneigten Toilettespiegel so, dass sein unterer Rand den 
unteren Rand des Brettchens und der Zeichnung berührt. 
Neben Zeichnung und Spiegel legt man nun einen weissen 
Zeichenbogen, den man vom Original und dem Spiegel 
durch die schon oben erwähnte senkrechte Glaswand 
trennt. Blickt man jetzt, den Kopf über dem Original 
haltend, schräg durch die Glaswand auf den leeren Bogen, 
so sieht inan auf demselben die Zeichnung in ihren Um¬ 
rissen in richtiger Lage wiedergespiegelt und kann sie 
nun leicht mit dem Stift festhalten. Die beiden hier be¬ 
schriebenen Methoden sind in ihrer Einfachheit besonders 
für die Reproduction und Ergänzung von Stickmustern 
u. s. wr. von nicht geringem Vortheil. 
Auf die weiblichen Besucher der Weltausstellung in 
Paris übte kein Ausstellungsobject grössere Anziehungs¬ 
kraft aus, als das Palais du Costume, die Schöpfung des 
berühmten Damenschneiders Felix. Im Verein mit einer 
Gesellschaft von Oapitalisten hat Felix — der „unver¬ 
gleichliche Felix“, wie ihn seine Verehrerinnen nennen — 
einen Modepalast geschaffen, der alles, was bisher da 
war, in den Schatten stellt. Die nationalen Frauencostüme 
aller Zeiten, von der byzantinischen Kaiserin Theodora 
bis auf unsere Tage sind dort in den kostbarsten echten 
Exemplaren an Wachsfiguren zur Schau gestellt, während 
die Mode von heute — oder vielmehr die „Mode von 
morgen“ — sich den neiderfüllten Blicken der Besuche¬ 
rinnen an den eleganten Gestalten der schönsten „Probier¬ 
damen“ Frankreichs präsentiert. Dass die Compagnie 
Felix glänzende Geschäfte machte, darüber ist kein 
Zweifel möglich. Aber die zur Schaffung dieses Mode¬ 
paradieses aufgewendeten Mittel waren auch recht be¬ 
deutende. Das Capital der „Costume-Gesellschaft“ beträgt 
4 Millionen Francs, von denen 800.000 Francs allein auf 
die Platzmiete entfallen. Dass der Bau selbst nicht geringe 
Opfer erfordert haben muss, war aus der prächtigen Aus¬ 
stattung zu ersehen. Das Palais du Costume durfte neben 
der Rue des Nations und der Stufenbahn den Clou der 
Ausstellung gebildet haben. 
Die Marmorbrüche von Carrara. Der carrarische 
Marmor hat allgemein einen so guten Ruf als das beste 
und edelste Bildhauermaterial, dass es wohl keiner be¬ 
sonderen Beschreibung desselben bedarf; weniger dürfte 
jedoch über sein Vorkommen, seine Ausbeute, die Menge 
desselben und andere Umstände bekannt sein, so dass 
einige Angaben hierüber wohl gerechtfertigt erscheinen 
dürften. — Obgleich die Triasformation des krystallinischen 
kohlensauren Kalkes sich in der ganzen Apenninenkette 
vorfindet, so ist die reine, absolut weisse Art doch nur 
in der Mitte dieses Gebirgszuges concentriert, wo sich 
ausserdem noch eine blaue, fast noch höher geschätzte 
und ebenso eine violette Abart vorfindet. Diese ganzen 
Marmorablagerungen der Apenninen bilden einen einzigen 
zusammenhängenden Faden, der sich stellenweise spaltet 
und wieder vereinigt und in der Nähe von Carrara seine 
grösste Dicke, wohl an 1000 Meter, erreicht. Obgleich 
das ganze Thal von Carrione, die ganze Provinz Massa- 
Carrara, sich überhaupt mit dem Abbau des Marmors 
beschäftigt, woselbst sich im ganzen 1003 Marmorbrüche 
befinden, von denen jedoch nur etwa die Hälfe beständig 
in Thätigkeit ist, so bleiben Massa und Carrara ent¬ 
schieden die wichtigsten, den reinsten Marmor führenden 
Plätze. Während im Jahre 1880 die Ausbeute an beiden 
Stellen 102.712 Tonnen betrug, von denen 83.683 auf 
Carrara kamen, hat sich dieselbe im Jahre 1894 auf 
183.870 Tonnen gesteigert, von denen wiederum der 
grösste Theil, nämlich 164.095 Tonnen, auf Carrara fallen- 
im ganzen sind in den letzten 15 Jahren nicht weniger 
als 2,285.825 Tonnen gebrochen worden, von denen 
2,044.427 ins Ausland giengen. — Als, Arbeiter in den 
Brüchen sind Kinder und Frauen neben den Männern 
thätig; die ersteren erhalten pro Tag gegen 89 Pfennig, 
die Frauen 1 Mark Lohn, während die leitenden Arbeiter 
3 bis 4 Mark, die Hauer 3*20 bis 3‘40 und die Handlanger 
2 Mark ungefähr erhalten. — Dass diese enormen Mengen 
des edlen Gesteines nicht allein zu Statuen und Kunst¬ 
bildhauereien Verwendung finden, braucht wohl nicht 
erst erwähnt zu werden; Platten, Stufen, Badewannen, 
Badezimmer-Einrichtungen, Mörser und Krippen werden 
ebenfalls in Menge daraus gefertigt, theilweise in nächster 
Nähe der Brüche ausgearbeitet. Der Preis des Roh¬ 
materials ist selbstverständlich je nach der Qualität ein 
sehr verschiedener und wechselt von 110 bis 200 Mark 
pro Cubikmeter für den reinen weissen Marmor, während 
für die erwähnte blaue Spielart 190 bis 250 Mark gezahlt 
werden, welcher Preis jedoch, wenn es sich um grosse 
Blöcke von tadelloser Gleichartigkeit handelt, bis zu 
1700 Mark steigt. 
Das Yosemite-Thal in Kalifornien, das durch seine 
Riesenbäume bekannt geworden ist, kann sich auch
	        
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